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Kakaopreis auf Rekordniveau - wer profitiert?

29. März 2024

Der Kakaopreis hat sich innerhalb weniger Monate verdreifacht. Hilft das den Kakaobauern aus der Armut? Ganz so einfach ist es nicht.

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Schoko-Osterhasen in einem Ladenlokal
Auch Ostern ist in Deutschland ein Anlass für den SchokoladenkonsumBild: FUNKE Foto Services/IMAGO

Der Kakaopreis geht seit Jahresbeginn durch die Decke und erreicht täglich neue Rekordwerte. Am Dienstag (26.3.2024) wurde sogar die Marke von 10.000 US-Dollar pro Tonne durchbrochen. Vor einem Jahr lag der Preis noch unter 3000 Dollar.

Der weltweite Kakaomarkt hat einige Besonderheiten, die nahelegen, dass die Kräfte des Marktes nicht zum Wohle aller Beteiligten funktionieren.

Die wichtigste: Die Kakaobäuerinnen und -bauern können von ihrer Arbeit nicht leben. Seit Jahrzehnten wird ihre Armut beklagt und über Unterernährung und Kinderarbeit berichtet. Ihre Lage wäre besser, hieß es immer, wenn nur der Kakaopreis höher wäre.

Eine weitere Besonderheit: Nur zwei Länder, Côte d'Ivoire und Ghana in Westafrika, produzieren fast zwei Drittel der weltweiten Kakaoernte. Trotz dieser Ausnahmeposition waren sie nicht in der Lage, höhere Preise durchzusetzen.

Warum steigt der Kakaopreis?

Grund für die aktuelle Preisexplosion sind massive Ernteeinbrüche. "Im Moment wird geschätzt, dass die Ernte in Côte d'Ivoire und Ghana um mindestens ein Drittel eingebrochen ist", sagt Friedel Hütz-Adams, Kakao-Experte beim Südwind-Institut in Bonn, das sich mit Welthandel und Entwicklungspolitik befasst. "Weil diese beiden Länder 60 Prozent der weltweiten Kakaoernte ausmachen, gibt es also ein erhebliches Defizit auf dem Markt."

Grund für die schlechte Ernte war das Klimaphänomen El Nino, dass durch lokale Faktoren aber noch verstärkt wurde, sagt Hütz-Adams. In den Tropen gibt es durch El Nino in unregelmäßigen Abständen je nach Region entweder zu viel und zu wenig Regen oder auch verschobene Regenphasen. All das schädigt die Ernten. In Côte d'Ivoire und Ghana sei das Phänomen durch die starke Abholzung lokaler Wälder noch verstärkt worden, so Hütz-Adams.

Weil viele Kakaobauern so arm sind, dass sie sich kaum Dünger und Pestizide leisten können, standen sie der Situation besonders hilflos gegenüber. "In Ghana hat es im vergangenen Jahr in vielen Region zuerst gar nicht geregnet und dann so lange, dass die Kakaobäume lange im Wasser standen und sich Krankheiten an den Früchten ausbreiten", so der Experte. "Das ist eine katastrophale Mischung."

Die Europäische Union (EU) ist der größte Absatzmarkt für Kakao, hier wird rund die Hälfte der weltweiten Produktion verzehrt, gefolgt von den USA. Hier sitzen auch die großen Konzerne, die aus den Bohnen Schokolade, Schokoriegel oder Kakaopulver machen und sie verkaufen. Und hier findet auch der Großteil der Wertschöpfung statt.

Von jedem Euro, den eine Tafel Schokolade kostet, gehen nur rund sieben Cent an die Kakaobauern, an Hersteller und Händler dagegen rund 80 Cent, so das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). 

Um dieses Milliardengeschäft besser planen zu können, kaufen die Schokoladenhersteller die Kakaobohnen schon lange, bevor sie geerntet sind. An der Börse nennen sich solche Geschäfte, die sich auf zukünftige Lieferungen beziehen, Futures. Auch die derzeitigen Rekordpreise gelten für Futures.

In Côte d'Ivoire und Ghana organisieren die nationalen Kakaobehörden den Verkauf der Ernte. Schon Monate vor Beginn der Erntesaison ab Oktober werden bis zu 80 Prozent der Produktion verkauft.

Bauer profitieren noch nicht

"Das Tragische ist, dass die Bauern in Côte d'Ivoire und Ghana in der laufenden Saison kaum profitieren, weil die Ernten verkauft waren, bevor die Preise hochgingen." Die meisten hätten im vergangenen Jahr zu einem Tonnenpreis von 1800 Dollar verkauft und litten zudem unter heftigen Ernteeinbrüchen.

Elfenbeinküste Kakao Bohnen Trocknung
Ein Bauer in Agboville in Côte d'Ivoire legt Kakaobohnen zum Trocknen ausBild: Godong/picture alliance

Derzeit seien Händlern in den kleineren kakaoproduzierenden Ländern bemüht, so viel Kakao wie möglich aufzutreiben. Je nach Verkehrsanbindung und Qualität führe das schon jetzt zu steigenden Preisen.

Die Futures-Preise an den Börse zeigen, dass der Kakaopreis in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren hoch bleiben wird, sagt Hütz-Adams. Das sei auch für die Bauern in den großen Erzeugerländern eine gute Nachricht. "Der Börsenpreis ist selbst für Lieferungen zu Ende 2025 mehr als doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Wenn wir es schaffen, dass ein großer Teil dieses Geldes bei Bäuerinnen und Bauern ankommt, dann kann diese Preisexplosion eine Chance sein."

Schokolade wird teurer

Ob dann auch die seit mehr als 25 Jahren beklagten Probleme von Armut, Unterernährung und Kinderarbeit im Kakaosektor gelöst werden können, muss sich aber erst noch erweisen. Denn der derzeitige Preisanstieg lag am fehlenden Angebot, weniger an der steigenden Nachfrage - etwa durch erhöhten Schokoladenkonsum in Asien.

"Ja, China und Indien haben im Schokoladenkonsum zugelegt. Doch beide Länder zusammen importieren nur halb so viel Kakao wie Deutschland", sagt Hütz-Adams. "Ich höre seit 15 Jahren, dass Chinesen bald viel mehr Schokolade essen, aber bisher ist das nicht passiert."

Weitere Preissteigerungen für Schokolade in Europa sind dagegen nur eine Frage der Zeit. "Schon vor Weihnachten 2023 wurden in Deutschland die Schokoladenpreise angehoben mit der Begründung, der Rohstoffpreis sei gestiegen. Dabei wurden damals noch die Bohnen aus der Vorsaison verarbeitet oder solche, die sich Hersteller zu niedrigen Preisen gesichert hatten", so der Kakao-Experte von Südwind.

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.