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Politik

GroKo: Verhandeln ohne Erfolgsgarantie

26. Januar 2018

120 Tage nach der Bundestagswahl sind CDU, SPD und CSU in die Koalitionsverhandlungen gestartet. Viel Zeit wollen sie sich nicht geben, der Druck ist groß. Ob es klappt, ist nicht garantiert. Sabine Kinkartz berichtet.

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Deutschland Koalitionsverhandlungen CDU-Zentrale
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Auftakt der GroKo-Gespräche

Sie will diese Koalition. Unbedingt. Das signalisiert Angela Merkel an diesem Freitag nicht allein durch die Wahl ihrer Garderobe. Ganz in schwarz und rot gekleidet eilt sie kurz vor 9 Uhr in die CDU-Zentrale in Berlin. Exakt vier Monate nach der Bundestagswahl startet Merkel ihren finalen Versuch, doch noch eine stabile Bundesregierung auf die Beine zu stellen, die im Bundestag eine Mehrheit hat. Zum Auftakt der Koalitionsgespräche hat sie die Parteivorsitzenden von CSU und SPD, Horst Seehofer und Martin Schulz ins Konrad-Adenauer-Haus eingeladen.

"Zügig" werde man jetzt verhandeln, kündigt die CDU-Vorsitzende an, darauf werde sie achten. "Die Menschen erwarten, dass wir in Richtung einer Regierungsbildung kommen." Mit den Sondierungsergebnissen gebe es "einen sehr guten Rahmen" für das, was in den Koalitionsgesprächen jetzt noch zu leisten sei. "Mir geht es darum, jetzt noch deutlicher herauszuarbeiten, was die Zukunftsimpulse für Deutschland sind, denn wir erleben, dass der Rest der Welt sich sehr schnell voran bewegt."

Angela Merkel zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen - MP3-Stereo

Die Digitalisierung vorantreiben, Planungsverfahren beschleunigen und die Start-up-Szene unterstützen, das sind die Stichworte, die Merkel in ihrem eineinhalbminütigen Statement nennt.

Die Wirtschaft ist unzufrieden

Ganz bewusst stellt sie damit wirtschaftspolitische und technologische Themen in den Vordergrund. Hatte doch der Bundesverband der Deutschen Industrie gerade erst die Sondierungsergebnisse harsch kritisiert. "Was bisher auf dem Tisch liegt, ist noch keine tragfähige Geschäftsgrundlage für eine wirtschaftspolitisch erfolgreiche Legislaturperiode", so BDI-Chef Dieter Kempf. "Die Parteien dürfen in den Koalitionsverhandlungen nicht einfach das Sondierungspaket neu etikettieren. Sie müssen jetzt das Paket aufschnüren und um ganz neue Inhalte und Impulse ergänzen."

Der Wirtschaft gefällt es gar nicht, dass sich die bisherigen Gespräche zwischen Union und SPD vor allem um sozialpolitische Themen gedreht haben. Mit Blick auf die Befindlichkeiten in der SPD wird sich daran allerdings kaum etwas ändern lassen. Nach dem Bundesparteitag der Sozialdemokraten seien die Verhandlungen nicht leichter geworden, davon gehe er jedenfalls aus, sagt CSU-Chef Horst Seehofer und spielt damit auf das äußerst knappe "Ja" der Genossen zu den Sondierungsergebnissen an.

Horst Seehofer zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen - MP3-Stereo

Die SPD muss liefern

Nur 56 Prozent der Delegierten hatten am vergangenen Sonntag für die Aufnahme formaler Koalitionsverhandlungen gestimmt. Es wären sicherlich noch weniger gewesen, wenn SPD-Chef Martin Schulz und die Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles dem Parteitag nicht versprochen hätten, über die Sondierungsergebnisse hinaus nachzuverhandeln "bis es quietscht".

Doch wie weit will und kann die Union der SPD noch entgegenkommen? Aus der Union kommen bereits Warnungen, CDU und CSU dürften sich nicht bis zur Unkenntlichkeit verbiegen. Die Genossen fordern den Ausstieg aus der Zwei-Klassen-Medizin, die Abschaffung befristeter Arbeitsverträge, so es keinen Grund für die Befristung gibt und Nachbesserung beim Familiennachzug für Flüchtlinge. Die Linie der SPD sei es, mit einer neuen Regierung Deutschland "nach innen gerechter und moderner" zu machen, so Martin Schulz.

Martin Schulz zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen - MP3-Stereo

Der SPD-Chef ist nach den Querelen in den letzten Wochen erkennbar angeschlagen. Aufgeben will er aber offensichtlich nicht. Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" will sogar wissen, dass Schulz im zukünftigen Kabinett einen Ministerposten anstrebt, sich also nicht allein auf die Parteiführung beschränken will. Das wäre eine klare Abkehr von seiner früheren Linie. "In eine Regierung von Angela Merkel werde ich nicht eintreten", hatte der SPD-Vorsitzende gesagt.

Die GroKo ist noch nicht in trockenen Tüchern

Die Gesprächs-Runde um Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz wurde noch am Vormittag um weitere Spitzen-Politiker zu einer 15-köpfigen "Steuerungsgruppe" erweitert. Ab 15 Uhr nehmen die insgesamt 19 Arbeitsgruppen ihre Arbeit auf, die auch am Wochenende tagen wollen. Die Zeit drängt, denn in zwei Wochen will man fertig sein. Auf einer Klausurtagung am Wochenende des 3. und 4. Februar soll es "abschließende Beratungen" geben. Am 4. Februar soll der Koalitionsvertrag stehen. Wenn es eng wird, will man sich noch zwei weitere Tage geben, mehr aber nicht, heißt es aus der Union. "Unser Ziel ist es, dass wir vor den Karnevalstagen in Deutschland diese Verhandlungen abschließen können", so Horst Seehofer. Das verwundert nicht. Wer will sich im Karneval schon zur Zielscheibe närrischen Spotts machen?

Malu Dreyer, die für die SPD verhandelnde Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, scheint das nicht so wichtig zu sein. "Wir strengen uns an, aber wie heißt es so schön: Gründlichkeit kommt vor Eile. Wir wollen echt auch ein gutes Ergebnis haben." Ein Ergebnis, über das am Ende knapp 440.000 SPD-Mitglieder abstimmen werden. Fällt der Koalitionsvertrag bei ihnen durch, dann dürfte das für alle beteiligten Politiker extremere Folgen haben als nur ein paar karnevalistische Scherze.