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Goldbeck - Bauen mit System

Insa Wrede
11. Oktober 2020

Beim Bauunternehmen Goldbeck floriert das Geschäft seit Jahrzehnten - auch in Krisenzeiten. Nachhaltigkeit ist ein Grundgedanke - auch bei der neuen Tesla-Fabrik. Die beiden Brüder Goldbeck erklären, wie das geht.

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Goldbeck-Produktionshalle in Plauen
Bild: Goldbeck GmbH

Die Idee ist nicht großartig neu und ist vielen schon seit der Kindheit bekannt. Bauen nach dem Lego-Prinzip. Dabei gibt verschiedene Systembauteile, alle einheitlich genormt und ineinander passend, die aber auf ganz unterschiedliche Weise zu sehr individuellen Bauten zusammengesetzt werden können. Der Schritt, dieses Prinzip vom Kinderzimmer auf die reale Baustelle zu holen, war trotzdem etwas Besonderes.

"Wir wurden viele Jahre mit unserem Ansatz ein Stück weit von der gesamten Branche belächelt. Da hieß es schon mal abfällig, 'na ja, die bauen ja mit System'. Das ist ja nicht vollwertig vergleichbar mit dem Massivbau, der viele Jahre lang das beherrschende Thema war ", erzählt Jörg-Uwe Goldbeck. Er ist einer von drei Brüdern, die das Unternehmen vor 13 Jahren vom Vater übernommen haben.

BdTD | Deutschland Tesla Gigafactory Grünheide
Arbeiten an der Fabrik des E-Auto-Pioniers Tesla in Grünheide bei Berlin. Nur Systembau macht schnelles Bauen möglich.Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Heute lächelt wohl kaum noch jemand über den Systembau, denn das Familienunternehmen ist ungemein erfolgreich. Grund zum Lachen haben vor allem die Goldbecks selber, denn stetig ging es bergauf. Allein im Geschäftsjahr, dass bis zum Lockdown Ende März 2020 ging, erwirtschaftete das Bauunternehmen einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro. In dieser Zeit sorgten 7800 Mitarbeiter an über 70 Standorten in Deutschland und Europa dafür, das rund 500 Bauprojekten realisiert wurden. Produktions- und Lagerhallen, Bürogebäude, Parkhäuser und Schulen - heute gehört Goldbeck zu den führenden Unternehmen im Bereich Gewerbebau.

Bei Goldbeck wird nach dem Legostein-Prinzip gebaut | Bauunternehmen Goldbeck
Bei Goldbeck wird nach dem Legostein-Prinzip gebautBild: Goldbeck

Systemelemente unter optimalen Bedingungen gefertigt

"Die Idee zum Systembau ist schon in den 1970er Jahren entstanden", erklärt Jörg-Uwe Goldbeck. Beim Bauen seien immer wieder Fehler aufgetreten. "Die wollten wir vermeiden und trotzdem nicht jedes Mal das Rad immer wieder neu erfinden müssen", so Goldbeck. "Daher haben wir eine Methode überlegt, die die Dinge, die der Kunde nicht als Individualisierung nötig hat, zum Beispiel eine bestimmte Anordnung des Tragwerks, dass diese Dinge systematisiert werden, so dass man bestimmte Muster hat, die sich immer wiederholen."

Deutschland | Bauunternehmen Goldbeck
Aus Systemelementen können sehr individuelle und moderne Gebäude entstehenBild: Goldbeck/Guido Erbring

Dadurch werden Gebäude quasi aus einem Baukasten voller flexibel einsetzbarer Systemelemente geplant und später von eigenen Monteuren zusammenbaut. Solche Systemelemente sind beispielsweise Fassadenteile inklusive Fenster, Sonnenschutz oder Türen. Außerdem Bodenteile, Trägerelemente aus Stahl und Betonfertigteile. Sie werden in den Goldbeck eigenen Fabrikanlagen vorgefertigt und das im industriellen Maßstab, hochautomatisiert. Ein Vorteil: Die Vorproduktion kann unter optimalen Bedingungen stattfinden, die es schon allein aufgrund von Wind und Wetter auf keiner Baustelle so geben würde. 

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In eigenen Fabriken fertigt Goldbeck Systemelemente unter optimalen Bedingungen unter Einsatz von RoboternBild: Goldbeck/Uwe Löscher

"Wichtig ist gar nicht mal, was wir genau fertigen, sondern vor allem, wie wir es fertigen und das wir immer versuchen, unseren eigenen Stempel aufzudrücken", sagt Jan-Hendrik Goldbeck, der wie sein Bruder ebenfalls im Familienunternehmen tätig ist. Da sind zum Beispiel die Parkhausplatten, auf denen im fertigen Parkhaus die Autos stehen.

"Wir haben über Jahre daran geforscht, wie wir eine spezielle Rezeptur des Betons so hinbekommen, das Wasser nicht in die Oberfläche eindringen kann", erzählt Jan-Hendrik Goldbeck. "Bei den so entstandenen Platten kann man die Beschichtung weglassen. Und wenn ich nicht alle paar Jahre nachbeschichten muss, ist das nachhaltiger und senkt auch die Betriebskosten."

Deutschland | Bauunternehmen Goldbeck
Parkhaus des Bauunternehmens GoldbeckBild: Goldbeck/Makis Foteinopoulos

Überleben mit System

Jahrelang ging es der Baubranche insgesamt blendend. Die Nachfrage war größer als das Angebot. Dann aber brach Mitte der 1990er Jahre der Markt ein. Es folgten zehn Jahre Krise auf dem Bau - für viele Bauunternehmen war das das Aus, den Goldbecks aber ging es weiterhin gut. Sie konnten sich mit dem Prinzip Systembau und mit der Expansion ins europäische Ausland über die Krise hinweg helfen.

