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Kaukasus-Krieg ohne Ende

11. Dezember 2004

Vor zehn Jahren - am 11. Dezember 1994 - begann der erste Tschetschenien-Krieg mit dem Einmarsch russischer Truppen in der Hauptstadt Grosny. Seitdem herrschen in der Kaukasus-Republik kriegsähnliche Zustände.

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An einer Straßenecke in GrosnyBild: AP
Alltag in Tschetschenien Frau mit Kind Ruinen
Alltagsbild aus TschetschenienBild: AP

Zehn Jahre nach Beginn der Kriege in Tschetschenien hat die russische Menschenrechtsorganisation "Memorial" die Bundesrepublik Deutschland und andere Staaten Westeuropas zu einem besseren Schutz von Flüchtlingen aus der Krisenregion im Nordkaukasus aufgerufen. Die Verweigerung der Aufnahme sowie Abschiebungen in die osteuropäischen EU-Staaten widersprächen Menschenrechts- und Flüchtlingskonventionen, kritisierte die Menschenrechtsverteidigerin Libkhan Basaeva am Freitag (10.12.2004) in Potsdam. "Memorial" wurde in Stockholm mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden. Nach Informationen von Ekkehard Maaß von der Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft halten sich derzeit 30.000 bis 35.000 tschetschenische Flüchtlinge in Westeuropa auf.

Guerillakrieg statt schnellem Sieg

Am 11. Dezember 1994 marschierte die russische Armee in Grosny ein. Mit dem Feldzug hatte der damalige russische Präsident Boris Jelzin die abtrünnige Kaukasus-Republik Tschetschenien einschüchtern und im Schnellverfahren wieder zurückerobern wollen. Doch die tschetschenischen Rebellen verwickelten die Soldaten in einen Guerillakrieg. Für die russische Armee wurde der Feldzug ein Fiasko. Nachdem die Rebellen im August 1996 Grosny zurückerobert hatten, ließ Moskau sich auf ein Friedensabkommen ein, in dem es die Eigenständigkeit Tschetscheniens de facto anerkannte.

Straßenszene in Grosny Tschetschenien
Russische Patrouille in den Straßen GrosnysBild: AP

Politisch blieb die Region aber instabil, die Wirtschaft lag nach dem Krieg am Boden. Im Oktober 1999 ließ der neue Präsident Wladimir Putin die Armee ein zweites Mal in Tschetschenien einmarschieren, nachdem bei einer Bombenserie in Russland insgesamt knapp 300 Menschen getötet worden waren. Heute ist der Konflikt, in dem nach inoffiziellen Schätzungen insgesamt rund 70.000 Zivilisten und mindestens 12.000 Soldaten starben, endgültig festgefahren.

"Vor dem Tschetschenien-Krieg gab es keinen Terrorismus. Jetzt ist der Terror zum Standard geworden. Das Ergebnis ist eine Sackgasse, aus der es keinen Ausweg gibt", sagte der russische Menschenrechtler und Ex-Dissident Sergej Kowaljow bei DW-RADIO. Mit Blick auf den zehnten Jahrestag des Einmarschs russischer Truppen in Tschetschenien erklärte Kowaljow, "das Ergebnis ist, dass es zehntausende Opfer gibt, nicht nur Soldaten, sondern auch viele Zivilisten, die gequält, gefoltert und umgebracht wurden".

Ruinenlandschaft Grosny

Ein Ende des Schreckens ist nicht absehbar. Grundlegende Bürger- und Menschenrechte würden von den staatlichen russischen Sicherheitskräften nicht eingehalten. Die Zivilbevölkerung sei nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen von willkürlichen Verhaftungen, Folter und Mord bedroht. Nach zehn Jahren Krieg ist die tschetschenische Hauptstadt Grosny heute eine Ruinenlandschaft. Die Straßen in der Republik sind vermint und werden von bewaffneten Gruppen kontrolliert. Ein Ende des zweiten Tschetschenien-Krieges sei nach Ansicht von Kowaljow nicht abzusehen, "weil es ein Partisanenkrieg ist und man diesen Krieg nicht gewinnen kann". (kap)