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Löws Abkehr von der alten Liebe

DW Kommentarbild Jörg Strohschein
Jörg Strohschein
6. September 2019

Der neue Spielstil der DFB-Elf ist das Gegenteil von dem, was Joachim Löw einst predigte. Nach der 2:4-Niederlage gegen die Niederlande wird dem Team des Bundestrainers aufgezeigt, dass reines Umschaltspiel nicht hilft.

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EM-Qualifikationsspiel | Deutschland v Niederlande - Joachim Löw
Bild: Getty Images/A. Grimm

"Fußball spielen ist sehr simpel, aber simplen Fußball zu spielen, ist das Schwierigste überhaupt." Ob weiland Johann Cruyff zum Zeitpunkt dieses Ausspruchs an die deutsche Nationalmannschaft im Jahr 2019 gedacht hat? Wahrscheinlich eher nicht. Aber die niederländische Fußball-Ikone hätte gut die Bemühungen der deutschen Elf gegen die Niederlande beschrieben haben können.

Der neue Stil der Mannschaft von Joachim Löw steht diametral zu dem, was der Bundestrainer noch bis zum vergangenen Sommer favorisiert hatte. Vom Ballbesitz-Fußball zum reinen Konter- mittlerweile eher Umschaltspiel genannt, ist der Weg offenbar nicht weit. Auch deshalb, weil diese Art des Fußballs natürlich viel einfacher umzusetzen ist. Dafür benötigt ein Team eine gute defensive Aufteilung, aggressives Zweikampfverhalten und schnelle Stürmer, die die in die Spitze gespielten Bälle auch erreichen und bestmöglich verwandeln können. Kreativität und Ideen sind dabei kaum nötig, in erster Linie zählt Handlungsschnelligkeit. 

Löw passt sich der Bundesliga an

Das kann überaus unangenehm und nervtötend für einen Gegner sein. Ein Kontrahent mit der spielerischen Qualität der Niederländer, die sich trotz aller Wehrhaftigkeit der DFB-Elf nicht von ihrem spielerischen Weg haben abbringen lassen, ist so kaum zu beeindrucken. Die Oranjes setzen sich am Ende verdient durch. Allein in der ersten Hälfte hatten die Niederländer 68 Prozent Ballbesitz - bei einem Heimspiel in Hamburg. Steter Tropfen höhlt den Stein.  

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DW-Redakteur Jörg Strohschein versteht Löws Stilwechsel nicht

Löw passt sich damit den Gepflogenheiten in der Bundesliga an, von der er sich bis zur desaströsen WM in Russland 2018 so wohltuend abgesetzt hatte. Sieben neue Trainer haben zur laufenden Saison ihren Job in der Liga begonnen - und von allen war zu hören, dass sie ein ein schnelles Umschaltspiel und hohes Pressing bevorzugen. Und auch die verbliebenen Fußballlehrer haben (fast alle) ähnliche Spielphilosophien.

Die alte Liebe verlassen

Bis auf den FC Bayern geht es den deutschen Teams vor allem darum, möglichst das gegnerische Spiel zu zerstören, Fehler zu provozieren und diese dann auszunutzen. Dieser Ansatz kann sicherlich sinnvoll sein - ist allerdings zumeist die einzige Weg, den die Mannschaften verfolgen (können). Darin liegt vielfach auch das Dilemma begründet, in dem sich die deutschen Klubs im internationalen Wettbewerb befinden. Kommen die Runden mit den namhaften Gegnern und den besseren Spielern, sind sie schnell mit ihrer Verhinderungstaktik am Ende.

Über die Spieler für Ballbesitz-Fußball verfügt Löw im Nationalteam - anders als in vielen Bundesligateams - mit großer Sicherheit. Wie so oft im Leben dürfte ein Mittelweg zielführender sein.     

Dass der Bundestrainer derart umschwenkt und seine alte Fußball-Liebe von heute auf morgen alleine lässt, hätte er wohl vor einiger Zeit selbst nicht gedacht. So simpel hat sich Joachim Löw den Fußball wohl auch nie vorgestellt.