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Kloster-Gin: Andacht und Alkohol

11. Dezember 2021

Made in Silence. Ein Ordensmann will einen Kloster-Gin in Ostdeutschland produzieren. Und setzt auch auf regionale Arbeitsplätze an einem Frauen-Kloster.

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Deutschland l Pater Justinus Pech produziert Kloster-Gin
Bild: Christoph Strack/DW

Er wirbt mit dem Spruch "Made in Silence" (In der Stille gemacht). Für Gin. Warum? Pater Justinus Pech überlegt nicht lange. "Ich weiß es noch wie heute. Abends saß ich in meiner Klosterzelle und war dabei, ein Design für das Etikett zu malen. Und ich merkte: Da muss deutlich werden, wo es herkommt. Es war ruhig. Und ich musste eigentlich ins Bett, um am Morgen um halb fünf aufzustehen. Da kam mir der Gedanke. Und nun führt diese Marke 'Made in Silence' zum Weiterdenken."

Deutschland l Pater Justinus Pech produziert Kloster-Gin
Der Gin-Pater unterwegs in OstdeutschlandBild: Christoph Strack/DW

Christoph Pech, der dem Zisterzienser-Orden angehört und als Mönch Pater Justinus heißt, hat sich den Spruch "Made in Silence" patentieren lassen. Seitdem vermarktet der 48-Jährige unter diesem Motto Kloster-Gin. Bei Wikipedia ist vom "weltweit ersten Kloster-Gin" die Rede.

Deutschland l Pater Justinus Pech produziert Kloster-Gin
Pater Justinus im Garten des Zisterzienserinnenklosters Helfta Bild: Christoph Strack/DW

Pater Justinus, der in Leipzig lebt, hat das Kloster Helfta am Rand von Lutherstadt Eisleben als Standort des Kloster-Gin ausgewählt. Die Gegend im Süden von Sachsen-Anhalt, in der Heimat von Martin Luther, ist, wie er sagt, eine "strukturschwache und chancenreiche Region".

Kloster Helfta, im Mittelalter eine der großen Stätten geistlichen Lebens in deutschen Landen, wurde 1542 nach der Reformation aufgelöst und wurde erst 1999, vor gut 20 Jahren, wieder von Ordensfrauen besiedelt. Das Kloster und seine direkte Nachbarschaft stehen im Spagat zwischen Vergangenheit, Ruinen und Neuem. Neben einer gewaltigen modernen Back-Fabrik finden sich heruntergekommene DDR-Bauten.

"Arbeitsplätze sichern"

"Wenn man einen Arbeitsplatz schafft, kann man hier Menschen Hoffnung geben", sagt Pater Justinus. Er wolle den Gin langfristig auf dem Markt etablieren und für den Ort einige Arbeitsplätze sichern. "Das ist für eine solche Region wichtig." Ein Teil des Gewinns soll in soziale Projekte fließen.

Deutschland l Pater Justinus Pech produziert Kloster-Gin
Im Kräutergarten von Kloster HelftaBild: Christoph Strack/DW

Noch braucht es für den Gin externe Unterstützung. Das Destillat wird vorerst mit Hilfe einer Brennerei außerhalb des Klosters erstellt. Grundlage ist Alkohol aus einer kleinen Handmanufaktur. Dieser wird mit Wacholder und zahlreichen Kräutern zum Gin destiliert. Aber viele der Kräuter findet Pater Justinus in Klöstern und auch in Helfta, wo die Ordensfrauen einen traditionsreichen Klostergarten wiederbelebt haben. Und irgendwann im Erzählen steht der Ordensmann vor der großen Scheune auf dem Klostergelände, die heute noch eine Ruine ist und bald die Brennerei beherbergen könnte. Auch da sorgt die Corona-Pandemie für Verzögerungen. Aber die Planungen laufen.

Vom Allgäu bis zur Ostsee

Deutschland l Pater Justinus Pech produziert Kloster-Gin
Pater Justinus hat Verkaufspartner in ganz DeutschlandBild: Christoph Strack/DW

Bislang füllt der Ordensmann noch keine fünfstellige Anzahl an Gin-Flaschen im Jahr ab. In drei Sorten, "Monastic Dry Gin", "Monastic Barrel Aged", "Monastic Coffee". In Helfta wird etikettiert, abgepackt und versendet. In einer großen Deutschlandkarte stecken gut hundert Stecknadeln mit bunten Köpfen: Sie stehen für Orte, an denen der Kloster-Gin im Handel ist, von Kempten im Allgäu bis Ribnitz-Damgarten im Norden von Mecklenburg-Vorpommern. Zumeist sind es Kloster-, Buch- und Spirituosenläden, auch eine einzelne Filiale einer der großen Supermarkt-Ketten ist dabei - in Bochum. Die Ordensschwester im Laden von Helfta ist beeindruckt. Es sei gar nicht so selten, dass Kunden kämen und eigentlich direkt nach dem Kloster-Gin fragten, sagt Schwester Pauline.

Deutschland l Pater Justinus Pech produziert Kloster-Gin
Kirche und GinBild: Christoph Strack/DW

"Es gibt Menschen", sagt Pater Justinus, "die vielleicht noch nie in einem Klosterladen waren, aber von diesem Gin gehört haben. Und wenn sie dann hierher kommen, betreten sie erstmals ein Klostergelände. So betreten sie niedrigschwellig ein Kloster und sehen das Ambiente. Vielleicht kommen ihnen da auch Sinn-Fragen."

Klöster und Alkohol

Aber Gin ist Alkohol, harter Alkohol, der da hinter Klostermauern gehandelt wird. Der Ordensmann verweist auf die lange Tradition kirchlicher Weingüter, auf Klosterbier in Belgien oder Bayern, auf eigene Liköre und Whisky in manchen Orden. Gin sei in dieser Palette nur ein neues Produkt, mit dem man einen anderen Kundenkreis ansprechen könne.

Deutschland l Pater Justinus Pech produziert Kloster-Gin
Pater Justinus Pech im Hörsaal in LeipzigBild: Christoph Strack/DW

Pater Justinus erläutert es wie ein Marketing-Stratege. Das passt zu seiner anderen Profession. Am gleichen Morgen noch stand der im Taunus nördlich von Frankfurt/Main geborene Christoph Pech in Alltagskleidung ohne Ordensgewand an der Handelshochschule Leipzig (HHL) am Lehrpult.

Der studierte Betriebswirt, der seine Doktorarbeit über Wirtschaftsethik schrieb, hält in englischer Sprache eine Vorlesung über "Leadership". Im Hörsaal sitzen einige Studierende, andere sind online zugeschaltet und auf Bildschirmen zu sehen. Irgendwann gibt Pech den Studentinnen und Studenten einen Gedanken zum Grübeln, lässt ihnen zwei, drei Minuten Zeit. "Please, remain in silence", sagt er.