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Hartz IV in der Kritik

18. Februar 2010

Die OECD hat in einer Studie herausgefunden, dass die staatliche Unterstützung für Arbeitslose in Deutschland im europäischen Vergleich im "unteren Mittelfeld" angesiedelt ist.

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OECD Logo im vordergrund, dahinter Arbeitslose vor einem Arbeitsamt. (Foto:DW/dpa)
OECD: Kaum Chancen für Hartz IV - EmpfängerBild: dpa/DW

Die "Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit" (OECD) hat ihre 29 Mitgliedsländer, zu denen neben den meisten europäischen Staaten auch die USA, Kanada, Chile, Neuseeland, Südkorea, Mexico, Australien und Japan gehören, miteinander verglichen. Die Studie sollte herausfinden, wie Langzeitarbeitslose und ihre Familien abgesichert sind. Ihr am Donnerstag (18.02.2010) vorgestelltes Ergebnis ist überraschend und wird die aktuelle Diskussion um die Neuberechnung von Hartz IV – Sätzen für Kinder und Jugendliche in Deutschland beeinflussen.

Demonstranten protestieren im November 2005 in Berlin gegen die Hartz IV-Gesetze.(Foto:AP)
Protest gegen die so genannte Hartz IV - Gesetzgebung gibt es seit ihrer Einführung im Januar 2005Bild: AP

Geringe Anreize

Die hohe Steuern- und Abgabenlast in Deutschland – so die OECD – Forscher – sei dafür verantwortlich, dass nur wenige Menschen von Hartz IV in existenzsichernde Jobs wechseln könnten. So muss nach OECD-Berechnungen ein Alleinerziehender oder ein verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern ein Einkommen von mehr als 60 Prozent des Durchschnittslohns erzielen, um mehr Nettoeinkommen als die sozialen Transferleistungen zu erzielen. Herwig Immervoll, OECD-Ökonom, sagte, es sei in Deutschland schwer, durch Erwerbsarbeit im Niedriglohnsektor über die Armutsgrenze zu gelangen. Solange aber dies dem Einzelnen nicht gelingt, bleibt er weiter auf Hartz IV – Leistungen angewiesen.

Ein Mann schaut im Februar 2009 nach Sperrmuell an einer Strasse in Duisburg. (Foto:AP)
Endstation Sperrmüll: In Deutschland gibt es kaum einen Ausweg aus der ArmutsfalleBild: AP

OECD-Vergleich

Die OECD hat aber auch andere Kriterien miteinander verglichen und dabei ein für Deutschland keineswegs schmeichelhaftes Ergebnis herausgefunden. So erhalte ein alleinstehender Durchschnittsverdiener unmittelbar nach Verlust seines Arbeitsplatzes 60 Prozent des letzten Nettolohns. In Frankreich hingegen seien es 66 Prozent und in Luxemburg sogar 80 Prozent. Noch größer wird nach den Erkenntnissen der OECD die Spanne bei den alleinstehenden Geringverdienern. In dieser Sparte landet die Bundesrepublik nur noch im "unteren Drittel".

Politische Debatte

Bundesaussenminister Guido Westerwelle vor seiner Rede beim politischen Aschermittwoch der FDP am 17. Februar 2010 in Straubing, Bayern ein Glas Wasser. (Foto:apn)
Guido Westerwelle: "Sozialstaat neu aufstellen."Bild: AP

Die Ergebnisse der OECD – Studie wurden von den Parteien unterschiedlich bewertet. Die FDP, deren Vorsitzender Guido Westerwelle gerade eine lautstarke Sozialstaats-Debatte führt, fühlt sich bestätigt. Da es für Langzeitarbeitslose nur wenig Beschäftigungsanreize gebe, sei es sinnvoll die Hinzuverdienstmöglichkeiten zu verbessern.

Markus Kurth, sozialpolitischer Sprecher der Grünen, wertete die OECD-Ergebnisse hingegen als Beleg für die Notwendigkeit, die Hartz IV – Sätze neu und transparent zu berechnen. Gleichzeitig plädierte er für weitere gesetzliche Mindestlöhne, um gerade im Niedriglohnsektor die Einkommensmöglichkeiten zu verbessern.

Autoren: Matthias von Hellfeld/Natalia Karbasova

Redaktion: Hajo Felten