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Friedenseinsatz mit Folgen

Wim Abbink15. Mai 2002

Wenige Wochen vor den Wahlen am 15. Mai 2002 ist die niederländische Regierung zurückgetreten. Anlass: die politische Mitverantwortung für die Massaker in Srebrenica (Bosnien) im Juli 1995.

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Massengrab bei Srebrenica (Foto: AP)
Srebrenica: Trauer und TraumaBild: AP

Im Westen nichts Neues? Zum neunten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat eine niederländische Regierung den Zielstrich nicht erreicht. Dennoch ist das Ende der Regierung-Kok, einer "lila Koalition" aus Sozialisten, Links- und Rechtsliberalen, ein ungewöhnlicher Rücktritt. Es gab keinen Konflikt in der Regierung und keinen Konflikt der Regierung mit dem Parlament.

Direkter Anlass für das Zerbrechen der Koalition war der am 10. April 2002 vorgelegte Untersuchungsbericht des Niederländischen Instituts für Kriegsdokumentation (NIOD) über den Fall der damaligen UN-Schutzzone und den anschließenden Massenmord an mehr als 7000 muslimischen Zivilisten.

Tatenlos beim Massenmord?

Festgestellt wurde in dem Bericht, dass "politischer Ehrgeiz" die Niederlande dazu gebracht habe, sich auf eine "unklare" und "praktisch nicht durchführbare" Friedensmission in Bosnien einzulassen. Im Juli 1995 hatten bosnisch-serbische Soldaten die "sichere Enklave" Srebrenica eingenommen.

Die Ereignisse von damals sind bis heute ein Trauma für die niederländische Politik und vor allem für die Gesellschaft. Den niederländischen Blauhelm-Soldaten war wiederholt vorgeworfen worden, das Massaker tatenlos mitangesehen zu haben. Im Untersuchungsbericht, das von der Regierung selbst in Auftrag gegeben worden war, werden die Mitglieder des Dutchbat allerdings in Schutz genommen. Verantwortlich seien "in erheblichem Maße" die Politiker, die das UN-Mandat "eilfertig" angenommen hatten, und die Militärführung, die die Soldaten nicht ausreichend vorbereitet und ausgerüstet hatte und außerdem nach dem Fall Srebrenicas wichtige Informationen unterschlagen haben soll.

Ein Schritt der Moral

Ratko Mladic (Archivbild: AP)
Ratko Mladic (Archivbild)Bild: AP

Zwar waren sich die Autoren des Untersuchungsberichts und Ministerpräsident Wim Kok einig: Hauptschuldig an der Ermordung von Tausenden bosnischer Moslems in Srebrenica sei General Ratko Mladic, der die bosnischen-serbischen Truppen befehligte. Das ändert allerdings nichts am tiefen Unbehagen der Menschen, die ihr Land gerne als moralischen Musterstaat sehen.

Autor: Wim Abbink
Redaktion: Jan Friedmann