1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Geimpft - und nun?

5. Februar 2021

Kurz nach dem Impfstart in der Europäischen Union richten die Mitgliedsstaaten den Blick nach vorn und debattieren über mögliche Rechte für Geimpfte.

https://p.dw.com/p/3ovrs
Deutschland Coronavirus - Impfen
Bringt die Corona-Schutzimpfung erhoffte Lockerungen mit sich?Bild: Patrick Pleul/dpa/picture alliance

Noch lässt sich zwar nichts Konkretes daraus ableiten, aber die Nachricht aus Kopenhagen dürfte einigen Menschen Hoffnung machen. Die dänische Regierung kündigte am Mittwoch den digitalen Corona-Pass an, eine Smartphone-App, mit der sich eine Impfung nachweisen lassen können soll. Die Details sind noch nicht geklärt, aber der Pass, so viel steht fest, soll Wiederöffnungen erleichtern und es Geschäftsleuten möglich machen, wieder zu reisen. "Es ist für uns enorm wichtig, die dänische Gesellschaft wieder zu öffnen und Betrieben die Arbeit zu ermöglichen. Viele dänische Firmen sind weltweit tätig," sagte Finanzminister Morten Bodskov am Mittwoch. Der Geschäftsführer der dänischen Handelskammer, Brian Mikkelsen, sprach vom Licht am Ende des Tunnels für viele Firmen.

Nachbarland Schweden verfolgt ähnliche Pläne und kündigte tags drauf ebenfalls einen digitalen Impfpass an. "Mit einer digitalen Impfbescheinigung wird es schnell und einfach, durchgeführte Impfungen vorzuweisen", sagte Digitalisierungsminister Anders Ygeman am Donnerstag. Allerdings stellt sich im Moment noch die Frage, wofür dieser Impfausweis gut sein soll.Bisher gilt in den meisten EU-Ländern aufgrund hoher Infektionszahlen und dem Auftreten neuer Virusvarianten eher der Trend zu weiteren Verschärfungen der Bestimmungen. Das betrifft sowohl das öffentliche und private Leben als auch das Reisen. Dänemark beispielsweise verlangt einen triftigen Grund wie Geschäftstermine oder Familienzusammenführungen, um einreisen zu dürfen, sowie einen Covid-Test, der nicht älter sein darf als 24 Stunden. Nach Schweden darf zurzeit aufgrund der hohen Verbreitung der britischen Virus-Mutation aus Dänemark fast niemand einreisen. Auch hier ist der Nutzen und die Wiedereinführung einiger Recht durch den digitalen Impfausweis noch nicht absehbar.

Deutschland Corona-Pandemie | Impfpass
Noch ist unklar, ob der Impfpass zu einer Lockerung der Bestimmungen für geimpfte Personen führtBild: Fleig/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Estland steht Geimpften mehr Rechte zu

Anders in Estland. Nur wenige Wochen nach einem EU-weit schleppenden Impfstart hat Tallin bereits die ersten spezielle Regeln bzw. Lockerungen für Geimpfte erlassen. So fallen seit dieser Woche für Reisende aus der EU und Drittstaaten, die in den vergangenen sechs Monaten eine Impfung erhalten haben, Quarantäneauflagen und verpflichtende Covid-19-Tests weg. Diese Regeln gelten auch für Menschen, die sich im letzten halben Jahr von einer Covid-Erkrankung erholt haben. Eine erfolgte Impfung vereinfacht auch jetzt schon die Einreise nach Polen und Rumänien.

Reiseerleichterungen wünscht sich auch der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis. Er hatte das Thema in Verbindung mit einem EU-weiten Impfpass beim letzten Video-Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs Mitte Januar auf die Tagesordnung gebracht. Der Tourismussektor macht rund 12 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung aus. Laut einer Studie von Ernst and Young ging der Umsatz der Branche in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres um 79 Prozent zurück. Arbeitsplätze wurden gestrichen und Gehälter gekürzt. Für viele Restaurants, Hotels und Kultureinrichtungen in Urlaubsländern wie Griechenland, Spanien und Italien könnten gezielte Lockerungen der Maßnahmen oder auch besondere Rechte für geimpfte Reisende in der kommenden Saison überlebenswichtig sein.

Generelle Impfpflicht weiterhin ausgeschlossen

Neben den Rechten werden etwaige mit der Impfung verbundene Pflichten weitaus zurückhaltender diskutiert. Die deutsche Bundeskanzlerin etwa spricht bewusst von einem Impfangebot, wenn es um die Impfstrategie der Bundesregierung geht. Auch wenn in manchen Ländern wie beispielsweise Frankreich und den Niederlanden viele Menschen der Impfung skeptisch gegenüber stehen, hat bisher kein EU-Mitgliedsstaat eine generelle Impfpflicht angekündigt. In Österreich wurde vor Beginn der Impfkampagne in einigen Bundesländern eine Pflicht für bestimmte Berufsgruppen, wie etwa in der Pflege oder Erziehung, zumindest erwogen. 

Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Journalisten Tina Hassel and Rainald Becker ARD
Bundeskanzlerin Angela Merkel im ARD-Gespräch (2. Februar 2021)Bild: Jesco Denzel/REUTERS

Sowohl Verpflichtungen als auch die Frage, ob Geimpfte als erste wieder reisen, ins Cafe gehen oder ein Theater besuchen dürfen, werden zur Zeit heftig diskutiert. Sowohl wissenschaftliche als auch politische Aspekte stehen im Raum. Bisher ist unklar, inwiefern die Impfungen verhindern, dass weitere Menschen angesteckt werden können und wie lange die Schutzwirkung überhaupt anhält. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die Rechte von Menschen gewahrt werden können, die bislang keinen Zugang zu einer Impfung hatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in der ARD, sie rechne damit, dass Geimpfte für die Ausübung ihrer Grundrechte klagen werden, aber auch damit, dass Menschen die Impfung verweigern könnten. "Dann müsste man vielleicht solche Unterschiede machen und sagen: Okay, wer das nicht möchte, der kann vielleicht auch bestimmte Dinge nicht machen", so Angela Merkel.