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Klimaschutz-Index: Wie weit sind die Länder?

7. Dezember 2020

Bisher erreicht kein Land das Pariser Klimaziel. Das zeigt der Klimaschutz-Index von Germanwatch und des New-Climate-Instituts. 58 Staaten mit hohem CO2-Ausstoß wurden von mehr als 100 Experten genau bewertet.

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Erde vom Weltall aus gesehen mit Blick auf Amerika
Bild: Imago/Ikon Images/I. Cuming

Die Gesamtnote "sehr gut" erhielt kein einziges Land. Denn noch immer ist keiner der 58 untersuchten Staaten "auf einem Pfad zu den Pariser Klimazielen", so ein Fazit der Experten.

Seit 2005 wird der Klimaschutz-Index veröffentlicht. Die 58 Staaten sind für 90 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich und werden von einem internationalem Team bewertet. Wie in den Vorjahren bleiben die ersten drei Plätze im Ranking unbesetzt: Einen "Musterschüler" beim Klimaschutz gibt es bisher nicht. 

Mehr als 100 Experten untersuchten in den Ländern den CO2-Ausstoß den Energieverbrauch pro Person und die jeweiligen Strategien, wie diese reduziert werden. Ebenfalls bewertet wurde der Anteil der erneuerbaren Energien im Energiemix, wie schnell der Ausbau voran geht und auch das, was die Politik zur Umsetzung des Klimaabkommens im eigenen Land und international unternimmt. 

"Es geht langsam in fast allen Bereichen voran. Das ist aber viel zu langsam und entspricht nicht der Dringlichkeit, die für die Sicherheit unseres Klimas nötig wäre", sagt Niklas Höhne, der Leiter des NewClimate-Instituts in Köln, das die Klimaschutzaktivitäten der Staaten in aller Welt analysiert.

Infografik - Klimaschutz Ranking weltweit  Auswahl 2021 - DE

"Einmal sticht heraus, dass sich die EU deutlich verbessert hat. Die EU versucht die Politik voranzubringen mit einem langfristigen Ziel, mit einem neuen kurzfristigen Ziel und versucht andere Länder mitzureißen", so Höhne. Dank einer deutlich besser bewerteten Klimapolitik konnte sich die Europäische Union um sechs Plätze auf Rang 16 in der Gesamtwertung verbessern und erhielt die Gesamtnote "gut".

Damit liegt die EU im Ranking deutlich vor dem anderen großen Emittenten USA und China. Die Vereinigten Staaten landeten wie im Vorjahr auf dem letzten Platz (61), China mit Platz 33 im Mittelfeld (Vorjahr 30). Schlussplätze im Ranking gab es auch für die Erdölstaaten Saudi Arabien (60) und Iran (59).

Welche Länder sind "gut"?

Internationales Vorbild ist laut Klimaschutz-Index das vierte Jahr in Folge Schweden. Zwar sei auch der skandinavische Staat kein "Klima-Musterland" und noch nicht ganz auf dem Weg zum Erreichen der Pariser Klimaziele, doch Schweden setze Maßstäbe in den Bereichen CO2-Ausstoß, erneuerbare Energien und Klimapolitik.

So wurde dort in diesem Jahr das letzte Kohlekraftwerk stillgelegt. Und das Land setzt mit einer hohen CO2-Steuer von 1190 Kronen, (116 Euro) pro Tonne Maßstäbe in der Welt und damit Anreize, Alternativen zu Kohle, Öl und Gas zu entwickeln. Nur der sehr hohe Energieverbrauch pro Einwohner verhinderte eine noch bessere Bewertung.

Hinter Schweden folgen mit der Bewertung "gut" in der Reihenfolge Großbritannien, Dänemark, Marokko, Norwegen, Chile und Indien. Auch Finnland, Malta, Lettland, Schweiz, Litauen und Portugal wurden mit "gut" bewertet.