Gebäude über den gesamten Lebenszyklus zu denken, das sei entscheidend sagt Jan-Hendrik Goldbeck. Dabei ruhen sie sich nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit aus. "Wichtig ist, dass wir die Kompetenz haben, Projekte ganzheitlich vom ersten Gedanken über die Planung und Fertigstellung bis zum tatsächlichen Betrieb zu optimieren."

Forschung und Entwicklung

Für die Optimierung am Bau wird einiges getan. So gibt es eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung im Unternehmen, es wird der Kontakt zu über 80 Lehrstühlen in Deutschland gepflegt. Daneben arbeitet Goldbeck mit verschiedenen Instituten wie der Fraunhofer Gesellschaft oder auch Hochschulen wie der Stanford University oder dem Karlsruhe Institut of Technology bei bestimmten Forschungsprojekten zusammen und finanziert Stiftungsprofessuren.

Deutschland | Bauunternehmen Goldbeck
Hier werden Systemelemente pulverbeschichtet bevor sie auf die Baustelle kommenBild: Goldbeck/Martin Brockhoff

Selbst im Silicon Valley hat Goldbeck eine kleine Truppe sitzen. Hier sei nun mal einfach ein Schmelztiegel der intellektuellen Elite für Forschung und Entwicklung. "Wir wollen da einen eigenen Standort etablieren, damit wir nicht von den Leuten vor Ort wahrgenommen werden wie diese typischen Silicon Valley-Touristen, die einmal kurz hinkommen, um dann nachher große Geschichten zu erzählen", sagt Jan-Hendrik Goldbeck. "Wir wollten das Signal setzen: Wir sind gekommen, um zu bleiben."

Vor allem wollen sie auch von den viele kleine Teiltechnologien, die im Silicon Valley erfunden werden, mit profitieren und so das automatisierte Planen, industrielle Abläufe in der Fabrik und auf den Baustellen zu verbessern. Zudem gebe es hier viele Startups, mit denen sich eine Zusammenarbeit lohnen könnte, so Jan-Hendrik Goldbeck.

"Wir könnten es uns als Familienunternehmen nicht verzeihen, wenn wir in 20 Jahren sehen, wir hatten alle Möglichkeiten, die Zukunft des Bauens mitzugestalten, haben aber übersehen, dass sich eine andere Technologie aus einem anderen Land völlig außerhalb unseres Radarschirms entwickelt hat." Zu spät auf einen Technologiezug aufzuspringen, könnte die Daseinsberechtigung in Gefahr bringen, meint Jan-Hendrik Goldbeck. "Dem wollen wir natürlich vorbeugen und lieber selbst versuchen, die Branche entsprechend zu prägen."

Werkstoff der Zukunft - Deckenplatte aus Carbon-Beton
Deckenplatten aus Carbon-Beton der Firma Goldbeck: Statt Stahlbewehrung eine Carbonmatte, die beschichtet wird. Das spart Gewicht, Ressourcen und senkt die Baukosten und sorgt für NachhaltigkeitBild: Goldbeck GmbH

Steigende Umsätze trotz Corona

Gut geht es Goldbeck auch trotz der Corona-Krise. Es gebe sogar einen etwas höheren Auftragseingang als im Vorjahr, obwohl auch einige Kunden ihre Aufträge storniert oder auf Eis gelegt hätten, so Jörg-Uwe Goldbeck. Trotzdem bleiben die Goldbeck-Brüder vorsichtig. "Die Baubranche ist ein Spätzykliker", so Jörg-Uwe Goldbeck. Das heißt, viele der Entscheidungen brauchen auch einen langen Zeitraum. "Wir hinken dem gesamtwirtschaftlichen Geschehen ziemlich stark hinterher. Aber wir haben in diesem Jahr die Defizite, die wir aus dem Bereich mittelständische Wirtschaft bekommen haben, kompensieren können über einige Großaufträge, die wir gewinnen konnten."

Die Geschäftsführung der Goldbeck GmbH (v.l.): Oliver Schele, Jan-Hendrik Goldbeck, Jörg Uwe Goldbeck und Hans-Jörg Frieauff
Die Geschäftsführung der Goldbeck GmbH (v.l.): Oliver Schele, Jan-Hendrik Goldbeck, Jörg Uwe Goldbeck und Hans-Jörg FrieauffBild: Goldbeck GmbH

In dieses Bild passt auch, dass Goldbeck den Großteil der Produktions- und Logistikhallen der Tesla-Fabrik, die in Brandenburg in Rekordzeit bauen soll. "Wir gehen mit einem sehr guten Polster und sehr großer Zuversicht in die Zukunft. Das ermöglicht uns etwas vorausschauender und ohne Panik zu handeln", sagt Jan-Hendrik Goldbeck.

Am Ziel sind sie nach eigenen Angaben aber noch nicht. Schneller, billiger und nachhaltiger durch Systematisierung, Digitalisierung und Innovationen nach diesem Prinzip wollen sie auch weiterhin handeln, so Jörg-Uwe Goldbeck. "Uns macht aus, dass wir beharrlich sind und dass wir immer wieder neu und beherzt Dinge angegangen sind, die wir für richtig halten."

Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion