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Konferenz in Hermannstadt: Kulturelle Vielfalt als Chance

27. September 2007

Unterschiedliche kulturelle Potentiale bilden eine Chance für Regionen und Städte in Europa. In der rumänischen Stadt Hermannstadt fand dazu mit großer deutscher Beteiligung eine Konferenz statt.

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Sibiu ein Vorbild für VielfaltBild: DW

In Sibiu (zu deutsch Hermannstadt), in diesem Jahr Kulturhauptstadt Europas, fand am Wochenende eine internationale Konferenz zum Thema "Kulturelle Vielfalt als Chance für Regionalentwicklung in Europa", statt. Teilnehmer aus 12 europäischen Ländern diskutierten, wie die Besonderheiten und Potenziale von Regionen mit einer pluri-kulturellen Bevölkerung wirkungsvoll genutzt werden können, um die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung voranzutreiben. Die Deutsche Welle war Medienpartner der Konferenz, bei der die "Erklärung von Hermannstadt" verabschiedet wurde.

Multikulturelles Erbe

Sibiu/Hermannstadt ist als "Kulturhauptstadt Europas" über die Grenzen Rumäniens hinaus vor allem wegen seiner Multikulturalität bekannt geworden. Der Bürgermeister der Stadt, Klaus Johannis, erklärte deshalb in seiner Eröffnungsrede: "Als Ortsgemeinschaft gelang es uns, unser gesamtes kulturelles Erbe, zu dem im Laufe der Jahrhunderte die Rumänen, Deutschen, Ungarn, Roma, Juden oder Armenier beigetragen haben, zusammen zu tragen und zu verwerten. Noch dazu gelang es uns, es im Rahmen des Projektes, mit dem wir uns bei der Europäischen Kommission beworben haben, als ein einheitliches Ganzes vorzustellen. Und das Ergebnis kennen wir alle: Hermannstadt wurde in diesem Jahr Kulturhauptstadt Europas".

Für den deutschen Botschafter in Rumänien, Roland Lohkamp, war Sibiu genau der richtige Ort, um über kulturelle Vielfalt zu diskutieren: "Angesichts der Tatsache, dass in dieser Region unterschiedliche Ethnien friedlich miteinander gelebt haben, kann ich mir für diese Konferenz keinen besseren Tagungsort als Sibiu vorstellen".

Minderheiten als Potential

Veranstalter der Konferenz waren das Institut für Auslandsbeziehungen(ifa), Stuttgart, das Departement für interethnische Beziehungen der rumänischen Regierung sowie die Stadt Sibiu selbst. Ifa-Präsidentin Ursula Seiler-Albring unterstrich in ihrer Ansprache die Bedeutung der Minderheiten: "Das IFA in Stuttgart rückte bereits bei seiner Gründung, und das liegt fast 90 Jahre zurück, das Thema Minderheiten in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit, und zwar, die Minderheiten als Potential für das Gastland. Sie dürfen nicht als Problem angesehen werden, sondern als Potential für die Zukunft der Regionen, in denen sie sich niedergelassen haben, als Chance für eine gemeinsame Zukunft mit der Mehrheitsbevölkerung des Landes".

Die Bedeutung der Minderheiten als Chance für die Europäische Union würdigte auch der deutsche Botschafter in Rumänien, Roland Lohkamp: "In Brüssel sind alle Staaten Minderheiten. Deswegen hat die Notwendigkeit, mit den anderen auszukommen, damit man seine eigenen Ziele erreichen kann, eine heilsame Bedeutung in diesem Kontext. Werden die nationalen Minderheiten in einem vereinten Europa ihre Identität verlieren? Werden sie sich mit der Zeit auflösen? Meiner Ansicht nach wird die Entwicklung genau entgegengesetzt sein. Die Europäische Union gründet sich auf die kulturelle Vielfalt ihrer Mitgliedstaaten und, wie man weiß, ist die Kultur kein einheitliches Element auf nationaler Ebene. Jede Bevölkerungsgruppe hat ihre eigenen Traditionen, Werte und Besonderheiten, die das Ganze darstellen und bereichern".

Ähnlich wie die Beziehung zur Europäischen Union sei auch das Verhältnis der Minderheiten zur Globalisierung zu sehen, fügte der Hauptredner der Konferenz, Prof. Raymond Weber hinzu, Leiter der Abteilung für die Entwicklung mittel- und langfristiger Strategien der Organisation für Europäische Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) in Paris: "Ich denke nicht, dass der lokale und der globale Aspekt einander ausschließen müssen. Sowohl die lokale, als auch die regionale und die globale Ebene können einzeln nicht existieren, sondern sie bedingen sich gegenseitig, wobei keine von ihnen als "natürlicher" gilt als die anderen.

Erklärung von Hermannstadt

Die Teilnehmer der Konferenz "Kulturelle Vielfalt als Chance für Regionalentwicklung in Europa", die aus den Bereichen Politik, Medien, Kultur und Wissenschaft stammten, beleuchteten in vier Arbeitsgruppen sämtliche Aspekte des Potentials der Multikulturalität, aus wirtschaftlicher, kultureller, ethnischer und demografischer Sicht, und einigten sich schließlich auf die Verabschiedung der Erklärung von Hermannstadt zur kulturellen Vielfalt und Regionalentwicklung. Diese vertritt die These der Kulturvielfalt als Vor- und nicht als Nachteil, so wie es die Entwicklung multikultureller Gesellschaften beweist, die die Vorteile der Multikulturalität zu erkennen und zu nutzen wussten.

"Gemeinsam bilden alle Einwohner einer Region eine beispiellose Ressource an Möglichkeiten im kulturellen und wirtschaftlichen Leben. Das produktive Zusammenspiel von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen ist ein wertvolles und geschätztes Gesellschaftskonzept. Es umfasst insbesondere friedliche Konfliktlösung, Pluralität, Kreativität, zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit" (Erklärung von Hermannstadt 2007).

In diesem Sinne wendet sich die Hermannstädter Erklärung an die Öffentlichkeit, mit dem Aufruf, dazu beizutragen, dass die regionalen Profile weiter gestärkt werden und die globale Konkurrenzfähigkeit der einzelnen Regionen dadurch erhöht wird.

Alexandra Sora
DW-Radio/Rumänisch, 24.9.2007, Fokus Ost-Südost