Deutschland und Brasilien nur im Mittelfeld

Bis 2009 war Deutschland ein Vorbild beim Klimaschutz. 2008 belegte es im Länderranking den vordersten Platz, sackte aber in den folgenden Jahren unter der Führung von Angela Merkel kontinuierlich ab. Ausnahmen waren dabei nur die Jahre 2012 und 2013, als unmittelbar nach der Atomkatastrophe von Fukushima der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland boomte.

2018 war dann Deutschland auf Rang 27 im Ranking abgerutscht. Im aktuellen Ranking liegt es auf Platz 19 im oberen Mittelfeld. Deutschland schwächelt derzeit beim Ausbau von Erneuerbaren, macht zu langsame Fortschritte bei der Kohlendioxyd-Reduktion im Verkehr und der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen pro Einwohner seien zu hoch.

"Die Bewertung 'mittelmäßig' ließe sich insbesondere mit ambitionierteren Ausbauzielen bei den erneuerbaren Energien und deutlichen Korrekturen bei den Sektoren Verkehr und Gebäude sowie beim Kohleausstieg verbessern", sagt Jan Burck von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und Hauptautor des aktuellen Reports.

Infografik - Klimaschutz Index 2021 Weltkarte Welche Staaten kommen beim Klimaschutz voran?

Ebenfalls im Mittelfeld sind unter anderen Kroatien (18), die Ukraine (20), Ägypten (22), Frankreich (23), Indonesien (24) und Brasilien (25). "Das Problem von Brasilien ist die starke Zunahme der Abholzungen. Und der Amazonas ist nicht nur für die Treibhausgasemissionen relevant, sondern für das gesamte Weltklima", sagt Klimaforscher Höhne.

Wenn der Regenwald des Amazonas zu stark abgeholzt wird, könnte ein Kipppunkt entstehen, weil sich das Klima in der gesamten Region verändert - mit tiefgreifenden Folgen für die Trinkwasserversorgung und das Weltklima insgesamt. "Der Regenwald kann dann nicht mehr Regenwald sein, es kann zu Trockenheit und Bränden kommt. Das wäre katastrophal. Deswegen ist das so wichtig, nicht nur für Brasilien, sondern für die gesamte Welt. Und das ist ein sehr, sehr negativer Trend."

Coronahilfen entscheidend für Klimazukunft

In den vergangenen Monaten erklärten neben China auch eine Reihe weiterer Länder die Absicht, ihre hohen CO2-Emissionen auf null zu senken - die meisten bis 2050, China bis 2060. Der designierte US-Präsident Joe Biden will die USA bis 2050 klimaneutral machen, die Stromversorgung soll dort schon bis 2035 klimaneutral sein.

Die Klimaindex-Experten bewerten diese Ankündigungen als sehr wichtiges Signal dafür, dass die Dringlichkeit des Themas angekommen ist und die Länder nun wirklich mehr fürs Klima tun wollen. "Die Masse an Ländern, die es verstanden hat, klimaneutral zu werden, ist inzwischen so groß, dass man sich dem nicht mehr entziehen kann", sagt Höhne. "Das Argument, 'wir machen ja was, aber die anderen sind nicht dabei', das gilt nun nicht mehr."

Infografik CO2-Ausstoß global bis 2020, derzeitige Politik und notwendige Pfade fürs Klimaziel

Höhne sieht "zarte Fortschritte" und die Möglichkeit im Zuge der Coronakrise "das Ruder herumzureißen". Entscheidend sei es jetzt, wie in den nächsten Jahren die Milliardenhilfen zur Bewältigung der Corona-Krise ausgegeben werden, und ob das Geld gleichzeitig für den Aufbau einer CO2-neutralen Wirtschaft genutzt wird.

"Da gibt es viel Spielraum in die richtige Richtung, aber auch in die falsche Richtung", so Höhne. "Wenn es schief geht, dann wird es wirklich sehr schwer das Klima noch zu retten. Davon bin ich überzeugt. So viel Geld werden wir den nächsten 10 Jahren nicht wieder ausgeben."

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion