Beethoven und Politik
10. März 2008Ludwig van Beethoven gilt als einer der vielseitigsten Komponisten überhaupt. Seine Geburtsstadt Bonn hat ihm ein Musikfest gewidmet, das von Jahr zu Jahr an internationaler Bedeutung gewinnt und das die Deutsche Welle als Medienpartner begleitet. Vom 29. August bis zum 28. September sind auch diesmal wieder rund 2000 namhafte Künstler aus aller Welt zu Gast in Bonn und Umgebung.
Nach vier Jahren mit Länderschwerpunkten beleuchtet das Beethovenfest 2008 auf eine ganz andere Art Beethovens Schaffen und Vermächtnis. Es beschäftigt sich mit der politischen Botschaft, die Beethoven selbst in seinen Werken vermitteln wollte und mit der ideologischen Vereinnahmung seiner Musik im 20. Jahrhundert. Unter dem Motto "Macht.Musik" rückt das Festival auch politisch markante Orte in Bonn wieder ins Bewusstsein: den früheren Plenarsaal, das Palais Schaumburg und das Grandhotel auf dem Petersberg werden zu Konzertsälen, in denen Beethovens Musik erklingt.
Musik aus dem KZ
"Macht.Musik. – Vereinnahmung und Ausgrenzung" – das diesjährige Beethovenfest widmet sich einem hochaktuellen und brisanten Thema. Ausgehend von Beethovens politischem Vermächtnis, seinen Einschätzungen von politischem Gehalt, gehe es darum, Werke unter dem Aspekt ihrer ideologischen Vereinnahmung und der Ausgrenzung ihrer Komponisten zu betrachten. "Verfemte Musik, verbotene Musik, das Verhältnis von Musik und Politik heute – die Frage wie Musik funktionalisiert wird, auch heute noch, das ist ein brandaktuelles Thema", sagt Intendantin Ilona Schmiel.
Zu den Höhepunkten des Beethovenfestes zählt ein Projekt, das der englische Geiger Daniel Hope leitet. Unter dem Titel "Musik war Hoffnung" hat er ein Programm zusammen gestellt, das Künstlern gewidmet ist, die im Konzentrationslager Theresienstadt waren. Texte und Musik von Gideon Klein, Hans Krasa und Erwin Schulhoff erklingen in der Interpretation von Daniel Hope, Philip Dukes und Ulrich Matthes. Hope präsentierte einen Ausschnitt aus dem "Jüdischen Totengebet", einer Komposition von Maurice Ravel, die er arrangiert hat.
"Das ist eine Untersuchung von Musik, die in den Konzentrationslagern entstanden ist, von sehr jungen und mutigen tschechischen Komponisten", erläutert Hope. "Gideon Klein war erst Anfang 20, ein unglaublicher Pianist und Komponist, der auf dem besten Weg war, eine Riesenkarriere zu haben." Während seiner Gefangenschaft in dem Lager von 1942 bis 1945 sei er zu einer Art Motor in Theresienstadt gworden. "Er hat die anderen Künstler, Musiker, Schriftsteller einfach motiviert weiter zu machen und nicht an ihre Lage zu denken. Deshalb passt das für mich extrem gut in diese Betrachtung von Macht und Musik."
Beethovens Neunte im politischen Kontext
Zu den am meisten vereinnahmten Kompositionen gehört bekanntermaßen die Neunte Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Ob als Hymne bei den Feiern zur Deutschen Einheit oder bei Olympia – die Sinfonie ist eines der populärsten Werke Beethovens. Beim Beethovenfest ist der komplette Zyklus aller neun Sinfonien unter Leitung von Kurt Masur mit dem Orchestre National de France eine der Programmsäulen, genauso wie die Ballett- und Schauspielmusiken oder ein Zyklus aller Streichquartette mit dem Leipziger Gewandhaus-Quartett.
Für einen besonderen Akzent sorgt wie in jedem Jahr der Orchester-Campus, den die Deutsche Welle seit acht Jahren gemeinsam mit dem Beethovenfest veranstaltet. Zum ersten Mal ist ein Orchester mit langer Tradition dabei: das Anton-Rubinstein-Orchester der St. Petersburger Konservatoriums, das seit 146 Jahren besteht, und aus dessen Reihen namhafte Musiker hervorgegangen sind.
Aber natürlich kommen auch Freunde anderer Unterhaltung nicht zu kurz: "Komm mit!" heißt eine Konzertreihe mit jungen Künstlern, die sich mit Pop, Jazz, Chanson und Performance an junge Hörer wendet, und ein Familienkonzert lädt zu einem Fidelio im Taschen-Oper-Format ein.