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Kupfer - das rote Gold der Energiewende

Dirk Kaufmann
2. Mai 2024

Viele Rohstoffexperten sehen den Kupferhandel vor einem "Superzyklus". Denn für die Umstellung auf eine klimaneutrale Wirtschaft ist vor allem ein Rohstoff unverzichtbar: Kupfer

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Eine Rolle mit Kupfer-Gießwalzdraht in einer Halle des Kupferkonzerns Aurubis in Hamburg
Gefragtes Metall, unerläßlich für die Energiewende: KupferBild: Bodo Marks/dpa/picture alliance

Lange schwankte der Kupferpreis an den Märkten nur unwesentlich und spielte für Investoren keine große Rolle. Das scheint sich gerade zu ändern. Seit April kratzt das rote Metall hartnäckig an der Marke von 10.000 US-Dollar pro Tonne. Bis dahin hatte es eine verlässliche Korrelation von globalem Wirtschaftswachstum und Kupfernachfrage gegeben. Doch jetzt steigt die Nachfrage trotz weltweit schwächelnder Wachstumsdaten ganz erheblich.

Der Preis für den wichtigen Rohstoff an der London Metal Exchange stieg zum 1. Mai um bis zu 1,7 Prozent auf 10.033,50 Dollar pro Tonne. Damit war er so teuer wie seit April 2022 nicht mehr. "Indexfonds und börsengehandelte Fonds schieben das Geld von Privatkunden in den Metallmarkt", erläuterte Sandeep Daga vom Analysehauses Metal Intelligence Centre der Nachrichtenagentur Reuters.

Wofür Kupfer gebraucht wird

Wenn man die Energieerzeugung vom Verbrauch fossiler Brennstoffe entkoppeln will, geht das nur über eine Elektrifizierung der Wirtschaft - und für die ist das rote Metall unverzichtbar: "Kupfer ist aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften - vor allem seiner elektrischen Leitfähigkeit - der wichtigste Rohstoff für die Energiewende", so Joachim Berlebach von Earth Resource Investments in Zürich der DW. "Wollen wir wirklich raus aus den fossilen Brennstoffen, bräuchten wir in den nächsten drei Jahrzehnten etwa die gleiche Kupfermenge wie in der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte."

Michael Widmer, Rohstoffstratege bei der Bank of America (BofA), wies in der Zeitung Handelsblatt ebenfalls auf die Dekarbonisierung der Wirtschaft als Hauptgrund für den Preisanstieg hin: "Kupfer wird in nahezu jeder Branche verwendet und gilt deshalb als Konjunkturindikator."

Drohnenaufnahme: Windrad von oben mit geöffnetem Innenleben
Besichtigung einer Windkraftanlage: Ohne Kupferspulen dreht sich kein Windrad ...Bild: Jens Büttner/dpa/picture alliance

Es gibt nicht genügend Kupferminen

Doch nicht nur die Nachfrage steigt, das Angebot stagniert oder sinkt sogar, was die Preise ebenfalls in die Höhe treibt. Rohstoffexperte Berlebach wundert das nicht: "Aufgrund der fehlenden Investitionen in neue Minen über die letzten zehn Jahre, gibt es nicht genug Kupferminen."

Fehlende Investitionen beklagt auch der BofA-Analyst. Anhand der Daten, die die Internationale Energieagentur (IEA) erhoben hat, so Widmer, "können wir schätzen, wie hoch die jährliche Kupfernachfrage bis 2050 sein wird. Dann können wir berechnen, wie viel wir in neue Minen investieren müssen: mindestens 127 Milliarden Dollar pro Jahr. Im vergangenen Jahr waren es aber nur 104 Milliarden Dollar. Seit 2012 sind die Investitionen immer weiter gesunken."

