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Lehrerstreik in Kenia geht weiter

James Shimanyula / Jan Philipp Wilhelm23. September 2015

Seit fast vier Wochen streiken die Lehrer in Kenia für bessere Gehälter. Die Regierung verschiebt nun das Schuljahr und schließt die Schulen vorerst komplett. Den Schülern hilft das nicht - im Gegenteil.

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Nairobi Demonstration der Lehrergewerkschaft
Bild: DW/A. Kiti

Schulferien ohne Ende? Was in Deutschland wie der Traum vieler Schüler klingt, ist zurzeit für vierzehn Millionen kenianische Kinder und Jugendliche Realität. Die meisten von ihnen würden gerne zur Schule gehen. Doch die Türen bleiben verschlossen, denn die Lehrer streiken. Für die Schüler im ganzen Land geht die unfreiwillige Verlängerung ihrer Ferien bereits in die vierte Woche.

Am Montag reagierte das kenianische Kabinett auf den andauernden Streik mit ungewöhnlichen Mitteln: Es beauftragte das Bildungsministerium, den Schulkalender kurzerhand umzugestalten. Die Behörde verschob daraufhin den Beginn des - eigentlich bereits laufenden - dritten Trimesters auf einen unbestimmten Zeitpunkt. Damit schloss sie faktisch alle kenianischen Schulen - sowohl die Grundschulen als auch die weiterführenden Schulen. Das geschah rückwirkend zum Beginn des Streiks am 31. August. So entsteht der Eindruck, die Kalenderänderung und nicht der Streik habe die Schließung der Schulen bewirkt.

Schule in Ngong bei Nairobi in Kenia (c: Ben Curtis/AP/dapd)
Schüler in Kenia wissen nicht, wann sie wieder zur Schule dürfenBild: dapd

Die Anordnung gilt nicht nur für die vom Lehrerstreik betroffenen öffentlichen Schulen, sondern auch für Privatschulen - obwohl deren Lehrer sich am Streik überhaupt nicht beteiligen. Entsprechend verärgert zeigt sich Ernest Wangai, Vorsitzender des Verbands der Privatschulen Kenias. "Für die Privatschulen ist das alles sehr unglücklich", sagt er der DW im Interview. "Es gibt keinen Grund unsere Schulen zu schließen." Man sei an Verträge mit den Lehrern und Eltern gebunden, die ja weiter Schulgebühren für ihre Kinder zahlten.

Gerichtsurteil soll Regierung zu Gehaltserhöhungen zwingen

Auch Wilson Sossion, Generalsekretär der Nationalen Lehrergewerkschaft Kenias und eine der zentralen Figuren hinter dem Streik, ärgert sich. "Die Sache ist wirklich lächerlich", sagt Sossion der DW und schiebt eine rhetorische Frage hinterher: "Wie schließt man Schulen, die bereits geschlossen sind?" Aufgrund des Streiks fände ohnehin kein Unterricht statt.

Seit Jahrzehnten kämpfen die Lehrer in Kenia für eine bessere Bezahlung,regelmäßig kommt es deshalb zu Streiks. Ende August hatte ein Gerichtsurteil die Regierung verpflichtet, seit 1997 ausstehende Gehaltserhöhungen von bis zu 60 Prozent mit sofortiger Wirkung umzusetzen. Doch die zuständige Lehrerbehörde Teacher's Service Commission (TSC) weigerte sich zu zahlen und legte Berufung gegen das Urteil ein. Die Lehrer antworteten ihrerseits mit Streik.

Abschlussprüfungen in Gefahr

Die Fronten zwischen Gewerkschaften und Regierung sind verhärtet, eine schnelle Lösung ist nicht absehbar. Darunter leiden die Schüler, vor allem diejenigen, die Ende des Jahres ihre Abschlussprüfungen ablegen wollen. Denn die Prüfungstermine sind von der Umgestaltung des Schulkalenders nicht betroffen und sollen wie geplant eingehalten werden.

Kenia Schulklasse in Nairobi (c: (Photo by Brent Stirton/Getty Images)
Die Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen muss wartenBild: Getty Images

Die für die Organisation der Abschlussprüfungen zuständige kenianische Prüfungskommission hofft deshalb auf den guten Willen der Lehrer. "Der Disput betrifft die Lehrer und ihren Arbeitgeber", sagte Kommissionschef Kibiru Kinyanjui. "Wir haben normalerweise separate Abmachungen mit den Lehrern, die bei den Prüfungen als Aufsichtspersonen mithelfen." Deutlicher wurde Kenias Innenminister Joseph Nkaisery. Er drohte den Lehrern mit rechtlichen Schritten, sollten die Prüfungsvorbereitungen durch den Streik sabotiert werden.

Kann sich Kenia keine Gehaltserhöhungen leisten?

Aufgrund des steigenden öffentlichen Drucks hat inzwischen auch Präsident Uhuru Kenyatta eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Darin bezeichnet er die Komplettschließung der Schulen im Land als "präzedenzlos, aber notwendig" und bekräftigte die Haltung seiner Regierung, dass Kenia die Gehaltserhöhungen nicht stemmen könne und wolle. Man könne die dafür notwendigen Gelder überhaupt nur aufbringen, wenn entweder die Mehrwertsteuer von 16 auf 22 Prozent erhöht oder Ausgaben für Gesundheit, Bildung und Sicherheit gekürzt würden. "Solche Maßnahmen sind nicht vertretbar", so Kenyatta.

Derweil geht die Auseinandersetzung zwischen den Gewerkschaften und der Regierung vor Gericht weiter - doch ein Urteil ist nicht in Sicht. Eine für Dienstag geplante Anhörung im laufenden Berufungsverfahren wurde um eine Woche verschoben, nachdem die Gewerkschaften um Bedenkzeit gebeten hatten. Sie halten das Verfahren für nicht rechtmäßig, da die Regierung sich nicht an die Vorgaben des ursprünglichen Urteils gehalten habe. Die Lehrerbehörde TSC bezeichnet das Vorgehen der Gewerkschaften als "Verzögerungstaktik". Für die kenianischen Schüler gehen die unfreiwilligen Ferien also vorerst weiter.