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Politik

Israel will tote Attentäter einbehalten

27. November 2019

Für getötete palästinensische Angreifer sollen künftig die gleichen Regeln gelten wie für Hamas-Mitglieder: Israel will ihre Leichen nicht mehr übergeben. Kritiker wittern einen Verstoß gegen internationales Recht.

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Israel Jerusalem Rettungskräfte nach Anschlagsversuch
Israelische Sicherheitskräfte bergen die Leichen zweier palästinensischer Attentäter in Jerusalem (2016)Bild: Reuters/R. Zvulun

Israel plant, Leichen palästinensischer Attentäter künftig nur noch in Ausnahmefällen an die palästinensischen Behörden zu übergeben. Verteidigungsminister Naftali Bennet (Neue Rechte) habe die Sicherheitskräfte bereits informiert, teilte das Verteidigungsministerium mit. Bevor die Regelung in Kraft tritt, muss noch das Sicherheitskabinett zustimmen. Die Ausnahmen von dieser Regel müssten dann vom Verteidigungsminister angeordnet werden, zum Beispiel, wenn es sich um Minderjährige handelt. Ähnliche Regeln sind bereits für Attentäter der islamistischen Hamas und des Islamischen Dschihad in Kraft.

Kritiker sind entsetzt

Ein Sprecher der Gefangenenkommission der Palästinensischen Autonomiebehörde nannte den Vorstoß gegenüber der Zeitung "Times of Israel" einen Bruch der Genfer Konvention: "Diese Entscheidung schafft keine Abschreckung, sondern stellt eine Kollektivstrafe dar. Das ist unmoralisch, verhindert religiöse Rituale der Bestattung und zielt darauf ab, den Familien psychische Probleme zu bereiten." Das Grundrecht einer Familie sei es, ihre Lieben zu Grabe zu tragen. Auch in Israel melden sich Kritiker zu Wort: Nach Auslegung der Organisation Adalah verstößt Israel mit einer derartigen Praxis gegen internationales Recht.

Naftali Bennett israelischer Politiker
Israels Verteidigungsminister Naftali BennettBild: Getty Images/AFP/J. Guez

Israelische Zeitungen berichten aus diplomatischen Kreisen, die Neuregelung sei von der Familie eines israelischen Soldaten angestoßen worden, dessen Leiche von der Hamas im Gazastreifen einbehalten wurde. In der Vergangenheit hatte Israel in mehreren Fällen Leichen palästinensischer Attentäter zurückgehalten, um sie gegen getötete israelische Soldaten einzutauschen. In anderen Fällen sollte verhindert werden, dass tote Attentäter bei großen Beerdigungen als Märtyrer im Kampf gegen Israel gefeiert würden.

Nach Angaben des Jerusalemer Zentrums für Rechtshilfe und Menschenrechte (JLAC) bewahrt Israel derzeit 51 Leichen von Palästinensern in Kühlhäusern auf.

Frieden außer Sichtweite

Israel hat im Sechs-Tage-Krieg 1967 unter anderem das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen erobert. Die Palästinenser wollen auf diesem Gebiet jedoch einen eigenen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt errichten. Beide Seiten einigten sich im Oslo-Prozess der 1990er-Jahre zwar auf einen Friedensplan, davon scheint die heutige politische Situation jedoch weiter entfernt denn je. Regelmäßig verüben palästinensische Attentäter Anschläge auf israelische Zivilisten und Soldaten, bei denen die Angreifer oft ums Leben kommen.

ehl/stu (dpa, Times of Israel, Jerusalem Post)