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Politik

NATO will neue Strategie gegenüber Russland

7. November 2017

Wäre die NATO für einen Angriff Russlands gewappnet? Bündnisinterne Papiere wecken daran Zweifel. Jetzt soll reagiert werden - mit einem umfassenden Strategiewechsel.

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Brüssel NATO Generalsekretär Stoltenberg PK zur neuen Strategie
Bild: picture-alliance/abaca/D. Aydemir

Die NATO will mit einem Ausbau ihrer Kommandostruktur auf die als aggressiv wahrgenommene Politik Russlands reagieren. Nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg (Artikelbild) sollen unter anderem neue Planungs- und Führungszentren für Marineeinsätze im Atlantik und für Truppenverlegungen innerhalb Europas aufgebaut werden. Ziel ist es, im Ernstfall eine schnelle und effiziente Reaktion des Bündnisses zu ermöglichen.

Er erwarte, dass die Verteidigungsminister die Pläne an diesem Mittwoch bei einem Treffen in Brüssel billigen würden, sagte Stoltenberg. Auf Ebene der Botschafter sind sie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bereits beschlossen worden.

Wäre die schnelle Eingreiftruppe wirklich schnell?

Hintergrund des neuen Aufrüstungsvorhabens ist die Erkenntnis, dass die jetzige Kommandostruktur nicht mehr den Erfordernissen der aktuellen Bedrohungslage entspricht. Ein internes Bündnispapier hatte jüngst die Verteidigungsfähigkeit im Krisenfall infrage gestellt. In dem "Fortschrittsbericht über das verstärkte Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv der Allianz" wird offen angezweifelt, ob die schnelle Eingreiftruppe des Verteidigungsbündnisses derzeit wirklich zügig und effizient genug reagieren könnte. Zudem gibt es dem Dokument zufolge gerade im östlichen Bündnisteil große Defizite im Bereich der Logistik und Infrastruktur.

Dies ist vor allem deswegen relevant, weil Russland seit dem Beginn de Ukraine-Krise endgültig wieder als großer Unsicherheitsfaktor angesehen wird. Insbesondere die nordöstlichen Bündnisstaaten fühlen sich seitdem verstärkt bedroht. Um Russland abzuschrecken, wurden zuletzt bereits mehrere Tausend NATO-Soldaten im Baltikum und in Polen stationiert, die im Ernstfall von einer neuen und besonders schnellen Eingreiftruppe Verstärkung bekommen sollen.

Ein echter Kurswechsel

Das alles ist eine drastische Kehrtwende zu der Politik nach dem Ende des Kalten Krieges Anfang der 1990er Jahre. Damals glaubte die NATO, sich von der extrem personal- und kostenintensiven Abschreckungspolitik ein Stück weit verabschieden zu können. Die Krisenbekämpfung im Ausland mit Einsätzen wie dem in Afghanistan wurde zum neuen Schwerpunkt. Die Kommandostrukturen wurden deswegen drastisch reduziert. Von den 33 Hauptquartieren, die es in Zeiten des Kalten Krieges gab, sind nach NATO-Angaben heute nur noch sieben übrig. Die Personalstärke sank von 22.000 auf 6800 Mitarbeiter.

Wo die neuen Hauptquartiere angesiedelt werden, was sie kosten und wie viel neues Personal sie bekommen werden, ist noch offen. Stoltenberg machte allerdings deutlich, dass Deutschland als Standort für das neue Logistik-Hauptquartier durchaus infrage komme. "Ich werde heute nicht konkret werden (...), aber Deutschland liegt zentral in Europa", sagte er. Eine Entscheidung über die neuen Standorte solle im Februar 2018 fallen.

Angst vor den Russen auf Gotland

Für das neue Atlantik-Hauptquartier werden Portugal und Großbritannien als aussichtsreiche Kandidaten gehandelt. Es soll Einsätze steuern können, die im Kriegsfall für einen freien Seeweg zwischen den USA und Europa gewährleisten. Über die möglichen Kosten für die Änderungen an der Kommandostruktur wird bei der NATO bislang geschwiegen.

Laut Stoltenberg werden sie allerdings ohnehin nur ein Teil von dem sein, was zusätzlich gebraucht wird. "Wir müssen gewährleisten, dass unsere Straßen und Brücken so gebaut sind, dass sie auch von unseren schwersten Fahrzeugen genutzt werden können", erklärte er mit Blick auf die derzeit unbefriedigende Situation. Das Gleiche gelte für die Schienennetze, über die beispielsweise Panzer quer durch Europa transportiert werden könnten.

haz/ww (dpa,afpe)