Erst prüfen, dann urteilen
13. Februar 2010Der Tod eines jungen Menschen ist immer eine Tragödie - weil er zu früh kommt. Der Tod des 21 Jahre alten Rodlers Nodar Kumaritaschwili macht da keine Ausnahme. Gerade noch stand der Georgier davor, sich einen großen Traum zu verwirklichen: seine ersten Olympischen Spiele. Dann beendete die Zielkurve in Whistler sein Leben. Hätte die Tragödie verhindert werden können?
Eigenverantwortung
Jeder Sportler, der - nur mit einem Helm geschützt, mit der Geschwindigkeit eines Autos auf der Autobahn - durch eine Eisrinne jagt, geht ein nicht unerhebliches Risiko ein. Genauso übrigens wie der alpine Skirennläufer oder der Radrennfahrer. Eine hundertprozentige Sicherheit kann es da auch nicht annähernd geben. Es bleibt ein Restrisiko, das die Sportler kennen, bewusst eingehen, vielleicht sogar suchen. Bis hierhin sind sie für sich selbst verantwortlich.
Verantwortung der Ausrichter
Darüber hinaus aber tragen auch die Ausrichter der Wettkämpfe eine Verantwortung. Seit längerem wurde davor gewarnt, dass die Olympia-Eisbahn von Whistler zu schnell sei. Doch die Weltverbände der Rodler, Bob- und Skeleton-Fahrer gaben der Strecke ihr Okay. Vielleicht auch, weil sie der Faszination einer "schnellsten Eisbahn der Welt" erlagen, diesem nervösen Kribbeln in der Magengrube, das die Mischung aus Höchstgeschwindigkeit, Mut und Fahrtechnik beim Betrachter auslöst. Jetzt werden in der Kurve, die dem jungen Georgier zum tödlichen Verhängnis wurde, die Seitenwände erhöht. Für Nodar Kumaritaschwili kommt das zu spät.
Erst prüfen, dann urteilen
Sorgfältig muss geprüft werden, ob die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend waren. Ob es fahrlässig war, Rodler, die nicht zur internationalen Spitzenklasse gehören, auf die Hochgeschwindigkeitsbahn von Whistler zu schicken. Oder ob es sich schlicht um einen fatalen Fahrfehler des Georgiers handelte. Voreilige Schuldzuweisungen und unfundierte Empörung verbieten sich.
Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Tobias Oelmaier