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Politik

Macron holt sich Abfuhr bei Republikanern

21. Juni 2022

Ohne absolute Mehrheit im Parlament ist der französische Staatschef künftig auf die Unterstützung aus anderen Lagern angewiesen. Doch die wollen Emmanuel Macrons Wünschen nicht folgen.

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Emmanuel Macron und Christian Jacob
"Bin doch kein Deutscher": Republikaner Christian Jacob (links), verweigert sich allem, was nach Koalition aussehen könnteBild: Mohammed Badra/AFP /Getty Images

Bei seiner Suche nach Partnern für eine Regierungsmehrheit im Parlament hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Abfuhr bei den konservativen Republikaner geholt. Seine Partei werde "weder einen Pakt noch eine Koalition" eingehen, sagte Parteichef Christian Jacob nach einer Unterredung mit Macron in Paris. Macron hatte nach der Schlappe seines Wahlbündnisses bei der Parlamentswahl die Spitzenvertreter der wichtigsten Parteien zu einem je einstündigen Gespräch eingeladen.

"Ich bin doch kein Deutscher, wir haben eine anderes politisches System", hatte Jacob schon zuvor dem Sender France Inter gesagt. In Frankreich sind Koalitionen - anders als etwa in der Bundesrepublik - bislang unüblich. Da Macrons Mitte-Bündnis Ensemble die absolute Mehrheit verloren hat, würde sich - jedenfalls rein rechnerisch - eine Koalition mit den Republikanern anbieten. Die Parteiführung der Konservativen von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy hatte aber schnell klar gemacht, dass sie in der Opposition bleiben wolle. "Wir sind nicht das Reserverad", betonte Jacob.

Olivier Fauré, der Generalsekretär der Sozialisten, erklärte, seine Partei könne durchaus einige politische Vorhaben Macrons unterstützen - jedoch nur, wenn der Präsident im Gegenzug auch programmatische Ideen der Sozialisten in sein Programm integriere.

Auf der Suche nach "konstruktiven Lösungen"

Premierministerin Elisabeth Borne hatte ihren Rücktritt angeboten, wie es in Frankreich nach einer Parlamentswahl üblich ist. Macron will zwar in Kürze die Regierung umbilden, lehnte den Rücktritt aber zunächst ab, "damit die Regierung weiter ihre Arbeit machen kann", wie es aus dem Élysée-Palast hieß. Der Präsident sei auf der Suche nach "möglichen konstruktiven Lösungen".

Präsidentschaftswahlen in Frankreich I  Elisabeth Borne
In Macrons Welt spielt sie noch eine Rolle: Der Präsident lehnte das Rücktrittsangebot von Ministerpräsidentin Borne abBild: Ludovic Marin/AFP/Getty Images

Auf Macrons Gesprächsliste zur Partnersuche im Parlament stehen unter anderen noch Francois Bayrou, Parteichef von Macrons Bündnispartner Modem, und Stanislas Guérini von Macrons eigener Partei Renaissance. Auch mit Marine Le Pen, der künftigen Fraktionsvorsitzenden des rechtspopulistischen Rassemblement National, will der Staatschef reden. Sollten die Verhandlungen ohne Annäherung enden, könnte das Wahlergebnis ein politisches Patt nach sich ziehen - bis hin zu Neuwahlen.

Im Schatten großer Gipfel

In Kürze reist der Staatschef zu drei internationalen Gipfeltreffen nach Brüssel, Oberbayern und Madrid. Daher gilt es als unwahrscheinlich, dass er vorher noch eine neue Regierung vorstellt. Wenigstens das Gesundheits- und Umweltministerium muss er neu besetzen, da die derzeitigen Ministerinnen bei der Parlamentswahl kandidiert und verloren hatten. Derzeit ist im Gespräch, dass Macron die bisherige Regierungsmannschaft um weitere Staatssekretäre aufstockt - und dabei an die neuen Mehrheitsverhältnisse anpasst.

Der Gefangene

Macron ist als Präsident im Wahlergebnis gleichsam gefangen. Sein Bündnis Ensemble hat in der Nationalversammlung in Paris künftig 245 Mandate. Zur absoluten Mehrheit wären 289 Sitze erforderlich gewesen, bisher hatte Macrons Lager 350. Das Links-Bündnis Nupes um Jean-Luc Mélenchon kommt auf 131 Mandate, die extreme Rechte (Rassemblement National, RN) um Le Pen auf 89. Die konservativen Les Republicains (LR) von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, die am Wahlsonntag noch als Favoriten für eine Zusammenarbeit mit Macron genannt wurden, stellen 61 Abgeordnete. Le Pen kündigte ebenso wie Mélenchon Widerstand gegen Macrons Reformvorhaben an.

Präsidentschaftswahlen in Frankreich
Lange Zeit galt Macrons Regierungsstil als "jupiterianisch" - Sozialist Olivier Fauré (rechts) pocht nun auf KompromisseBild: Ludovic Marin/AFP/Getty Images

Möglich für den Präsidenten wäre es auch, von Gesetz zu Gesetz jeweils neue Mehrheiten im Parlament zusammenzuzimmern. "Das wird kompliziert", räumte Regierungssprecherin Olivia Gregoire ein. "Wir werden kreativ sein müssen", sagte sie dem Sender France Inter. Macron selbst, der seinen Regierungsstil in der ersten Amtszeit einmal in Anspielung auf den obersten Gott der römischen Mythologie als "jupiterianisch" bezeichnet hatte, nahm bisher nicht öffentlich Stellung zum Wahlausgang.

Die erste Sitzung der neuen Nationalversammlung ist für den 28. Juni geplant. Bei den ersten Gesetzentwürfen, die debattiert werden, geht es um die finanzielle Unterstützung bedürftiger Franzosen angesichts steigender Preise sowie um die Rentenreform. Die Positionen der großen Parteien liegen auch hier weit auseinander. 

jj/wa/kle (afp, rtr, dpa)