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Druck auf Israel?

Friedel Taube21. September 2013

Syrien will in den kommenden Monaten sein Chemiewaffen-Arsenal abbauen. Das Gleiche wird jetzt auch von Nachbar Israel gefordert - wobei allerdings unklar ist, ob der jüdische Staat überhaupt C-Waffen besitzt.

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Eine Stelle in Tel-Aviv, an der Gasmasken an die Bevölkerung verteilt werden; im Vordergrund Gasmasken, im Hintergrund Mitarbeiter mit Kippa - Foto: Oliver Weiken (EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Am Ende hat der internationale Druck auf das Assad-Regime gewirkt: Syrien, das unter Verdacht steht, Giftgas eingesetzt zu haben, will im Oktober der Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen beitreten. Dann verbleiben weltweit nur noch sechs Staaten, die diese Selbstverpflichtung nicht ratifiziert oder überhaupt nicht angenommen haben: Ägypten, Angola, der Südsudan, Nordkorea, Myanmar und Israel.

Jetzt werden Stimmen laut, auch der jüdische Staat solle offenlegen, in welchem Maße er über chemische Waffen verfügt - und wenn ja, solle Israel wie auch Syrien diese vernichten lassen. Die linksliberale israelische Zeitung "Haaretz" schrieb am vergangenen Montag (16.09.2013), es wäre "schade, wenn Israel sich in der Zukunft einmal in der jetzigen Situation Syriens wiederfände und dann die Chemiewaffen-Konvention erst unter internationalem Druck ratifiziert".

Unklarheit über Israels Waffenarsenal

Portraitfoto Guido Steinberg (Foto: DW)
Guido Steinberg (Stiftung Wissenschaft und Politik)Bild: DW

Bislang wartet die Weltgemeinschaft vergeblich darauf, dass die Regierung in Jerusalem dem Abkommen beitritt. Für Nahost-Experte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik ein Indiz dafür, dass Israel tatsächlich solche Waffen hat: "Das macht ja vor allem dann Sinn, wenn man Inspektionen vermeiden will. Aber letztendlich wissen wir nur, dass Israel Atomwaffen besitzt, bei den Chemiewaffen wissen wir es nicht genau."

Einige Hinweise dafür, dass Israel ein Chemiewaffen-Arsenal hat, lieferte ein Bericht des US-Geheimdienstes CIA aus dem Jahr 1983, aus dem das Magazin "Foreign Policy" in dieser Woche zitierte. Im Bericht ist die Rede von Produktionsstätten für Giftgas in der Negev-Wüste sowie davon, dass Israel über Nervengas, Senfgas sowie chemische Stoffe zur Kontrolle von Krawallen verfüge - inklusive der dazugehörigen Geschosse. Laut "Foreign Policy" fand die CIA damals in Israel außerdem Hinweise auf die Existenz von Sarin. Das ist jenes Nervengas, mit dem in Syrien am 21. August dieses Jahres im syrischen Bürgerkrieg bis zu 1400 Menschen getötet wurden. Israel selbst steht im Verdacht, 2009 bei einer Offensive im Gaza-Streifen Phosphor eingesetzt zu haben.

Kein Druck auf Israel erwartet

Ob der Druck auf Israel wachsen wird, darf nach Expertenmeinung aber trotzdem bezweifelt werden. Rachid Ouaissa vom Marburger Zentrum für Nah- und Mitteloststudien sagte der DW: "Ich glaube, das gehört zu einer Rhetorik. Ein Druck von internationaler Seite, wie er gerade auf Syrien aufgebaut wird, wird in Israel nicht stattfinden." Weder die USA noch die UNO hätten zudem bislang vergleichbare Forderungen gestellt.

Israelische Soldaten bei einer Anti-Giftgas-Übung - Foto: jim Hollander (EPA)
Israelische Soldaten bei einer Anti-Giftgas-Übung: US-Geheimdiensthinweise auf Chemiewaffen-ArsenalBild: picture-alliance/dpa

Hinzu kommt: Selbst wenn in den kommenden Wochen der Druck wachsen sollte, würde dies Israel nicht besonders beeindrucken, ist sich Guido Steinberg sicher: "Es ist entscheidend, wie die amerikanische Regierung reagiert - und die wird den Druck auf Israel sicherlich nicht intensivieren. Und was die Europäer in Sicherheitsfragen denken, ist den Israelis seit jeher egal."

Es gehöre zur politischen Kultur in Israel, über Waffenarsenale - ob nun Chemie- oder auch Atomwaffen - keine Auskunft zu geben. Außerdem könne es auch Teil eines Kalküls von Baschar al-Assad sein, mit dem Beitritt zur Chemiewaffenkonvention den Blick der Weltgemeinschaft gezielt auf Israel zu richten. "Man sollte darauf nicht hereinfallen!", warnt Steinberg. "Es geht jetzt um die Vernichtung der syrischen C-Waffen. Und es wird schwer genug, eine Änderung der syrischen Politik hervorzurufen."

Die Chemiewaffen-Vernichtung in Syrien hat Priorität

Portraitbild Rachid Ouaissa (Foto: privat)
Rachid Ouaissa (Universität Marburg)Bild: Rachid Ouaissa

Rachid Ouaissa sieht das genauso und rät generell dazu, bei der Frage nach den Chemiewaffen Israel aus dem Blickfeld zu nehmen: "Erst mal steht Syrien auf der Tagesordnung. Danach würde Korea stehen, dann die Hisbollah, dann Ägypten - insofern sehe ich die Aufregung nicht so." Klar sei außerdem, dass Israel wohl kaum mit dem Assad-Regime zu vergleichen sei: "Israel ist längst im Weltsystem angekommen und genießt ein gutes Ansehen - bei allen Dummheiten, die sie machen, bei allem unfairen Verhalten."

Ob der jüdische Staat jemals die UN-Chemiewaffenkonvention ratifizieren wird? "Ich kann mir das durchaus am Ende eines politischen Prozesses vorstellen, bei dem die Amerikaner die Israelis davon überzeugen, dass es wenig Sinn macht, auf Chemiewaffen zu beharren", schätzt Guido Steinberg und fügt hinzu: "Die Israelis sind aufgrund ihrer Atomwaffen ohnehin allen Nachbarn in ihrer Region militärisch überlegen." Ob allerdings ausgerechnet die jetzigen Ankündigungen Assads den Anstoß zu solch einem politischen Prozess geben könnten, darf laut Expertenmeinung bezweifelt werden.