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Heuschrecken nehmen Kurs auf Sudan

Markus Grunwald31. August 2004

Für die Flüchtlinge im Westsudan kündigt sich am Horizont ein neues Schreckensszenario an: Nachdem in Darfur eine Millionen Menschen vertrieben und 50.000 getötet wurden, droht ihnen jetzt eine Heuschreckenplage.

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Zurzeit ist Mauretanien von der Plage am stärksten betroffenBild: AP

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Westsudan von einer Heuschreckenplage heimgesucht wird, ist sehr hoch", sagt Keith Cressman von der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (UN) im Gespräch mit DW-WORLD. Und diese Bedrohung sei akut. "Wenn es passiert, dann passiert es jetzt. Ende August, Anfang September könnten die Schwärme über den Tschad in die Darfur-Region vordringen", so Cressman. "Bis jetzt ist die Situation zum Glück noch ruhig."

Lebensgrundlage zerstört

Das würde die Situation der rund zwei Millionen Menschen, die dort von dem Bürgerkrieg betroffen sind, weiter verschlechtern. Obwohl die Regenzeit begonnen hat, wagen es viele der Vertriebene nicht, nach Hause zu gehen, um ihre Felder zu bestellen. Sie fürchten die Angriffe der von der sudanesischen Regierung unterstützten Reitermilizen.

"Das Resultat ist ein Nahrungsengpaß für die dort lebende Bevölkerung", so Cressman. Diese Situation würde durch eine Heuschreckeplage natürlich verstärkt werden. Die Insekten würden die ganze Vegetation und die letzten Nahrungsquellen der Gegend kahl fressen. Hinzu kommt, dass Bauern keine Nahrung mehr für ihr Vieh finden würden. Die Lebensgrundlage der dortigen Bevölkerung wäre völlig zerstört.

Heuschrecken in Mauritanien
Sie sind überallBild: AP

Außergewöhnlich starke Regenfälle in Westafrika im letzten Jahr leiteten die Heuschreckenplage ein. "Hohe Temperaturen gepaart mit einer hohen Luftfeuchtigkeit führte dazu, dass dort ungewöhnlich viele Heuschreckenlarven schlüpften", sagt Yunjie Zheng zu DW-WORLD. Zheng arbeitet für die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) der UN.

Die WMO beobachtet zurzeit globale Wetterbedingungen wie Temperaturen, Luftfeuchtigkeit, Stärke und Richtung des Windes, um die Entwicklung und Bewegungen der Heuschreckenschwärme vorhersagen zu können. "Auf diese Weise können wir frühzeitig Warnungen aussprechen. So haben die Leute in den betroffenen Regionen die Möglichkeit, Gegenmaßnahmen vorzubereiten", so Zheng. Falls die betroffenen Länder die finanziellen Mittel dafür haben, was bei vielen Ländern Afrikas nicht der Fall ist.

Schwärme kommen in Wellen

So nahm die Heuchscheckenplage auf den Cap Verden und in Mauretanien im Juni 2004 seinen Anfang. Nachdem die Heuschrecken im Nordwesten Afrikas schlüpften, machen sie sich jetzt über die landwirtschaftlichen Anbaugebiete im Süden Mauretaniens her. Die Schwärme kommen in Wellen. Manche von ihnen sind über 40 Kilometer lang und bestehen aus mehreren Milliarden Heuschrecken. Wie schwarze Wolken verdunkeln sie den Himmel und fressen alles auf, was grün ist.

"Wir verfügen nicht über die Mittel, um diese Plage zu bekämpfen. Wir haben weder Geld noch Pestizide, welche wir gegen die Tiere einsetzen könnten", meldet Jacob Habab vom nationalen Heuschreckenzentrum in Mauretanien den Vereinten Nationen. "Die Nahrungsgrundlage der Menschen hier ist zerstört, uns droht eine Hungerkatastrophe."

Heuschrecken in Nigeria
Auch die Farmer in Nigeria werden von den Insekten heimgesuchtBild: AP

Mittlerweile hat die UN die internationale Gemeinde aufgerufen, den betroffenen Ländern zu helfen. In kürzester Zeit standen 32 Millionen Dollar zu Verfügung, um Flugzeuge und Fahrzeuge zum Sprühen von Pestiziden zu mobilisieren. Aber unter Kontrolle sei die Situation noch lange nicht. "Wir brauchen mindestens 100 Millionen Dollar und im September schlüpft im Nordwesten Afrikas die nächste Heuschrecken-Population", so Cressman.

Schwarze Wolken

Ausgehend von Mauretanien sind die Länder Mali, Niger und Senegal betroffen. Mittlerweile wurden schon die ersten Heuschreckenschwärme aus Burkina Faso und Nigeria gemeldet. Auch den Westen und Nordwesten des Tschads haben sie erreicht. Und als nächstes drohen sie, als gewaltige schwarze Wolken den Himmel über dem Westsudan zu verdunkeln.