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Krypto-Investoren auf Puerto Rico

Anne Schwedt
8. Mai 2018

Puerto Rico ist eine Insel im Umbruch. Während Tausende nach Hurrikan Maria von der Armut getrieben aufs Festland flüchten, kommen sogenannte Krypto-Millionäre in das Karibikparadies. Anne Schwedt berichtet aus San Juan.

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Puerto Rico
Bild: DW/A. Schwedt

Es ist stockdunkel in den Straßen von Puerto Rico. Nur vereinzelt durchbrechen Lichtquellen die Geisterinsel. Regelmäßige Stromausfälle gehören hier auch sieben Monate nach Hurrikan Maria noch zum Alltag. "Ich bin vorbereitet", sagt Juan Negron mit Taschenlampe in der Hand.

Er steht in den Trümmern seines Hauses. "Ich habe es selbst gebaut", sagt er. Viel ist nicht mehr davon übrig. Das Dach wurde komplett weggefegt, im obersten Geschoss gibt es keine Fenster und Türen. "Mein Traum wurde zerstört." Mehr als fünf Monate lang hatte Negron überhaupt keinen Strom, fließend Wasser hat er bis heute nicht. "Ich fühle mich nicht mehr sicher, hier zu leben", sagt der 79-Jährige.

Eine Insel vor einem Neuanfang

Tausende Puerto Ricaner verließen nach dem Wirbelsturm die Insel. Die 16 Milliarden Dollar an Hilfsgelder vom US-Festland reichen längst nicht aus. Die Insel steckt in einer Schuldenkrise. Schulen stehen leer, die Arbeitslosigkeit ist hoch, eine funktionierende Infrastruktur gibt es an vielen Orten nicht.

Zahlreiche Unternehmer aus dem Blockchain-Sektor haben darin eine Chance gesehen. Bei dieser öffentlichen Datenbanktechnologie werden Verbraucher und Lieferant beim Austausch von Gütern, Geld oder Informationen direkt miteinander verknüpft.

Puerto Rico
Florian Reike setzt beim Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur auf die BlockchainBild: DW/A. Schwedt

"Die Blockchain-Technologie eignet sich, um in Ländern wie in Puerto Rico die Infrastruktur zu einem gewissen Grad wieder aufzubauen", sagt Florian Reike, Mitgründer der Advanced Blockchain AG. "Beispielsweise kann beim Stromnetz mit der Blockchain die Nachfrage effizient geregelt werden." So könnten Stromausfälle verhindert werden.

Steuerparadies Puerto Rico

Ganz uneigennützig denken die meisten Unternehmer bei dem Umzug nach Puerto Rico aber nicht. Dem Amerikaner Jeff Thompson ging es mit seiner Firma Red Cat vor allem darum, Geld zu sparen. "In Puerto Rico gibt es besonders für Blockchain-Firmen viele Steueranreize", sagt er.

Die Regierung von Puerto Rico vergibt diese Steuervorteile, um neue Unternehmen und damit Geld auf die Insel zu locken. Das Entwicklungsministerium hat sogar angekündigt, ein Gremium einzurichten, das Blockchain Unternehmen beraten und unterstützen soll.      

Hedgefondsmanager Robb Rill sieht diese Bewegung kritisch. "Ich halte das für unrealistisch", sagt er mit Blick auf die zahlreichen Jungunternehmer, die mit Kapital aus Kryptogeschäften auf die Insel kommen. "Die meinen, sie könnten ihre Millionen einfach nach Puerto Rico schaffen und so ihrer Steuerschuld entgehen."

Auch viele Puerto Ricaner sind sich noch unsicher, was sie davon halten sollen, dass ihre Insel zum Paradies für Krypto-Investoren werden soll. "Es scheint so, als ob die hier alles umkrempeln wollen", sagt der Boutiquebesitzer Nelson Ramos in San Juan. "Irgendwie macht mir das ein bisschen Angst."

Puerto Rico
Hedgefondsmanager Robb Rill (re.) ging schon 2013 nach Puerto Rico, um Steuern zu sparenBild: DW/A. Schwedt

Zwei Welten

Die Investoren lassen sich von dieser Kritik jedoch nicht beeindrucken. Sie haben eine klare Zukunftsvision für die Insel. "Puerto Rico ist ein unbeschriebenes Blatt", sagt Thompson. "Die Insel könnte zu einem einmaligen Ort weltweit werden."

Ziel der Investoren ist es, die Blockchain-Technologie in allen Lebensbereichen einzusetzen. Sie wollen eine Welt schaffen, in der Geld nur noch virtuell existiert, Verträge öffentlich sind und es keine staatlichen Institutionen im klassischen Sinn mehr gibt. "Das Web 2.0 kam aus dem Silicon Valley, 3.0 wird aus Puerto Rico kommen", ist sich Thompson sicher.

Auch wenn mit den Krypto-Investoren Geld und innovative Ideen auf die Insel getragen werden, im Leben von vielen Puerto Ricanern wie Juan Negron ändert das zumindest für den Moment nichts. Ihm fehlt es an kleinen Summen, beispielsweise um sein zu Hause wieder aufzubauen. "Eines Tages wird es mir gelingen", sagt er und blickt auf seinen Trümmerhaufen.