1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Kenias Ex-Präsident Daniel arap Moi ist tot

4. Februar 2020

24 Jahre stand er an der Spitze Kenias. Doch die Amtszeit von Kenias zweitem autokratischen Präsidenten Daniel arap Moi war geprägt von Korruption und Vetternwirtschaft. Nun ist er im Alter von 95 Jahren verstorben.

https://p.dw.com/p/3XELG
Kenia 1992 | Daniel Arap Moi, ehemaliger Präsident
Bild: Getty Images/AFP/A. Joe

"Kirungu", der mit dem Stab. So nannten die Kenianer scherzhaft ihren zweiten Präsidenten Daniel Toroitich arap Moi, der die Republik für insgesamt 24 Jahre regierte - meist mit eben jenem Stock in der Hand, der in seiner Volksgruppe ein Symbol für die Herrschenden ist.

Moi wurde am 2. September 1924 in dem kleinen Dorf Kurieng'wo in Kenias Rift-Valley-Provinz geboren. Der Name Toroitich verweist auf seine Herkunft als Sohn eines Viehhirten. Sein Vater starb, als Moi vier Jahre alt war; sein Onkel zog ihn auf und ermöglichte es ihm, zur Schule zu gehen und später selbst Lehrer zu werden.

Als einer von wenigen Kenianern wurde Moi 1955 in den verfassungsgebenden Rat der britischen Kolonialregierung gewählt. In die blutigen "Mau-Mau" genannten Unabhängigkeits-Aufstände der 1950er Jahre war er nicht direkt verwickelt. Doch Moi sympathisierte mit der Bewegung und dessen Unterstützer Jomo Kenyatta, Kenias späterem ersten Präsidenten, und besuchte ihn im Gefängnis.

Moi war Mitglied der KADU Partei (Partei für Afrikanische Demokratie in Kenia) – in Abgrenzung zu Jomo Kenyattas Partei für Afrikanischen Nationalismus in Kenia (KANU) machte sich Moi für ein föderales System stark. Außerdem kümmerte sich Mois Partei um die Interessen seiner eigenen Volksgruppe Kalenjin und anderer kleinerer Volksgruppen im Vielvölkerstaat Kenia; Kenyatta hingegen entstammte der bevölkerungsstärksten Ethnie der Kikuyu.

Kenia 1963 | Amtseinführung Jomo Kenyatta, Premierminister
1963 wurde Kenia unter Präsident Jomo Kenyatta zum Einparteienstaat Bild: Getty Images/Keystone

Als Großbritannien im Dezember 1963 nach Jahren heftigen Widerstands die Kolonie aufgab, hatte Kenyatta seinen Rivalen Moi davon überzeugt, die Parteien zu fusionieren. Kenia wurde damit de facto zu einem Einparteienstaat. Als Minister des Inneren bekam Moi einen Platz im Kabinett. 1967 ernannte Präsident Kenyatta ihn gegen den Willen der starken Kikuyu-Eliten zum Vize-Präsidenten. Als Kenyatta 1978 im Alter von 84 Jahren starb, rückte Moi nach. 1979 wurde Moi in regulären Wahlen – als einziger Kandidat – im Präsidentschaftsamt bestätigt. Drei Jahre später verankerte er den Einparteienstaat in der Verfassung.

Hartes Vorgehen gegen Gegner

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger suchte Moi den Kontakt zu Bürgern und reiste regelmäßig durchs Land. Gleichzeitig setzte er alles daran, Angehörige seiner Kalenjin-Volksgruppe mit Ämtern und Eigentum zu versorgen. Einschränkungen der Pressefreiheit gehörten zur Praxis des Präsidenten, dem Kenianer bis zuletzt nachsagten, Anteile an einem der größten privaten Medienkonzerne des Landes zu besitzen. Als regierungstreue Streitkräfte 1982 einen Putsch vereitelten, reagierte Moi mit harter Hand. In Folge des Putschversuchs aus den Reihen der Luftwaffe, bei dem mehr als 120 Menschen ums Leben kamen, wurden 900 Menschen verhaftet, zwölf am Putsch Beteiligte zum Tode verurteilt.

Der Präsident ging auch hart gegen innerparteiliche Gegner vor. Justizminister Charles Mugane Njonjo bezichtigte er des Verrats. Nach einem Gerichtsverfahren musste dieser 1983 von seinem Amt zurücktreten, weil er Moi aus dem Amt stürzen wollte. Der international geschätzte Außenminister Robert Ouko kam 1990 auf brutale Weise ums Leben, nachdem er offen Machtmissbrauch angeprangert und eine Untersuchung der Korruptionsvorwürfe verlangt hatte. Ein parlamentarisches Untersuchungskomitee stellt zehn Jahre später -  nach mehreren abgebrochenen Versuchen - fest, dass Ouko in Mois Residenz ermordet wurde. Mehrere Zeugen des Falls waren in der Zwischenzeit unter dubiosen Umständen ums Leben gekommen, wie das Komitee berichtete. Andere Oppositionelle wie Kenneth Matiba oder Raila Odinga kamen ohne Prozess in Haft.

Am 7. Juli 1990 beendeten Polizei und Militär gewaltsam die erste Demonstration für ein Mehrparteiensystem. Mehr als 20 Menschen starben. Das Ereignis ging als "Saba Saba"-Protest (die Kisuaheli-Bezeichnung "Siebter Siebter" spielt auf das Datum an) in die kenianische Geschichte ein.

Kenia Nairobi 2002 | Uhuru Kenyatta & Daniel arap Moi, Präsident
Daniel arap Moi (rechts) wollte Uhuru Kenyatta als Präsident sehenBild: Getty Images/AFP/S. Maina

Konkurrenz für die KANU

Massiver internationaler Druck führte schließlich dazu, dass Moi einlenkte und Kenia ab 1991 ein Mehrparteiensystem erhielt. Ende 1992 konnten Kenianer bei einer Präsidentschafts- und Parlamentswahl zwischen verschiedenen Parteien abstimmen. Doch eine zerstrittene Opposition spielte Moi in die Hände. Auch von Wahlmanipulation war die Rede, die Abstimmung war von massiver Gewalt begleitet. Bei den Wahlen fünf Jahre später ging es ähnlich zu. Auch wenn die Mehrheit der Wähler erneut gegen Moi stimmte, gewann er dennoch, da sich die Opposition auf keinen gemeinsamen Gegenkandidaten einigen konnte.

Scharfen internationalen Protest löste Moi 2002 aus, als er dafür plädierte, die Parlamentswahlen wegen Verhandlungen über eine neue Verfassung zu verschieben, um länger an der Macht bleiben zu können. Laut Verfassung durfte er nicht erneut antreten. Aber die Wahl fand wie geplant statt. Innerparteilich sorgte Moi für heftige Diskussionen mit seiner Entscheidung, den jungen und politisch unerfahrenen Uhuru Kenyatta, den Sohn des ersten kenianischen Präsidenten, zum Präsidentschaftskandidaten zu machen. Seine Strategie, der KANU-Partei durch einen Kikuyu-Kandidaten erneut die Mehrheit zu sichern, ging jedoch nicht auf: Das höchste Staatsamt sollte Mois Schützling erst elf Jahre später erhalten.

Mois 24-jährige Amtszeit endete am 30. Dezember 2002. Die Folgen - etwa die starke Korruption und Vetternwirtschaft - sind dem Land bis heute geblieben.