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Politik

Zweite Runde in Mali

Katrin Gänsler
3. August 2018

In Mali kommt es am 12. August zu einer Stichwahl zwischen Präsident Keita und Oppositionsführer Cissé. Mit 41,4 Prozent im ersten Wahlgang gilt der Amtsinhaber als Favorit. Aus Bamako berichtet Katrin Gänsler.

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Mali Präsidentschaftswahl 2018 | Wahlplakate Keïta & Cissé
Bild: DW/K. Gänsler

Die Enttäuschung ist den Anhängern von Oppositionsführer Soumaila Cissé ins Gesicht geschrieben: Im Hauptsitz seiner Kampagne im Stadtteil ACI 2000 starren sie auf den Fernseher und hören zu, wie im Staatsfernsehen die vorläufigen Ergebnisse der Präsidentenwahl vom Sonntag verlesen werden. Amtsinhaber Ibrahim Boubacar Keita hat mit 41,4 Prozent die absolute Mehrheit zwar verfehlt, doch mehr als doppelt so viele Stimmen wie Cissé geholt. Als sein Ergebnis - 17,8 Prozent - bekannt gegeben wird, geht nicht einmal ein Raunen durch den Raum. Einer seiner Anhänger, der seinen Namen nicht nennt, ist fassungslos. "Mit diesem Ergebnis kann man doch nicht zufrieden sein. Da stimmt etwas nicht", sagt er wenig später vor dem Eingang. Dann bricht ihm die Stimme weg.

Mali Präsidentschaftswahl 2018 | Soumaïla Cissé, Opposition
Oppositionsführer Soumaila Cissé hat 17,8 Prozent der Stimmen erhalten und ist in der StichwahlBild: DW/K. Gänsler

Mit der Bekanntgabe der Zahlen, die das Verfassungsgericht noch bestätigen muss, war am Donnerstagabend ganz Mali überrascht worden. Das lange Warten hatte für zahlreiche Spekulationen gesorgt. Die Ergebnisse waren für Freitag erwartet worden. Nun steht fest, dass es am 12. August, wie bereits vor fünf Jahren, zu einer Stichwahl kommt. Doch anders als noch 2013 gilt das im Oppositionslager nicht mehr als Etappensieg, der auf den Straßen gefeiert wurde. Jetzt heißt es für Cissés Anhänger, dass sie die Opposition zusammenhalten müssen. "Wir rufen alle Kandidaten auf, die den Wandel wollen, sich zusammenzuschließen", sagt wenige Minuten nach der Bekanntgabe Tiébilé Dramé, Leiter der Kampagne für Cissé, gegenüber der Deutschen Welle. 

Opposition prangert Wahlfälschungen an

Am Tag zuvor waren noch 18 der 23 Oppositionskandidaten gemeinsam vor hunderten Anhängern, Journalisten und Wahlbeobachtern aufgetreten und hatten eine Erklärung unterzeichnet. Sie würden Ergebnisse, die unter Umständen der Wahlfälschung zustande gekommen seien, nicht akzeptieren. Manipulierte Wahlurnen, fehlende oder falsch verteilte Wählerkarten - nur sie berechtigen zur Stimmabgabe - und falsch ausgehängte Wählerlisten wurden angeprangert. Nationale wie internationale Beobachter, von denen mehrere tausend im Land sind, hatten zwar Organisationsabläufe kritisiert, die Wahl generell aber gelobt.

Mali Präsidentschaftswahl 2018 | Wählerlisten in Bamako
Immer wieder gab es Kritik am WählerverzeichnisBild: DW/K. Gänsler

Ob die Kritik an den Wahlergebnissen als Grundlage für eine Koalition reicht, wird sich bis zur Stichwahl zeigen. Nachdem sich Tiébilé Dramé wieder gefasst hat, versucht er, dem ersten Wahlgang doch etwas Positives abzugewinnen. "Der Traum, im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit zu erreichen, ist am Widerstand der malischen Bevölkerung gescheitert", spielt er auf anfängliche Spekulationen über einen Erdrutschsieg IBKs, wie der Präsident nur genannt wird, an, "das Lager des Wandels hat heute Abend die Mehrheit".

Politische Ideologie spielt keine Rolle

Bakary Camara ist sich nicht sicher, ob das für eine Zusammenarbeit genügt. Der Professor an der Universität für Rechts- und Politikwissenschaften (USJPB Mali) sagt, dass Ideologien in der malischen Politik kein Motiv seien. "Es geht um Interessen und Posten", erklärt er. Das sei auch ein Grund, weshalb es so viele Kandidaten gab, die von Anfang an chancenlos waren. Sie selbst und ihre Sympathisanten haben dennoch in den Wahlkampf investiert. "Meiner Meinung nach wollen sie in der Stichwahl ein Mitspracherecht. Dann erwarten sie zum Beispiel ein Ministerium." Das können sie einfordern, wenn sie sich vor dem zweiten Wahlgang deutlich für einen Bewerber aussprechen und ihre Anhänger zu dessen Wahl auffordern. 2013 ist das für einige tatsächlich aufgegangen. So wurde etwa Moussa Mara für einige Monate Premierminister, Dramane Dembélé erhielt 2015 das Amt des Urbanisierungsministers.

Mali Präsidentschaftswahl 2018 | Wahllokal & Auszählung der Stimmen in Bamako
Die Auszählung der Stimmzettel war mit Spannung erwartet wordenBild: DW/K. Gänsler

Auch wenn Cissés Unterstützer von Aufbruch und Wandel sprechen, so steht dieser längst nicht in allen Bereichen für eine Erneuerung. Er gilt als ewiger Zweiter und verlor bereits zwei Stichwahlen. Wie viele malische Politiker, hat auch er einst der Adema-Pasj, der Allianz für Demokratie in Mali - afrikanische Partei für Solidarität und Gerechtigkeit, angehört, bis er 2003 die Union für die Republik und die Demokratie (URD) gründete. Sie gelte als sozialdemokratisch und liberal, so Camara. Cissé, der Informatik studierte, wird oft als Wirtschaftsfachmann präsentiert. Von 1993 bis 1997 war er bereits Finanz- und Wirtschaftsminister. Erfahren, heißt das für seine Anhänger, verbraucht für seine Kontrahenten.   

Sicherheitslage in Zentralmali hat sich verschlechtert

IBK wird aktuell vor allem an der Entwicklung im Norden gemessen. Nach Tuareg-Rebellion, Staatsstreich und dem Auftretent islamistischer Gruppierungen gilt die Region als so unsicher, dass am Wahltag 713 Wahllokale nicht geöffnet werden konnten. Dabei ist die UN-Stabilisierungsmission Minusma, an der die Bundeswehr mit knapp 700 Soldaten beteiligt ist, mit knapp 13.300 Soldaten vor Ort. Dennoch hat sich die Gewalt längst ins Zentrum des 18 Millionen Einwohner großen Landes ausgebreitet. Als Amtsinhaber hat Keita jedoch eins: weiterhin das größte Netzwerk im Land.