1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hängepartie in der Ukraine

26. Februar 2014

Nach dem Umsturz kommt die Regierungsbildung nicht so richtig voran. Die neue Führung ist sich uneins, welches Mitspracherecht die Maidan-Aktivisten erhalten sollen. Die EU warnt vor einer Spaltung des Landes.

https://p.dw.com/p/1BFMd
Maidan-Aktivist (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Ukraine sucht neuen Regierungschef

Die Zeit drängt - der drohende Staatsbankrott hängt wie ein Damoklesschwert über der Ukraine. Dennoch tun sich die verschiedenen Oppositionsströmungen schwer, ein neues Übergangskabinett auf die Beine zu stellen. Das Parlament in Kiew verschob die geplante Abstimmung dann kurzerhand auf Donnerstag.

Als ein Knackpunkt gilt, in wie weit die Aktivisten auf dem Unabhängigkeitsplatz - dem Maidan - in Kiew beteiligt werden sollen. Die Partei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko sprach sich dafür aus, Anführer der Straßenproteste in das künftige Kabinett einzubinden. Arseni Jazenjuk von Timoschenkos Vaterlandspartei kündigte an, es werde keine "Hinterzimmerabsprachen" geben. Der frühere Außenminister gilt selbst als Kandidat für ein Ministeramt. Übergangspräsident Alexander Turtschinow mahnte nochmals eindringlich, am Donnerstag müsse ein "Kabinett des nationalen Vertrauens" stehen.

Kein Ministeramt für Reiche

Die Maidan-Bewegung legte ihrerseits Bedingungen fest. Die 100 reichsten Ukrainer dürften keine Regierungsposten erhalten, hieß es in einer Erklärung. Notwendig seien mindestens sieben Jahre Berufserfahrung. Funktionäre der bisherigen Führung gelten als chancenlos.

Gleichzeitig begann drei Monate vor der für den 25. Mai geplanten Präsidentenwahl die Registrierung der Kandidaten. Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko bekräftigte, dass er Staatschef der Ukraine werden will. Trotz der Kandidatur gilt als denkbar, dass Klitschko auch einen Ministerposten in einer künftigen Übergangsregierung übernimmt. Ihre Bewerbung für das Präsidentamt hat auch die am Samstag aus der Haft entlassene Timoschenko angekündigt. Sie steht wie Klitschko für einen pro-europäischen Kurs.

"Janukowitsch sollte vor Haager Strafgerichtshof"

Mit großer Mehrheit forderte das Parlament den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag dazu auf, dem entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch wegen der Gewalt gegen Demonstranten den Prozess zu machen. Das Tribunal müsse die Verantwortlichen für "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" ermitteln, hieß es.

Die ukrainische Staatsanwaltschaft schrieb den untergetauchten Janukowitsch zur Fahndung aus - wegen des Verdachts auf Massenmord. Laut Opposition hat er die Scharfschützen in Kiew auf Regierungsgegner angesetzt.

EU-Chefdiplomatin Ashton mit Übergangspräsident Turtschinow in Kiew (Foto: dpa)
EU-Chefdiplomatin Ashton mit Übergangspräsident Turtschinow in KiewBild: picture-alliance/dpa

Ukraine braucht noch mehr Geld

Die nahezu bankrotte Ukraine braucht offenbar weit mehr Geld als gedacht. Die von Übergangspräsident Turtschinow genannten 35 Milliarden US-Dollar (rund 25,5 Milliarden Euro) reichten kaum bis Jahresende, sagte Jazenjuk.

Russland stellte nochmals weitere Finanzhilfen für Kiew infrage. Moskau sei "nicht verpflichtet", die restlichen Mittel aus dem im Dezember vereinbarten 15-Milliarden-Dollar-Paket freizugeben, machte Vize-Finanzminister Sergej Storschak in Moskau deutlich.

Finanzhilfen waren auch ein Thema der Gespräche der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Kiew. Sie nannte als Voraussetzung für Hilfen die Bildung einer stabilen Übergangsregierung. Notwendig sei auch ein mit internationalen Organisationen abgesprochener Wirtschaftsplan.

Zugleich rief die EU-Chefdiplomatin die Ukrainer auf, eine Spaltung des Landes zu verhindern. Turtschinow hatte zuvor bereits vor gefährlichen separatistischen Tendenzen gewarnt. Im Westen der Ukraine befürwortet die Mehrheit der Bevölkerung eine engere Anbindung an die EU. Der Osten und Süden orientiert sich eher in Richtung Russland. Die neue Regierung dürfe niemanden ausschließen, mahnte Ashton. Es müsse ein starkes Signal für die territoriale Einheit der Ukraine geben.

se/sti (rtr, afp, dpa)