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HQ Trivia - Das Spiel des Sommers

Sophie Schimansky
15. Juli 2018

Die Quiz-App HQ Trivia ist eine Sensation in den USA. Live und nur über das Smartphone spielen knapp eine Millionen Amerikaner seit genau einem Jahr täglich um Geld. Ist das die Zukunft von Social Media?

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HQ Trivia Logo
Bild: HQ Trivia

An einem Abend im Juli letzten Jahres loggten sich 48 Amerikaner zum ersten Mal in die HQ Trivia App ein und ließen sich von einem aufgekratzten Moderator 12 Fragen zu Popmusik, Politik und Geschichte stellen.

Die Fragen fingen einfach an und wurden zügig schwieriger. Spieler um Spieler flog raus, wenn eine Frage falsch beantwortet wurde. Am Ende war nur noch ein Spieler übrig und er sackte den Preis ein: 50 Dollar.

Der erste HQ Trivia Gewinner hieß Jacob, erinnert sich Moderator Scott Rogowsky ein Jahr später in der Abendsendung am 10. Juli. Dieses Mal spielen 632.000 Amerikaner um 5.000 Dollar.

Rogowsky beginnt mit der ersten Frage. Er trinkt dabei einen Cocktail - es ist nationaler Pina Colada Day. Der Comedian weiß das in seine Moderation einzubauen. Die Spieler nennt er seine HQties, gesprochen HCuties.

Screenshot der Smartphone App HQ Trivia
Scott Rogowsky, Moderator von HQ Trivia (Screenshot)Bild: App HQ Trivia/DW, S. Schimansky

Die Zeit steht still

Die Hysterie um das Spiel nimmt kein Ende. Nur zweimal täglich wird gespielt, um 15 und um 21 Uhr Ostküsten-Zeit. Jede Sendung dauert rund 20 Minuten.

Das setzt Planung voraus. Unternehmen berichten von verschobenen Telefonkonferenzen und Sitzungen, weil die Mitarbeiter die Nachmittagsrunde spielen wollen.

Auf dem Börsenparkett der New Yorker Börse herrscht eigentlich Handyverbot. Und doch huschen einige Händler um drei Uhr nachmittags ins Treppenhaus und stecken die Köpfe über ihren Smartphones zusammen.

Gerade für Familien sind Quiz-Sendungen eine Institution im US-Fernsehen. Sendungen wie "Jeopardy" und "Wheel of Fortune" haben nach einem halben Jahrhundert noch immer ein Millionenpublikum und bringen den Sendern Werbeeinnahmen.

Das Spiel macht süchtig

Und doch sind Chris und seine Frau Rebecca inzwischen umgestiegen - von Fernseh-Quizshows auf HQ. Selten komme die Familie zusammen, um gemeinsam Fernsehen zu schauen. Das gemeinsame Spiel abends um neun aber ist bei ihnen zu einer Tradition geworden, sagt Chris.

Die fünfköpfige Familie aus Brooklyn unterbricht auch schon mal ihr Abendessen mit Freunden, um gemeinsam die 12 Fragen zu bewältigen - jeder auf seinem Smartphone, so dass bei Unsicherheit alle eine andere Antwort angeben können. Dafür haben sie jeweils nur 10 Sekunden Zeit - nicht genug, um schnell etwas zu googeln oder nachzulesen.

Die Fragen haben es in sich. Beispiel: "Welchem General des US Militärs wurde zuletzt ein 5-Sterne-Abzeichen vergeben?" Nur einmal habe sein Sohn es geschafft, zu gewinnen. Meist scheide das letzte Familienmitglied spätestens bei der vorletzten Frage aus. Und doch mache das Spiel süchtig, sagt Chris.

Aktiver als das TV-Quiz

Moderator Rogowsky erklärt die Beliebtheit von HQ in einem TV-Interview so: "Im Fernsehen kann man den Kandidaten nur zuschauen, bei uns können die Leute mitmachen."

Und eben auch Geld gewinnen. Wobei die Beträge oft lächerlich gering sind. Im Schnitt machen 700.000 Spieler mit, die Sieger teilen sich den Gewinn.

