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Jesiden: Erdogan macht nichts gegen den IS

3. August 2015

Vor einem Jahr vertrieb und ermordete die Terrormiliz zahllose Angehörige der religiösen Minderheit im Nordirak. Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland verbindet das Gedenken mit scharfer Kritik an der Türkei.

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Jesidische Frauen auf der Flucht - Arichivfoto vom August 2014 (Foto: Reuters)
Jesidische Frauen auf der Flucht - Arichivfoto vom August 2014Bild: Reuters

Der Zentralratsvorsitzende der Jesiden, Telim Tolan, hat vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gefordert, die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in der Türkei zu stoppen. "Das ist eine Seuche, und diese Barbaren kennen nur eine Sprache, das ist die Sprache der Gewalt", sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden in Deutschland dem SWR. Tolan kritisierte, dass Erdogan bis heute nichts gemacht habe - im Gegenteil: Er habe den "Islamischen Staat" in sein Gebiet aufgenommen, ihn medizinisch versorgt und sichergestellt, dass in der Türkei Waffenschmuggel erfolgen könne.

Zehntausende Jesiden getötet oder versklavt

Außerdem sei es nötig, dass die Weltgemeinschaft den IS auch mit Luftschlägen bekämpfe, betonte Tolan: "Mit der Streitkraft, die die Kurden haben, die die Iraker haben und Amerika und die internationale Staatengemeinschaft, hätte man schon längst diesen furchtbaren Feldzug des IS stoppen müssen." Zehntausende Jesiden seien bislang getötet oder versklavt und Hunderttausende zur Flucht gezwungen worden. Noch immer seien jesidische Frauen in IS-Gefangenschaft und würden vergewaltigt und gefoltert. Diejenigen, die es zu den Flüchtlingscamps geschafft hätten, lebten seit einem Jahr unter menschenunwürdigen Bedingungen ohne ausreichend Wasser und Nahrung, so Tolan weiter. Den Kindern fehle der Schulbesuch und viele seien von der Flucht traumatisiert.

Der Zentralratsvorsitzende der Jesiden, Telim Tolan (Foto: Markus Hibbeler)
Telim TolanBild: Markus Hibbeler

Der Zentralrat appellierte deshalb auch an die Bundesregierung, mehr humanitäre Unterstützung für die jesidischen Flüchtlinge im Nordirak zur Verfügung zu stellen und ein Bundesprogramm zur Aufnahme von IS-Verfolgten aufzubauen.

800.000 Jesiden weltweit

Zum Gedenken an die brutale Gewalt des IS gegen die Jesiden im Nordirak ruft ein Bündnis verschiedener Verbände und Organisationen für diesen Montag zu Kundgebungen in Berlin und Bremen auf. Am 3. August jährt sich zum ersten Mal die von den Vereinten Nationen als Völkermord bezeichnete Vertreibung und Ermordung der Angehörigen dieser religiösen Minderheit.

Weltweit bekennen sich mindestens 800.000 Menschen zum jesidischen Glauben. Die Mehrheit von ihnen lebt im Nordirak. In Deutschland leben nach Angaben des Jesidischen Forums rund 80.000 Gläubige. Die meisten von ihnen wohnen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Der 2007 gegründete Zentralrat der Jesiden in Deutschland hat seinen Sitz in Oldenburg.

sti/fab (epd, kna)