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PolitikEuropa

Die Chinesische Mauer hinter Putins Rücken

Roman Goncharenko (DW)
Roman Goncharenko
22. März 2023

Mit seinem Besuch in Moskau zeigte der chinesische Staatschef Xi deutlich, dass Russlands Präsident Putin auf ihn zählen kann - auch im Ukrainekrieg. Kein gutes Signal für die Diplomatie, meint Roman Goncharenko.

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Xi und Putin, die sich gegenseitig anschauen, vor einer weißen Wand
Die Präsidenten Chinas und Russlands, Xi Jinping und Wladimir Putin in MoskauBild: SERGEI KARPUKHIN/AFP

Wladimir Putin steht im Ukrainekrieg mit dem Rücken zur Wand. Seine Armee kommt kaum voran, die russische Wirtschaft ächzt unter westlichen Sanktionen und der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs isoliert Russlands Präsidenten wie nie zuvor. Doch solange die Wand hinter Putin eine chinesische Mauer ist, hofft der Kremlchef weiter auf einen Sieg und eine neue Weltordnung. Der Besuch von Chinas Staatschefs Xi Jinping in Moskau dürfte dieser Hoffnung Putins neuen Schub gegeben haben.

Mehr Symbolik ging nicht. Xis Visite begann fast auf den Tag genau neun Jahre nach der russischen Annexion der Krim. Putin war zuvor noch zum ersten Mal in die okkupierte und vollständig zerstörte Stadt Mariupol geflogen - einen Ort der schlimmsten Kriegsverbrechen. Und so kam der chinesische Staatschef zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Russland als hätte es den brutalen Ukrainekrieg nicht gegeben. Das Ganze flankiert von Zeitungsartikeln, in denen Xi und Putin ihre Freundschaft beschworen sowie die enge Partnerschaft ihrer Länder "Schulter an Schulter".

China hält russische Wirtschaft am Laufen 

Das sichtbare Ergebnis des Treffens: noch mehr Handel. Es wird das vom Ukrainekrieg geschwächte Russland zwar noch stärker an China binden, aber ihm zugleich möglich machen, eben diesen Krieg weiterzuführen. China kauft immer mehr russische Rohstoffe und verkauft immer mehr Waren nach Russland. Chinesische Firmen bedienen nun jene Märkte, die vor dem Krieg von westlichen Firmen dominiert wurden.    

Roman Goncharenko
DW-Redakteur Roman GoncharenkoBild: DW

Kaum sichtbar dagegen sind die Ergebnisse der Gespräche über Chinas jüngste diplomatische Initiative zur Ukraine. Der Verdacht liegt nahe, dass der Zwölf-Punkte-Vorstoß aus Peking nicht ganz ernst gemeint war, den Putin als "Grundlage für eine friedliche Beilegung des Konflikts" bezeichnet hat. Sonst wäre er nicht erst ein Jahr nach dem Einmarsch gekommen und hätte nicht die zentrale Frage - den vollständigen Abzug der russischen Truppen - ausgespart. Ein Einfrieren des Krieges zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein Sieg für Putin. Wie ernst es Xi wirklich mit seinem Vermittlungsangebot meint, dürfte deshalb erst nach seinen Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj klar werden.

Es war einer dieser Besuche, bei denen man erst im Nachhinein versteht, was noch hinter den schalldichten Türen besprochen wurde. Es ist zu befürchten, dass es Putin vor allem darum ging, Xi über seine möglichen nächsten Schritte in der Ukraine zu informieren - ähnlich wie vermutlich schon vor dem Einmarsch im Februar 2022. Russland könnte in den kommenden Wochen die Offensive an der Front verstärken, mit brutalen Konsequenzen für die ukrainische Bevölkerung. Wenn das so sein sollte, möchte Moskau offenbar China an seiner Seite wissen, wenn auch nach außen unsichtbar.

China wird Russlands Niederlage verhindern

Der Westen schaut dieser immer stärker werdenden Allianz überrascht und ideenlos zu. Noch hält er sich aufgrund von wirtschaftlichen Interessen und der Hoffnung auf diplomatische Vermittlung mit harter Kritik zurück. Vielleicht geht man auch davon aus, dass China auf Distanz zu Moskau geht, sobald eine deutliche Niederlage Putins in diesem Krieg absehbar wird. Vielleicht bröckelt dann die chinesische Mauer hinter Putins Rücken. Wahrscheinlicher scheint jedoch ein anderes Szenario: China wird Russlands Niederlage auf jeden Fall zu verhindern versuchen, ob mit Diplomatie oder offenen Waffenlieferungen. Der Westen sollte sich darauf vorbereiten.

Es ist noch nicht lange her, da hieß es in Berlin und in anderen westlichen Hauptstädten oft: "Wir sollten Russland nicht in Chinas Arme treiben." Das war naiv - es ist längst passiert. Diese Umarmung wird immer stärker und der Westen hätte diesen Schulterschluss auch nicht verhindern können. Der Besuch von Xi in Moskau hat ihn nur sichtbarer gemacht.

Spaltet der Ukrainekrieg die ganze Welt?