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Human Rights Watch prangert an

Naomi Conrad, Berlin 21. Januar 2014

Die internationale Gemeinschaft tue zu wenig, um syrische Zivilisten zu schützen, so die Menschenrechtsorganisation. Sie sieht auch Defizite in der EU-Asylpolitik und übt Kritik an den USA und der Ukraine.

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Kenneth Roth von Human Rights Watch (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Raum, in den Human Rights Watch an diesem Dienstag (21.01.2014) geladen hat, um der Hauptstadtpresse seinen Jahresbericht über die Lage der Menschenrechte weltweit vorzustellen, ist überfüllt: Ein Fotograph stolpert über das Stativ eines Kameramanns, etliche Journalisten müssen stehen. Der Bürgerkrieg in Syrien sei wohl die akuteste Krise des vergangenen Jahres gewesen, erklärt Kenneth Roth (Artikelbild), der geschäftsführende Direktor der Menschenrechtsorganisation. Die Gräueltaten, die in Syrien begangen werden, seien Kriegsverbrechen, die vom Regime gezielt verübt würden. Damit sollten Zivilisten zur Flucht gezwungen werden. Roth warf der internationalen Gemeinschaft Versagen vor, angesichts von Berichten von massiver Folter und gezielten Ermordungen. Bislang habe die Syrien-Konferenz, die am Mittwoch in der Nähe von Genf stattfindet, der internationalen Gemeinschaft als Ausrede gedient, nur geringen Druck auf das Regime auszuüben.

Roth zeigte sich jedoch wenig zuversichtlich, dass die Friedensgespräche tatsächlich bald zu einer friedlichen Lösung führen könnten. Deshalb sei es unerlässlich, dass die diplomatischen Bemühungen gleichzeitig auch die Gräueltaten in den Fokus nähmen. Human Rights Watch fordert, dass Syriens Grenzen für humanitäre Hilfen geöffnet und die Verantwortlichen der Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.

USA und Ukraine im Blick

Roth übte auch explizit Kritik an der Obama-Administration: Die US-Regierung habe völlig versagt beim Schutz der Privatsphäre einzelner. Er nahm damit Bezug auf die angekündigte Reform der amerikanischen Geheimdienste, die in den vergangenen Monaten aufgrund von Spähvorwürfen international massiv in die Kritik geraten sind. "Obama wird weiterhin enorme Datenmengen sammeln." Zwar sieht Roth einen gewissen Fortschritt beim umstrittenen Drohnenprogramm, mit dem die USA im Ausland Jagd auf angebliche Terroristen machen. So habe es ein Umdenken in den USA gegeben, dass das Programm strikteren Kontrollen und Gesetzen unterworfen werden müsse. Doch hätten Untersuchungen von Human Rights Watch im Jemen gezeigt, dass dies in der Praxis nicht immer der Fall sei.

Die Menschenrechtsorganisation übte auch Kritik an der Verschärfung des Demonstrationsrechtes und anderen umstrittenen Gesetzen in der Ukraine: Es sei sehr wichtig, dass die EU und die USA ihren Druck auf die Ukraine aufrechterhielten, damit die Regierung die neuen "drakonischen Gesetze" wieder zurücknähmen, so Hugh Williamson von der Europaabteilung der Menschenrechtsorganisation. Roth sprach von "Putinesquen Maßnahmen": Die Gesetze in der Ukraine seien exakt dieselben wie in Russland. Er deutete es als einen sehr positiven und wichtigen Schritt, dass auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Gesetze kritisiert habe. "Das ist die Art Kritik, die er in seiner letzten Inkarnation als Außenminister nur sehr widerwillig gegenüber Russland geäußert hat", erklärte Roth. In der Vergangenheit habe Steinmeier sich an Russland "angebiedert" in der Hoffnung, damit Russland beeinflussen zu können. Dabei habe sich gezeigt, dass Russland nur auf direkte und öffentliche Kritik reagiere, so Roth.

Der HRW-Direktor kritisierte außerdem die Asylpolitik der Europäischen Union. Die EU unternehme mehr, um Flüchtlingsboote davon abzuhalten, nach Europa zu kommen, als die Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Er forderte Europa auf, die Prioritäten umzudrehen. Roth übte außerdem scharfe Kritik an der Diskriminierung von Minderheiten in der EU. Maßnahmen, um etwa Menschen der Roma-Minderheit aus dem Land zu weisen, seien ein Zeichen der wachsenden Intoleranz in Europa. Doch auch die anhaltende Gewalt gegenüber Muslimen in Myanmar oder die Übergriffe gegen Homosexuelle in Uganda oder Russland seien Beispiele dafür, dass der Schutz von Minderheiten in vielen Ländern noch immer nicht gewährleistet sei.