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Gabriel wirft Merkel Nichtstun vor

11. Juli 2013

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, sie glänze in der US-Spähaffäre durch Tatenlosigkeit. Die hatte zuvor das Spähprogramm vor Kritik in Schutz genommen.

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Sigmar Gabriel kritisiert Angela Merkels Verhalten im NSA -Abhörskandal (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Sigmar Gabriel hat seinem Ärger Luft gemacht. "Ich finde es unerhört, dass die Kanzlerin achselzuckend hinnimmt, dass offenbar die Grundrechte von Millionen Deutschen durch amerikanische und britische Geheimdienste verletzt wurden", sagte Gabriel in einem Interview. Anscheinend versuche Angela Merkel jetzt, die politische Verantwortung auf ihren Kanzleramtschef abzuschieben. Merkel hatte zuvor gesagt, Kanzleramtschef Ronald Pofalla sei für geheimdienstliche Belange zuständig. Deshalb lese sie die Berichte der Nachrichtendienste nicht selbst. Über diese Äußerungen hatte sich auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth aufgeregt. Merkel versuche, den Kanzleramtsminister zu einem "Bauernopfer" zu machen, sagte sie in einem Zeitungsinterview.

Merkel gibt sich moderat

Die Kanzlerin hatte sich gegenüber der Wochenzeitung "Die Zeit" verständnisvoll geäußert. Dass Nachrichtendienste unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen zusammenarbeiten, entspreche ihren Aufgaben seit Jahrzehnten. Es diene unserer Sicherheit. Allerdings räumte Merkel ein, dass durch die vielen technischen Neuerungen immer wieder die "Balance zwischen dem größtmöglichen Freiraum und dem, was der Staat brauche, um seinen Bürgern größtmögliche Sicherheit zu geben", neu hergestellt werden müsse. Es sei jedoch ohne die Möglichkeit einer Telekommunikationskontrolle nicht möglich, den Schutz vor Terroranschlägen bestmöglich zu gewährleisten. Sie selbst habe vom US-Spähprogramm "Prism" erst durch die aktuelle Berichterstattung erfahren. Dieses Eingeständnis brachte ihr Spott und Kritik ein.

Friedrich auf Aufklärungsmission

Bundesinnenminister Hans-Peter-Friedrich fliegt heute in die USA. Dort will er mit dem US-amerikanischen Justizminister Eric Holder und der für die Terrorabwehr zuständigen Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Lisa Monaco, sprechen. Sie sollen ihm Auskunft geben, wie umfangreich der US-Geheimdienst NSA deutsche Bürger und Einrichtungen ausgespäht hat. Friedrich hat allen Kritikern der amerikanischen Überwachungspraktiken versprochen, in Washington deutliche Worte auszusprechen, aber er forderte auch einen fairen Umgang mit den Amerikanern in der Debatte. "Es ärgert mich, dass man sofort und ohne genaue Kenntnis jede Verdächtigung gegen unseren amerikanischen Verbündeten in die Welt setzen kann", sagte er. "Das ist nicht fair. Ohne die Hinweise der USA und die gute Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten hätten wir höchstwahrscheinlich Terroranschläge in Deutschland nicht verhindern können". Friedrich hofft, mehr Fakten in den USA zu bekommen, und er will das verloren gegangene Vertrauen wieder herstellen. Kritiker bezweifeln, dass Friedrichs Reise Erfolg haben wird. Denn es ist völlig unklar, ob die USA überhaupt bereit sind, dem Gast aus Deutschland Auskunft zu geben über die Spähaktivitäten des eigenen Geheimdienstes.

NSA-Skandal: USA-Reise des Innenministers

FDP macht Druck

Die FDP erwartet, dass Friedrich sich nicht mit Ausflüchten zufrieden gibt. FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff sagte, "bleiben vernünftige Antworten der US-Regierung aus, sollten wir darüber nachdenken, das EU-Fluggastdatenabkommen auszusetzen." Und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vertritt die Ansicht, die Amerikaner könnten nicht versuchen, das Thema "auszusitzen, bis der Sturm der Entrüstung dann der Urlaubsruhe weicht."

cd/mm (dpa, rts, afp)