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Politik

Hilfswerke fordern Kurswechsel in Asylpolitik

18. März 2021

Vor fünf Jahren schloss die EU mit der Türkei den Flüchtlingspakt. Acht Hilfsorganisationen halten ihn für gescheitert und verlangen ein Umdenken.

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Infomigrants | Griechenland Moria Flüchtlingslager
Starker Regen hat mal wieder die Zelte des berüchtigten Lagers Kara Tepe auf Lesbos unter Wasser gesetztBild: Infomigrants

In einem offenen Brief verlangen acht Hilfsorganisationen ein grundlegendes Umsteuern der europäischen Flüchtlingspolitik. Mit ihrem Asyl- und Migrationspakt betreibe die EU eine Abschottungspolitik gegenüber Schutzsuchenden, erklärt das Bündnis zum fünften Jahrestag des Abkommens mit der Türkei. Der Flüchtlingspakt dürfe in dieser Form nicht weitergeführt werden. Die darin festgehaltenen Regelungen zu Rückführungen von Flüchtlingen oder Übergangsphasen berücksichtigten die Bedürfnisse der Schutzsuchenden nicht und hebelten zudem geltendes EU-Recht teilweise aus.

"Katastrophale Lebensbedingungen in den Aufnahmelagern für Geflüchtete, illegale Pushbacks an den europäischen Außengrenzen und schleppende Asylverfahren für Schutzsuchende" seien die Folgen dieses Abkommens, kritisieren die Organisationen.

Kein Weg in die Sicherheit

Insbesondere die Lage in den Aufnahmelagern auf den griechischen Inseln zeige, wie dramatisch die Lage der Flüchtlinge sei. "Sie schlafen in unbeheizten Zelten oder Containern und haben nur begrenzten Zugang zu fließendem Wasser und Strom. Vor allem Frauen berichten uns, dass sie sich nicht sicher fühlen, dass sie Gewalt, Belästigung und Ausbeutung ausgesetzt sind", sagte der Oxfam-Experte für EU-Migration, Raphael Shilhav. "Die EU versperrt mit ihrer Politik Schutzsuchenden systematisch den Weg in die Sicherheit."

Deutschland Migranten aus Moria landen in Hannover
Im September 2020 kommen unbegleitete minderjährige Migranten aus dem griechischen Lager Moria in Hannover anBild: Julian Stratenschulte/dpa/picture-alliance

In ihrem offenen Brief fordern die Hilfswerke, niemand dürfe inhaftiert werden, weil er um Asyl bitte. Asylsuchende müssten unter menschenwürdigen Bedingungen leben. Die EU dürfe ihre "Menschenrechtsverpflichtungen" nicht durch die Schaffung einer Übergangsphase umgehen, in der das EU-Asylrecht nicht vollständig gelte. Asylsuchende, die europäisches Territorium erreichten und Asyl beantragten, müssten ohne Ausnahme den Schutz durch EU-Recht und nationale Gesetze genießen.

Externe Kontrolle notwendig

Außerdem verlangen die Organisationen, Asylsuchende müssten Zugang zu rechtlichem Beistand erhalten. Überfällig sei ferner eine wirksame unabhängige Aufsicht: Externe Kontrolleure wie Parlamentarier und Nichtregierungsorganisationen müssten Zugang zu den Migrantenlagern haben. Auch solle die EU unabhängige Kontroll- und Beschwerdemechanismen schaffen. Zu den Unterzeichnern des Appells gehören unter anderem Caritas Europa, Amnesty International, Human Rights Watch und Oxfam.

Griechenland/Türkei: Illegale Push-Backs von Migranten

Am 18. März 2016 hatte die EU mit der Türkei ihren Flüchtlingspakt geschlossen. Die Regierung in Ankara sicherte zu, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach ihrerseits beschleunigte Verhandlungen über die Abschaffung des Visa-Zwangs für türkische Bürger und den EU-Beitritt sowie Gespräche über eine Ausweitung der Zollunion. Zudem verpflichtete sich die EU zur Zahlung von sechs Milliarden Euro zur Versorgung von Millionen syrischen Flüchtlingen in der Türkei.

kle/gri (kna, afp, dpa)