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Schröder soll schlichten

24. Oktober 2016

Im Streit um die Übernahme der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann wird es ein Schlichtungsverfahren unter Leitung von Altbundeskanzler Gerhard Schröder geben. Bis dahin sollen keine weiteren Filialen verkauft werden.

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ehemaliger Bundeskanzler Gerhard Schröder
Bild: picture-alliance/dpa/K. D. Gabbert

Auf diesen Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und der Gewerkschaft Verdi verständigten sich Edeka, Tengelmann und Rewe, wie das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin mitteilte. Für die Dauer des Verfahrens werde keine Übergabe von Tengelmann-Filialen an Dritte erfolgen.

Am Montag hatten Geheimverhandlungen stattgefunden, um die schon angelaufene Zerschlagung von Kaiser's Tengelmann doch noch zu stoppen. Inzwischen verhindert nur noch die Klage von Rewe, dass Marktführer Edeka die Kaiser's Tengelmann-Gruppe übernehmen kann. Die Konkurrenten Norma und Markant hatten bereits angekündigt, ihre Klage zurückzuziehen.

Rewe hatte neben Norma und Markant vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Ministererlaubnis von Gabriel eingelegt. Das Gericht hatte die Übernahme durch Edeka im Eilverfahren im Juli gestoppt.

Geschickter Taktiker

Die Voraussetzungen für eine Schlichter-Funktion bringt Schröder mit: Im Poker um die politische Macht bewies der 72-Jährige häufig taktisches Geschick. Mit Rot-Grün fuhr er im September 1998 seinen ersten Wahlsieg gegen den langjährigen CDU-Kanzler Helmut Kohl ein. Vor der Wahl 2002 schien die Niederlage von SPD und Grünen festzustehen. Doch Schröder schaffte die Trendwende, unter anderem mit seinem Nein zu den US-Plänen für einen Irak-Krieg. Er errang einen knappen Sieg gegen CSU-Parteichef Edmund Stoiber, damals Kanzlerkandidat der Union.

Schröder war in der Politik immer auch Pragmatiker, der Freund und Feind durch plötzliche Schwenks verwirrte. Im Frühjahr 2003 kündigte er seine Reform-Agenda 2010 an - eine Anpassung des Sozialstaats an die veränderten Gegebenheiten. Damit stürzte er seine Sozialdemokraten in eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte.

Verdi: "Wichtiges Signal"

Nach dem Machtverlust zog es Schröder 2005 in die Wirtschaft. Bis heute bekleidet er Ämter bei dem Unternehmen North Stream AG, das zu 51 Prozent dem russischen Unternehmen Gazprom gehört und das den umstrittenen Ausbau der Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland vorantreibt. Erfahrungen in Rettungsversuchen besitzt er auch: 1999 hatte er kurzfristig den angeschlagenen Frankfurter Holzmann-Konzern vor der Pleite bewahrt. Später ging dieser dann doch unter.

Der Verdi-Vorsitzende Bsirske nannte die Verständigung auf ein Schlichtungsverfahren ein "wichtiges Signal". Die Verständigung zeige, dass alle bereit seien, aufeinander zuzugehen. "Dafür spricht auch, dass die Vorstandsvorsitzenden aller beteiligten Unternehmen Gerhard Schröder als Mediator sofort akzeptiert haben", erklärte Bsirske. Es gebe jetzt eine "echte Chance" für eine Einigung im Sinne der rund 16.000 Tengelmann-Beschäftigten.

Kaiser's Tengelmann schreibt seit 17 Jahren Verluste. Die Tengelmann-Gruppe als Eigentümer möchte sich deshalb von der Kette trennen. Der Kaufvertrag mit Edeka ist bereits seit Langem unterzeichnet. Da sich das juristische Tauziehen noch über Monate hinziehen könnte, begann Tengelmann in der vergangenen Woche vorsorglich mit der Zerschlagung der Supermarktkette.

wen/bea (afpd, rtrd, dpa)