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Politik

Kaczynskis Nebelkerze

Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek
12. Dezember 2017

Die Rochade an Polens Regierungsspitze ist in erster Linie ein taktisches Manöver, um davon abzulenken, wie Jaroslaw Kaczynski mit seiner PiS-Partei den Rechtstaat untergräbt, meint Bartosz Dudek.

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Polen Beata Szydlo Mateusz Morawiecki
Die alte und der neue Ministerpräsident von Polen: Beata Szydlo und Mateusz MorawieckiBild: Imago/Zuma

Nur einige Stunden nachdem Polens Premierministerin Beata Szydlo ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden hatte, ersetzte Jaroslaw Kaczynski sie durch ihren bisherigen Vize Mateusz Morawiecki. "Man soll der Weisheit des Herrn Kaczynski vertrauen", kommentierte die treue Parteisoldatin Szydlo die Entscheidung des Vorsitzenden der Regierungspartei PiS. Doch die Überraschung war perfekt: Die Medien im In- und Ausland hatten ihre "Breaking News" und deklinierten den Namen des 49-jährigen Aufsteigers Morawiecki tagelang durch.

Was bei alledem kaum jemand merkte: Just am nächsten Tag verabschiedete der Sejm die umstrittene Justizreform. Trotz der Warnung international anerkannter Experten des Europarats vor diesem Schritt war das taktische Manöver perfekt gelungen.

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Bartosz Dudek, Leiter der polnischen Redaktion der DW

Keine Kursänderung zu erwarten

Die Entscheidung des eigentlichen Machthabers in Polen, Jaroslaw Kaczynski, den bisherigen Superminister für Wirtschaft und Finanzen Morawiecki an die Spitze der polnischen Regierung zu setzen, sollte vor allem genau diesen Nebelkerzeneffekt produzieren. Denn Kurskorrekturen in der Innen- und Außenpolitik sind vom neuen Ministerpräsidenten nicht zu erwarten. Morawiecki, ehemaliger Chef einer Großbank, gilt zwar als ausgewiesener Wirtschaftsfachmann und fähiger Manager. Als politisch unerfahrener Außenseiter in der Partei, wird er Kaczynskis Politik jedoch gehorsam umsetzen müssen. Dem - im Gegensatz zu Kaczynski und Szydlo - weltgewandten und mehrere Fremdsprachen sprechenden Morawiecki sollte es im Ausland - und besonders in Brüssel - etwas leichter fallen, das angeschlagene Image Polens aufpolieren.

Nicht ohne Risiko

Kaczynskis Schachzug ist allerdings nicht ohne Risiko. Beata Szydlo war das Gesicht des siegreichen Wahlkampfs 2015; sie gilt als volksnah und erfreut sich besonders in der Provinz großer Popularität. Daher wird sie nun auch Morawieckis Stellvertreterin ohne Geschäftsbereich. Trotzdem: Ihr Sturz wurde von vielen PiS-Anhängern mit Unbehagen aufgenommen. Der Millionär Morawiecki, der unter anderem in Deutschland studiert hat, wird im Gegensatz zu Szydlo als ein Mann der Elite wahrgenommen. Er gilt zudem als ehrgeizig und ambitioniert. Die Rolle des Befehlsempfängers dürfte ihm schwerer fallen als seiner Vorgängerin.

Das Schicksal Beata Szydlos dürfte für ihn dabei eine Mahnung sein. Denn solange der eigentliche Machthaber in der Parteizentrale sitzt, bleibt auch Morawiecki vor allem eins: ein Premierminister auf Abruf.

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Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek Redakteur und Autor der DW Programs for Europe