1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Proteste gegen Urteil im Fall Halimi

25. April 2021

Vor vier Jahren sorgte die Ermordung der Jüdin Sarah Halimi in Paris für Aufsehen. Nun verursacht eine Entscheidung des Kassationsgerichts zu dem Fall heftige Proteste.

https://p.dw.com/p/3sYWv
Frankreich Protest nach Urteil | Sarah Halimi
Eine Protestaktion zum Fall Halimi in der Stadt Lyon Bild: Philippe Desmazes/Getty Images/AFP

In Paris und anderen französischen Städten wie Marseille, Lyon und Straßburg haben mehr als 25.000 Menschen gegen einen Beschluss der französischen Justiz im Fall des Mordopfers Sarah Halimi protestiert, wie das Innenministerium mitteilte. "Der Aufschrei hat sich erhoben und die Hoffnung ist zurückgekehrt. Diese Hoffnung sind Sie alle hier", sagte Halimis Bruder William Attal vor tausenden Demonstranten auf der Trocadero-Promenade in Paris. An der Kundgebung nahm auch der Abgeordnete Christophe Castaner teil, der die Partei "Republik im Aufbruch" von Präsident Emmanuel Macron anführt. Auch die ehemalige First Lady Frankreichs, Carla Bruni, Ehefrau von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, gehörte zu den Demonstranten.

In Israel versammelten sich Hunderte von Menschen vor der französischen Botschaft in Tel Aviv und schwenkten französische und israelische Flaggen sowie Plakate mit Slogans wie "Schande über Frankreich". "Ich schäme mich, Französin zu sein, das Frankreich meiner Kindheit gibt es nicht mehr", sagte Roselyne Mimouni, eine französisch-israelische Rentnerin. An der Kundgebung nahmen Abgeordnete des gesamten politischen Spektrums teil. Die israelische Diaspora-Ministerin Omer Yankelevitch nannte die Entscheidung des Gerichts "absurd, skandalös und gefährlich".

Frankreichs Juden fliehen

Täter in psychiatrischer Behandlung

Im April 2017 hatte ein 27-jähriger Nachbar Halimis unter "Allah-Akbar"-Rufen (Gott ist groß) auf die 65-jährige Jüdin eingeprügelt, dabei Koranverse zitiert und sie über die Balkonbrüstung ihrer Sozialwohnung im Pariser Osten in die Tiefe gestürzt. Er wurde jedoch wegen einer Psychose infolge von Cannabis- und Alkoholkonsum vor Gericht für unzurechnungsfähig erklärt und sitzt nun für mindestens 20 Jahre in der Psychiatrie.

Die Hinterbliebenen der jüdischen Frau klagten dagegen, unterlagen jedoch vergangene Woche vor dem Pariser Kassationshof, der obersten juristischen Instanz Frankreichs. Sie wollen nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ziehen, um doch noch einen Prozess gegen den Täter zu erreichen.

Baldige Gesetzesänderung

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo kündigte im Sender BFMTV an, dass eine Straße der Hauptstadt den Namen von Sarah Halimi tragen werde. Justizminister Éric Dupond-Moretti stellte für den kommenden Monat einen Gesetzesentwurf in Aussicht, um die Rechtslücke, die im Fall Halimi deutlich geworden sei, zu schließen. "Diese tragische Geschichte, die uns alle geprägt hat, wird unser Recht voranbringen", teilte er via Twitter mit.

Schon vor rund einer Woche hatte sich Staatspräsident Emmanuel Macron für eine Gesetzesänderung stark gemacht. Er sagte der Zeitung "Le Figaro", Täter wie im Fall Halimi dürften nicht mehr wegen Drogenkonsums für schuldunfähig erklärt werden. "Wenn sich jemand für den Rauschgiftkonsum entscheidet und durchdreht, darf das in meinen Augen nicht seine strafrechtliche Verantwortung mindern", betonte Macron.

kle/wa (afp, dpa)