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Generalabrechnung im Kieler Landtag

17. Juli 2009

In der Landtagsdebatte um vorzeitige Neuwahlen in Schleswig-Holstein haben sich die Ex-Koalitionspartner CDU und SPD einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Auf eine vorgezogene Wahl stellt sich nun auch die SPD ein.

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Ministerpräsident Carstensen im Kieler Landtag (Foto: AP)
CDU-Ministerpräsident Carstensen zu Beginn der Debatte im Kieler LandtagBild: AP

Im Kieler Landtag ging es am Freitag (17.07.2009) hoch her. Scharfe Töne prägten die Debatte über eine Auflösung des Parlements, das darüber nächsten Montag entscheiden soll. Während die CDU und die gesamte Opposition auf eine Auflösung drängten, bekräftigte die SPD ihren Widerstand. Grundsätzlich stemme sich die SPD nicht gegen Neuwahlen, sagte Landeschef Ralf Stegner. Er forderte aber einen anderen Weg dorthin, etwa über einen Rücktritt des Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU). Der wiederum schloss einen solchen Schritt kategorisch aus.

Sollte der Antrag auf Auflösung des Parlaments am Montag scheitern, könnte Carstensen mit der Vertrauensfrage vorzeitige Wahlen erreichen. FDP, Grüne und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) haben bereits angekündigt, ihm zu diesem Zweck das Vertrauen zu verweigern.

Die Landtagsdebatte war bestimmt von scharfen Attacken zwischen den bisherigen Koalitionspartnern CDU und SPD. CDU-Fraktionschef Johann Wadephul nannte Stegner einen Brandstifter, der jede Gelegenheit genutzt habe, "zu Beschlüssen abweichende Meinungen zu äußern". Carstensen sei "in jeder Phase dieser Koalition die Integrationsfigur gewesen". Wadephul rief die SPD-Abgeordneten auf, der Parlamentsauflösung zuzustimmen: "Lassen Sie sich hier nicht in Geiselhaft nehmen!"

SPD: Koalitionspartner hat Bruch geplant

SPD-Fraktionschef Ralf Stegner (Foto: dpa)
SPD-Fraktionschef Ralf StegnerBild: picture-alliance/ dpa

Stegner konterte: "Versuchen Sie erst gar nicht, unsere Reihen zu spalten!" Er wies die Vorwürfe Wadephuls zurück und sagte, die CDU plane seit längerer Zeit eine vorgezogene Landtagswahl am Tag der Bundestagswahl am 27. September, da sie gestützt auf Meinungsumfragen auf schwarz-gelbe Mehrheiten hoffe. Damit habe die CDU "den Koalitionsvertrag gebrochen".

Der SPD-Landeschef machte deutlich, dass seine Partei sich Neuwahlen nicht verweigern werde. Sie werde aber keinem Antrag auf Auflösung des Landtages zustimmen, der mit angeblicher Unzuverlässigkeit der SPD begründet sei. Die Sozialdemokraten würden geschlossen gegen die Auflösung stimmen. Die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit würde damit verfehlt. Stegner räumte im übrigen ein, Fehler gemacht und "sprachlich nicht immer den richtigen Ton gefunden" zu haben.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki warf Stegner vor, aus persönlicher Eitelkeit im Parlament eine "Schmierenkomödie" zu betreiben. "Wenn die Sozialdemokraten noch einen Restfunken an Selbstachtung haben, stimmen sie der Auflösung zu", sagt er.

Carstensen will im Amt bleiben

Der CDU-Ministerpraesident Peter Harry Carstensen im Kieler Landtag (Foto: AP)
Der CDU-Ministerpraesident Peter Harry Carstensen im Kieler LandtagBild: AP

Carstensen hatte am Donnerstagabend im "heute journal" des Zweiten Deutschen Fernsehens einen Amtsverzicht ausgeschlossen. Es wäre völlig absurd, wenn ein erfolgreicher Regierungschef zurücktreten würde, sagte Carstensen. Der CDU-Politiker erklärte weiter, beim Scheitern der Koalition hätten persönliche Beziehungen überhaupt keine Rolle gespielt. Doch sei das Vertrauen nicht mehr da, die SPD habe sich mehrfach aus der Verantwortung gestohlen.

Die CDU hatte am Mittwochabend beschlossen, die große Koalition mit der SPD aufzukündigen und zehn Monate vor dem regulären Wahltermin Neuwahlen durchzusetzen. Die Oppositionsparteien FDP, Grüne und Südschleswigscher Wählerverband (SSW) schlossen sich dem Vorhaben an.

Auswirkungen auf Bundespolitik

Die Bundesgrünen begrüßten den Bruch von Schwarz-Rot in Kiel als "überfälligen Schritt". Von der HSH Nordbank bis zum "schrottreifen" Atomkraftwerk Krümmel hinterlasse die Regierung ungelöste Probleme, erklärten die Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sieht gute Chancen für schwarz-gelb (Foto: AP)
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sieht gute Chancen für schwarz-gelbBild: AP

FDP-Chef Guido Westerwelle bezeichnete den Koalitionsbruch in Kiel als "bundespolitisches Fanal". Wenn es zu Neuwahlen komme, könne Schwarz-Gelb im Herbst nicht nur eine Mehrheit im Bundestag bekommen, sondern auch im Bundesrat "klare Verhältnisse" schaffen, erklärte er in Berlin.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla machte Stegner für das Scheitern des Regierungsbündnisses in Kiel verantwortlich. "Die SPD in Schleswig-Holstein ist nicht mehr regierungsfähig, weil sie nicht die Kraft hat, zu den gemeinsamen Beschlüssen der Koalition zu stehen", erklärte er in Berlin. (kle/mas/dpa/ap/rtr/afp)