E-Auto an Ladesäule
... und fährt kein ElektroautoBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Neue Minen stoßen oft auf Widerstand

Doch damit nicht genug, ist das Problem auch nicht schnell zu lösen, sagt Berlebach: "Selbst wenn der Kupferpreis weiter steigen würde, könnte die Produktion nicht schnell hochgefahren werden, da es vom ersten Bohrloch bis zur Produktion bis zu 15 Jahre dauert. Aufgrund der fallenden Erzgehalte müssen die neuen Minen auch grösser konzipiert werden."

Neue Minen aber, so Michael Widmer, stießen oft auf Widerstand, denn "der Abbau von Kupfer belastet die Umwelt." Dem Handelsblatt gegenüber weist er auf ein Beispiel aus Zentralamerika hin: Im vergangenen Jahr habe das Bergbauunternehmen First Quantum die größte Kupfermine Panamas schließen müssen: "Zunächst gab es nur einen Konflikt zwischen der Regierung und First Quantum. Dann kamen die Proteste der lokalen Bevölkerung dazu. Letztlich hat die Regierung die Mine geschlossen und gesagt, dass sie auch nicht mehr an den Markt kommen wird."

Menschen mit Fahnen aus Panama: Proteste gegen Bergbauvertrag in Panama-Stadt, November 2023
So kann's kommen: In Panama wurde wegen vielfältiger Proteste eine Kupfermine geschlossenBild: Aris Martinez/REUTERS

Kupfergewinnung in Deutschland lohnt sich nicht 

Wenn es um Erze oder Metalle geht, ist immer wieder der Hinweis zu hören, diesen oder jenen Rohstoff gäbe es ja auch hier, man müsse ihn nur ans Tageslicht holen. Joachim Berlebach sieht das nicht so. Kupfergewinnung in Deutschland sei unwirtschaftlich, vergleichsweise unergiebig und "nur theoretisch" möglich.

"Bergbau in großem Maße ist in Deutschland wegen fehlender großer Lagerstätten und lange dauernden bürokratischen Prozessen meines Erachtens nicht möglich. Wir sind von den Lagerstätten in Südamerika oder im Kongo abhängig." Seine Antwort auf unsere Frage, ob Deutschland seine Importabhängigkeit beim Kupfer lösen könnte, beantwortet er daher knapp und eindeutig: "Nein!"

Und auf Kupfer, wo auch immer es herkommt, könne man nicht verzichten: "Sie können zwar Aluminium für Überlandleitungen benutzen, aber sobald sie eine Spule benötigen, wie in einer Windturbine oder einem E-Auto, kommen sie an Kupfer nicht vorbei. Aluminium hat nur etwa 65 Prozent der Leitfähigkeit von Kupfer, die Kabel werden zu dick."

Die hohen Kupferpreise bleiben erstmal

Bank-of-America-Analyst Michael Widmer hält das hohe Preisniveau für dauerhaft. "Natürlich kann es zu kurzfristigen Korrekturen kommen, aber langfristig sehe ich steigende Preise", so Widmer im Handelsblatt. Das Metall stehe vor einem wohl lang anhaltendem  sogenannten "Superzyklus".

Auch Joachim Berlebach rechnet nicht mit sinkenden Preisen: "Aktuell weisen die Future Markets auf steigende Preise hin. Die Engpässe bei den Minenbetreibern sind auf Rekordhoch." Gleichzeitig steckten die Kosten die Aufbereitung und Weiterverarbeitung des Metalls "auf einem Rekordtiefpunkt".

Gleichzeitig gibt es aber auch Meldungen wie diese: Die norwegische Regierung bereitet den Beginn des Tiefseebergbaus vor der Küste des Landes vor. Schon Anfang 2023 hatte die zuständige Offshore-Behörde berichtet, in norwegischen Gewässern befänden sich "beachtliche Mengen an Bodenschätzen". Nicht nur Zink und Kobalt, sondern auch Kupfer. Doch dass dies den aktuellen Hunger nach dem roten Gold stillen kann, scheint ausgeschlossen.