Mali verlangt Abzug von UN-Friedensmission MINUSMA
17. Juni 2023Mehr als 10.000 Blauhelm-Soldaten sollen den von Islamisten heimgesuchten Krisenstaat in Westafrika stabilisieren. Doch die Spannungen zur Militärjunta wurden zuletzt immer größer. Nach einem UN-Bericht über ein mutmaßliches Massaker in einem Dorf kommt es nun zum offenen Bruch.
Außenminister Abdoulaye Diop forderte im UN-Sicherheitsrat in New York den unverzüglichen Rückzug der Blauhelm-Soldaten aus Mali. MINUSMA sei in den vergangenen zehn Jahren nicht in der Lage gewesen, auf die angespannte Sicherheitslage in dem Land angemessen zu reagieren. "Realistisch gesehen" sei die Mission gescheitert, ihr Mandat entspreche nicht den Sicherheitsanforderungen in Mali, sagte Diop. "Die MINUSMA scheint Teil des Problems zu werden, indem sie die heftigen Spannungen zwischen den Gemeinschaften befeuert", sagte der malische Außenminister weiter. Die von der MINUSMA erhobenen Anschuldigungen schadeten "dem Frieden, der Versöhnung und dem nationalen Zusammenhalt in Mali".
Das UN-Menschenrechtsbüro hatte Mitte Mai einen Bericht über mindestens 500 Hinrichtungen und zahlreiche Vergewaltigungen durch malische Soldaten und ausländische Söldner während eines Militäreinsatzes im März 2022 in dem Dorf Moura in der zentralmalischen Region Mopti vorgelegt. Ermittler der MINUSMA waren zu dem Schluss gekommen, dass dabei sämtliche Regeln und Grundsätze des internationalen Rechts gebrochen wurden.
MINUSMA vor dem endgültigen Aus?
Malis Außenminister Diop wies "die voreiligen Schlussfolgerungen des voreingenommenen Berichts" im UN-Sicherheitsrat erneut zurück. Er bekräftigte jedoch, die Regierung in Bamako sei weiterhin zur Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen bereit. Der UN-Sicherheitsrat will am 29. Juni über eine Verlängerung des MINUSMA-Mandats entscheiden, das einen Tag später ausläuft. Die Vereinten Nationen sind für den Betrieb einer Friedensmission jedoch auf das Einverständnis des betroffenen Landes angewiesen.
Wagner-Söldner mischen in Mali mit
Die Militärregierung des Landes unter Oberst Assimi Goïta, die sich 2020 und erneut 2021 an die Macht geputscht hatte, setzt auf enge Zusammenarbeit mit Russland. Während die Junta nur von militärischen Ausbildern spricht, sind Schätzungen zufolge bis zu 2000 Kämpfer der berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner im Land aktiv. Die malische Regierung erhofft sich dadurch ein robusteres Vorgehen gegen die den Terrormilizen "Islamischer Staat" oder Al-Kaida nahestehenden islamistischen Rebellen, die sich seit über einem Jahrzehnt in Mali ausbreiten.
Aus Sicht westlicher Staaten behindert die Söldnertruppe Wagner den UN-Einsatz. Frankreich hat deswegen seine Beteiligung an MINUSMA bereits beendet. Die Bundeswehr ist seit 2013 an der MINUSMA beteiligt. Ende Mai beschloss der Bundestag, alle Soldaten der Bundeswehr bis Ende Mai 2024 aus dem Sahel-Staat abzuziehen. In Mali sind rund 1000 deutsche Soldatinnen und Soldaten vor allem in Gao im Norden des Landes stationiert. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums betonte, Deutschlands Interesse sei "weiterhin ein geordneter Abzug."
Wegen der prekären Sicherheitslage können die Blauhelm-Soldaten ihre Aufgabe im Rahmen des UN-Einsatzes zur Stabilisierung des Landes faktisch kaum noch ausführen. Die Militärregierung hat den Bewegungsspielraum der Truppe stark eingeschränkt. Mali gilt als derzeit gefährlichste Friedensmission der UN, immer wieder sterben Blauhelm-Soldaten im Einsatz.
qu/wa (dpa, afp, rtr)