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Ist der IS in Bangladesch aktiv?

Arafatul Islam / tk13. Oktober 2015

Nach den Morden an zwei Ausländern in Bangladesch stellt sich die Frage nach den Hintermännern. Die Hinweise auf die Täter deuten dabei in eine andere Richtung als die Erklärungen der Regierung.

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Absperrband am Ort, wo der Japaner Kunio Hoshi in Bangladesch ermordet wurde (Foto: EPA/STRINGER)
Bild: picture-alliance/dpa/Stringer

Der italienische Entwicklungshelfer Cesare Tavella war zu Fuß unterwegs auf einer Straße in einem der Diplomatenviertel der bengalischen Hauptstadt Dhaka, als er von hinten erschossen wurde. Drei unbekannte Angreifer flüchteten aus der hoch gesicherten Gegend auf einem Motorrad. Der Mord geschah am Abend des 28. September 2015, zwei Tage, nachdem die australische Kricket-Mannschaft ihre Reise nach Bangladesch aus Sicherheitsgründen verschoben hatte.

Ein weiterer Ausländer, der japanische Geschäftsmann Kunio Hoshi, wurde bei einem ähnlichen Angriff im Norden des Landes am 3. Oktober getötet. Mehr als ein Jahr hatte er dort gelebt, war beliebt bei der einheimischen Bevölkerung, heißt es.

Der Islamische Staat bekennt sich

Die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) hat Berichten zufolge für beide Morde die Verantwortung übernommen. Der US-Think Tank SITE und das Middle East Media Research Institute (MEMRI), die sich mit den Internetseiten radikaler Islamisten beschäftigen, haben das mittlerweile bestätigt.

Im westlichen Ausland wurden die Ereignisse mit großer Beunruhigung aufgenommen. Die US-Botschafterin Marcia Bernicat kündigte an, dass die USA willens seien, Dhaka im Kampf gegen den Terror zu unterstützen. "Wir haben alles, was wir brauchen, um den IS daran zu hindern, sich in Bangladesch auszubreiten", sagte die Diplomatin Anfang Oktober. Einige Länder wie Großbritannien haben Reisewarnungen veröffentlicht und Sicherheitshinweise für Ausländer, die in Bangladesch leben, herausgegeben.

Innenpolitische Streitereien

Allerdings wollten weder Polizei noch Regierung bestätigen, dass der IS für die Morde verantwortlich ist. Stattdessen beschuldigte Premierministerin Sheikh Hasina ihre politischen Gegner und warf ihnen vor, durch eine Verschwörung das Ansehen ihrer Regierung beschädigen zu wollen.

Wenig überraschend stieß ihr Sohn und Berater, Sajeeb Wazed, ins selbe Horn. Er behauptet, dass die Bangladesh Nationalist Party (BNP) und Jamaat - die beiden Parteien, die das wichtigste politische Oppositionsbündnis bilden - hinter den Morden steckt. "Sie haben das in einem verzweifelten Versuch getan, um ausländische Regierungen gegen unser Land aufzuhetzen und es zu destabilisieren", schrieb Wazed auf seiner offiziellen Facebook-Seite am 7. Oktober 2015.

Die bengalische Premierministerin Sheikh Hasina (Foto: Oli Scarff/Getty Images)
Sheikh Hasina hat jegliche Präsenz des Islamischen Staats in Bangladesch ausgeschlossenBild: Oli Scarff/Getty Images

Die Anschuldigungen wurden von der BNP umgehend zurückgewiesen mit dem Hinweis, es handele sich dabei um Versuche der Regierung, andere zu beschuldigen, um "vom eigenen Scheitern abzulenken". Auf einer Pressekonferenz in Dhaka am 8. Oktober rief die Partei die Regierung dazu auf, mit allen politischen Parteien und Bürgern eine "nationale Einheit" zu formieren, um "militante" Kräfte zu bekämpfen.

"IS-Präsenz ist bewiesen"

Während Ministerpräsidentin Sheikh Hasina entschlossen jeden Hinweis auf die Anwesenheit von IS-Kämpfern in Bangladesch ausblendet, sind die Medien des Landes voll davon.

Auch die Analyse des Terrorismus-Experten Nur Khan aus Dhaka ist unmissverständlich: "Es gibt Beweise für die Anwesenheit des IS in Bangladesch. Polizei und Geheimdienste haben eine ganze Reihe von mutmaßlichen Mitgliedern dieser Terrorgruppe in den vergangenen anderthalb Jahren verhaftet", sagte er. Außerdem hätten lokale Medien dazu Nachrichten, Informationen und Fotos von den Aktivitäten der Terroristen veröffentlicht. "Außerdem wissen wir, dass einige Bangladeschis nach Syrien gereist sind, um sich dem IS anzuschließen. Die Polizei hat das bereits bei vielen Fällen bestätigt", fügte Nur Khan hinzu.

Bangladesh: Blogger kämpfen gegen religiöse Fanatiker

Shahidul Alam Khan, ein pensionierter Armee-General, und Terrorismus-Experte, hält dagegen, dass es noch zu früh sei, um irgendwelche Schlüsse zu ziehen, was die Hintergründe der Morde an den beiden Ausländern angeht. Eine sorgfältige und umfassende polizeiliche Ermittlung sei unerlässlich. "Diese Morde sind ohne Zweifel sorgfältig geplant worden. Selbst wenn der IS nicht darin verwickelt ist, operieren seine Sympathisanten in Bangladesch. Und andere militante Gruppierungen gibt es hier genauso", sagte er im Interview mit der DW.

Rita Katz, Direktorin des SITE-Think Tanks, forderte die Regierung auf, die Erklärungen des IS nicht zu ignorieren. Katz sagt, sie verfüge über Beweise, dass die Terror-Gruppe bereits im Land operiere.

Fest steht: Vier islamkritische Blogger und zwei Ausländer sind bislang in diesem Jahr in Bangladesch ermordet worden. Islamistische Gruppen haben sich zu diesen Morden bekannt. Ali Riaz von der Illinois State University beschäftigt sich mit militanten Extremisten in Bangladesch. Er macht sich Sorgen über die jüngste Mord-Serie in seiner Heimat. Der Nachrichtenagentur AFP sagte er in einem Telefoninterview, "diese Morde sind besonders unheilvolle Zeichen. Es gibt ein Muster, dass alle diese Taten von militanten Kämpfern ausgeführt wurden."

Riaz glaubt, dass die Zukunft des Landes auf dem Spiel steht: "Denn wenn diese Morde weitergehen, wird sich die Gewalt immer weiter ausbreiten und die politische Stabilität und die Wirtschaft bedrohen." Seine Sorgen werden von vielen Menschen in Bangladesch geteilt. Auch sie befürchten, dass der IS seine Versuche intensivieren wird, um unter den Islamisten im Land Fuß zu fassen.