Weil sie sich lautstark über 11,30 Dollar freute, wurde Lauren May zur Internet-Berühmtheit. Das Video ihres Freudentanzes verbreitete sich viral und Showmasterin Ellen Degeneres lud sie daraufhin in ihre Talkshow ein. "Es geht nicht um das Geld, es geht um den Wissensdurst der Spieler", sagte Gründer und CEO Rus Yusupov in einem Interview.

Screenshot der Smartphone App HQ Trivia
Reich werden kann mit der richtigen Antwort nicht (Screenshot)Bild: App HQ Trivia/DW, S. Schimansky

Dahinter steckt viel Geld - und Marken

Hinter der App steckt das Unternehmen Intermedia Labs. Und das hat sich im Gegensatz zu den Spielern ein lukratives Geschäftsmodell erarbeitet. HQ Trivia hat sich zu einem Werbewunder entwickelt. Im Gegensatz zu anderen Tech-Firmen verkaufe sein Unternehmen nicht private Daten, sondern mache Werbung für Dinge, die Menschen tatsächlich interessierten, schrieb Gründer Yusupov im April auf Twitter.

Tatsächlich nutzt Intermedia Labs vor allem Sponsorengelder von Marken wie Nike. Im März stellt die von Nike gesponserte HQ-Sendung einen neuen Rekord auf: 1,7 Millionen Spieler waren online, um zusätzlich zum Preisgeld ein Paar Schuhe zu gewinnen.

Nike-Kommunikationschefin Sandra Carreon-John sagte danach, HQ sei ein "Erfolg für Nike". Die Produktionsfirma Warner Bros. zahlte angeblich drei Millionen Dollar, um als Sponsor von HQ-Spielen drei neue Filme zu vermarkten. Der Fernsehsender NBC stellte am 14. Mai fast das gesamte Preisgeld von 50,000 Dollar und erweiterte den Preis um eine Reise zum Finale der Fernsehshow "The Voice". Moderiert wurde die Quizsendung von den Juroren der Singshow.

Geld von Investoren sorgt für Aufsehen

Die Gründer sammeln aber auch Wagniskapital bei Investoren ein. Inzwischen hat es HQ so auf eine Unternehmensbewertung von mehr als 100 Millionen Dollar gebracht.

Zu den Investoren gehört auch der Tech-Investor Peter Thiel. 15 Millionen Dollar steckte sein "Founders Fund" in das Spiel und löste damit Empörung aus.

Thiel ist erklärter Unterstützer von US-Präsident Trump, vor dessen Amtsantritt gehörte er zu seinem Übergangsteam. Nachdem Thiels Einstieg bei HQ bekannt wurde, riefen Trump-Gegner unter dem Hashtag "Loesch HQ" zum Boykott auf.

Dem Erfolg des Spiels hat das offenbar keinen Abbruch getan. Allein in Apples App-Store wurde das Spiel fast acht Millionen Mal heruntergeladen. Seit April wächst die Zahl der Downloads allerdings langsamer.

Dem Quiz fürs Smartphone ist es gelungen, ein erfolgversprechendes Einnahme-Modell für soziale Medien zu schaffen. "Das Wettrüsten im Bereich der Apps, die süchtig machen, ist möglicherweise die wichtigste wirtschaftliche und soziale Entwicklung unserer Zeit", sagt Gabe Zichermann. Der Gamification-Experte berät Firmen, wie sie mit Spiel-Elementen das Interesse für ihre Waren und Dienstleistungen erhöhen können.

Facebook will mitspielen

Natürlich ruht auch die Konkurrenz nicht, insbesondere Facebook. Der Konzern hat Mitte Juni neue Funktionen angekündigt und bemüht sich nicht einmal, den Angriff auf HQ Trivia zu verschleiern.

"Videogucken muss nicht passiv sein", schreibt der Konzern. "Viele Formen traditioneller Unterhaltungsformate" könnten neu erfunden werden, darunter auch "Spielshows" oder "Reality-TV".

Live Videos auf Facebook sollen deshalb bald mit Fragen und klickbaren Antworten kombiniert werden können. Damit wäre der Grundstein gelegt für Formate, die HQ Trivia Konkurrenz machen - aber eben innerhalb des weltgrößten "sozialen Netzwerks" laufen.