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Politik

Politik statt Werbetour in Afrika

Kommentarbild Ludger Schadomsky
Ludger Schadomsky
5. Mai 2018

Der neue deutsche Außenminister zeigt sich bei seinem Afrika-Antrittsbesuch als verlässlicher Partner. Doch nun tut eine sinnvolle Afrikapolitik not, meint Ludger Schadomsky.

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Äthiopien stellvertretende Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union Thomas Kwesi, Bundesaußenminister Heiko Maas
Bild: Imago/photothek/I. Kjer

Mehrfach hat Heiko Maas auf seiner dreitägigen Antrittsreise in Afrika betont, dass er, anders als noch in der Vorwoche in New York, auf dem südlichen Nachbarkontinent nicht als Botschafter der deutschen Kandidatur für einen nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterwegs sei.

Wenn dies wirklich der Fall war, dann hat der Neue aus Versehen einiges richtig gemacht. Der Besuch war in ja mehrfacher Hinsicht symbolträchtig: Es war die schnellste Afrikareise eines Außenministers nach Dienstantritt. Nicht einmal sieben Wochen im Amt, reiste Maas bereits nach Äthiopien und Tansania, beides langjährige Partner Berlins und Sitz wichtiger Regionalorganisationen. Im 100-Millionen-Land Äthiopien herrscht zaghaftes politisches Tauwetter, in der ehemaligen deutschen Kolonie Tansania geht die Regierung (zu) vehement gegen Korruption vor.

Multilaterale Vision

Bei jedem Protokollpunkt rief der frisch gekürte Außenpolitiker Maas sein Credo auf: Mut zum Multilateralismus in einer Zeit zunehmenden Unilateralismus'. Das ist gut gesetzt für Afrika, das sich unter dem Signet "Vision 2063" nach europäischem Vorbild mehr und mehr verzahnt - vom panafrikanischen Pass bis zur angestrebten Freihandelszone. Vieles steckt noch in den Kinderschuhen, nationale Egoismen sind weit verbreitet (das neue Europa lässt grüßen) - aber ein positiver Trend ist deutlich sichtbar. Da kommt die Ermunterung von einem geschätzten Partner wie Deutschland zur richtigen Zeit.

Weniger Aktionismus

Kommentarbild Ludger Schadomsky
Ludger Schadomsky, Leiter DW-Amharisch

Das vergangene Afrika-Jahr der deutschen G20-Präsidentschaft war heillos überfrachtet mit mehr oder weniger sinnvollen Initiativen. Vor allem aber wurde der Afrikadiskurs 2017 vor dem Hintergrund der Migrationsströme vom Kontinent nach Europa geführt. Nicht zu Unrecht kam die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik in den Ruf, in Wahrheit Migrationsabwehrpolitik zu sein. Es war deshalb durchaus wohltuend, dass das Thema Migration bei dieser Reise zumindest offiziell keines war.

Stattdessen ging es dem Juristen Maas mit erkennbarem Eifer um Internationale Gerichtsbarkeit: Gleich zwei Ortstermine – beim Nachlassverwalter der Strafgerichtshöfe von Den Haag und Arusha sowie am Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte – standen auf dem Besuchsplan. Nach wie vor haben nicht alle afrikanischen Länder dessen Protokolle ratifiziert – hier sollte der Großgeber Deutschland mit sanftem Druck und verstetigtem Kapazitätsaufbau nachhelfen.

Ausbildung statt Knochen

Mit der Ehrung afrikanischer Opfer des Ersten Weltkrieges nahm Maas das heikle Thema Erinnerungskultur von Berlin mit nach Afrika. Sein Amt möchte mehr Mitsprache beim Leuchtturmprojekt Humboldt-Forum, und nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Rückgabe kolonialer Beutestücke und Raubkunst an Afrika ankündigte, steht man auch in Berlin und London unter Zugzwang. 

Während die Aufarbeitung des Völkermordes an den Herero und Nama im heutigen Nambia weiter Wellen schlägt, ist der Dialog mit Tansania erheblich spannungsfreier. So forderte Maas' Amtskollege nicht etwa eine Rückgabe des monumentalen Saurier-Skelettes aus dem Berliner Naturkundemuseum, sondern deutsche Hilfe bei der Ausbildung tansanischer Archäologen.

Mehr Deutschland wagen

Deutschland, das zeigten die Antrittsgespräche des neuen Außenministers deutlich, genießt in Afrika unverändert einen guten Ruf. Berlin ist ein verlässlicher Partner bei der Finanzierung von Friedenseinsätzen auf dem Kontinent, bei der Unterstützung wichtiger Regionalorganisationen und im Demokratie- und Menschenrechtsdialog.

Nun gilt es, unter neuem Management all diese Aktivitäten endlich zu einer kohärenten deutschen Afrikapolitik zusammenzuführen. Seit Jahren kommt diese nicht über gut gemeinte Ansätze hinaus.

Nach dem überraschenden Rückzug des Mitbewerbers Israel an diesem Freitag kann Berlin nun mit einiger Sicherheit 2019 und 2020 relevante Afrika-Themen prominent im UN-Sicherheitsrat platzieren.

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