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Politik

Verhärtung durch Abkehr

26. Februar 2019

Der angekündigte Rücktritt von Irans Außenminister Sarif zeigt: Die harte US-Politik gegenüber dem Iran führt tatsächlich zu einem Politikwechsel in Teheran - die Hardliner gewinnen, meint Matthias von Hein.

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Syriens Machthaber Bashar Assad besucht Ayatollah Ali Khamenei, den Führer der Islamischen Republik Iran
Syriens Machthaber Baschar al-Assad besuchte am Montag den obersten religiösen Führer des Iran, Ali ChameneiBild: Leader.ir

Der Rücktritt von Irans Außenminister Dschawad Sarif ist ein Fanal - ganz unabhängig davon, dass Präsident Hassan Rohani inzwischen den Rücktritt abgelehnt hat. Mit Sarif will der iranische Politiker aufgeben, der wie kein anderer mit dem Atomabkommen verbunden ist. Ein Mann, der in den USA studiert hat, Jahrzehnte dort gelebt hat, der das Land öffnen wollte. Als ihm das 2015 mit dem umständlich Joint Comprehensive Plan of Action, kurz JCPoA, genannten Atomabkommen gelang, tanzten die Menschen im Iran auf den Straßen. Den Konservativen hatte das weder das Abkommen gefallen noch der spontane Ausbruch von Lebensfreude und Hoffnung.

Positive Auswirkungen des Atom-Abkommens

Die Auswirkungen des Abkommens waren bald spürbar für die Menschen, es gab verstärkten wirtschaftlichen und kulturellen Austausch, der Tourismus boomte. Auch wenn die Dividende des Abkommens hinter den Erwartungen zurückblieb. Mit diesem Rückenwind wurde der moderate Hassan Rohani 2017 bei der Präsidentenwahl eindrucksvoll im Amt bestätigt. Wieder tanzten die Menschen auf den Straßen, während gleichzeitig der damals noch neue US-Präsident Donald Trump seinen ersten Auslandsbesuch in Saudi-Arabien absolvierte. Und dabei für die Kameras der Welt den Schwerttanz tanzte. Die Symbolik dieses Kriegstanzes wurde noch unterstrichen durch umfangreichste Waffenverkäufe an die Ölmonarchie.

DW Kommentarbild Matthias von Hein
DW-Redakteur Matthias von Hein

Der einseitige Ausstieg der USA aus dem völkerrechtlich bindenden Atomabkommen gab jenen in Teheran Recht, die sagten, man hätte den USA und dem Westen niemals trauen dürfen. Washingtons Strategie maximalen Drucks auf Iran wirkt im iranischen politischen System konkurrierender Machtzentren als maximaler Druck auf die moderaten Kräfte. Aufwind erfahren die konservativen Hardliner. Für jeden offensichtlich wurde das am Montag: Da saß Syriens Staatschef Baschar al-Assad in Teheran beim religiösen Führer Ali Chamenei. Aber Irans Chefdiplomat Sarif war nicht dabei, manche sagen: noch nicht einmal informiert. Mit dabei saß hingegen Qassem Soleimani, Generalmajor bei der für Auslandseinsätze zuständigen Einheit innerhalb der Revolutionsgarden.

Verlust des wichtigsten Fürsprechers

Mit dem Rücktrittsgesuch Dschawad Sarifs verliert das Atomabkommen möglicherweise seinen wichtigsten Fürsprecher in Teheran. 13 Überprüfungen durch die internationale Atomenergieagentur IAEA haben ergeben: Der Iran hält sich bislang trotz des US-Austritts an seinen Teil des Abkommens. Das bestätigten kürzlich sogar die US-Geheimdienste. Das könnte sich ändern. Wenn Sarifs Rücktritt doch vollzogen werden sollte, wird die Welt ein gefährlicherer Ort werden.

Matthias von Hein
Matthias von Hein Autor mit Fokus auf Hintergrundrecherchen zu Krisen, Konflikten und Geostrategie.@matvhein