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Frauen und Geldanlage: Oft kümmert sich eher der Mann

3. Januar 2023

Wenn es ums Geld geht, stecken Frauen häufig ihren Kopf in den Sand. Finfluencerinnen versuchen, den da wieder rauszuholen. Aber ist es eine gute Idee, sich auf Finanzberatung aus dem Internet zu verlassen?

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Frauenhände mit Handy und Kreditkarte
Den langfristigen Vermögensaufbau nehmen Frauen oft nicht selber in die HandBild: OneInchPunch/Westend61/IMAGO

Frauen haben es schwerer, Karriere zu machen, und Frauen verdienen durchschnittlich weniger als Männer, Frauen haben ein größeres Armutsrisiko. Kurzum: Frauen werden in Deutschland immer noch benachteiligt. Das Kuriose ist allerdings, in den Bereichen, in denen sie selbständig agieren könnten, tun sie es trotzdem häufig nicht. Zum Beispiel wenn es darum geht, ihr eigenes Geld anzulegen.

Ein Grund scheint zu sein, dass viele Frauen meinen, zu wenig Finanzwissen zu haben. Eine Studie des wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituts ZEW ergab jedoch, dass es wohl eher am Selbstvertrauen als an tatsächlichen Wissenslücken liegt. Zwar gebe es Lücken im Finanzwissen von Frauen (die gibt es bei Männern auch), aber ein Drittel der befragten Frauen würden ihr Finanzwissen geringer einschätzen als es tatsächlich ist.

Der Ehemann entscheidet oft über Vermögensbildung

Die Zügel über ihr Vermögen geben viele Frauen dann freiwillig in männliche Hände. Die Mehrheit der Frauen weltweit - fast zwei Drittel - überlassen langfristige Finanzentscheidungen ihren Ehemännern. Das ergab eine Studie der UBS Wealth Management aus dem Jahr 2019.

Frau auf Sofa liegend, Mann am Tisch mit Laptop
Klischee? Die Frau liegt auf dem Sofa, der Mann sitzt am LaptopBild: Steve Brookland/Westend61/IMAGO

So investieren Frauen insgesamt deutlich weniger als Männer. 27 Prozent der Männer besitzen Aktien, Aktienfonds oder andere Wertpapiere, während es bei den Frauen nur 18 Prozent sind. Das ergab eine Studie der AXA-Versicherung. Gut zwölf Millionen Deutsche investierten 2021 ihr Geld in Aktien oder ETFs, also Index-Fonds, heißt es vom deutschen Aktieninstitut. Davon waren knapp acht Millionen Männer und nur gut vier Millionen Frauen. Diese Tendenz hat sich zuletzt noch verstärkt. Der Anteil der männlichen Aktionäre ist seit 2011 um fünf Prozentpunkte gestiegen, der weibliche Anteil im selben Zeitraum nur um drei Prozentpunkte.

Es wird den Frauen auch nicht gerade leicht gemacht. 80 Prozent der Berater seien männlich, sagt Alexandra Niessen-Ruenzi. "Frauen werden im Schnitt schlechter beraten, haben unsere Studien ergeben", so Niessen Ruenzi, die an der Universität Mannheim über Frauen und Finanzen forscht. Auch vom Sparkassen Innovation Hub heißt es, etwa 90 Prozent der digitalen Produkte und Services würden von Männern kreiert, wodurch auf die speziellen weiblichen Bedürfnisse meist noch nicht genügend eingegangen werde. 

Zudem hänge das Finanzverhalten von Frauen mit der Sozialisierung zusammen, meint Niessen-Ruenzi. "Wir haben vor ein paar Jahren eine Umfrage unter Studierenden gemacht und herausgefunden, dass Finanzthemen häufiger zwischen Vätern und Söhnen besprochen werden." Frauen würden also von klein auf weniger mit dem Thema in Berührung kommen, so sei es nicht verwunderlich, dass Frauen unsicher seien und vielleicht auch einen gewissen inneren Widerstand hätten, sich mit Vermögensbildung zu befassen.

Frauen als vielversprechende Zielgruppe

Dabei bilden sie einen riesigen potentiellen Markt. "Die Female Economy ist ein größerer Wachstumsmarkt als China und Indien zusammen", so die Sparkassen. 31 Prozent des Vermögens in West-Europa werde von Frauen gehalten. "Die Finanzindustrie ist bei der Entfaltung dieses Potenzials noch ganz am Anfang, sowohl bezogen auf die Anzahl von Kundinnen generell als auch auf die Serviceleistungen, die für Kundinnen geboten werden."

Aber der Wind scheint sich zu drehen. Banken werden sensibler bei dem Thema Frauen. Und seit einigen Jahren gibt es immer mehr sogenannte Finfluencerinnen: Finanzblogerinnen und Start-ups, die Frauen Hilfe beim Anlegen ihres Geldes versprechen und Finanzwissen quasi "von Frau zu Frau" vermitteln. Das hat allerdings oft seinen Preis.

Da ist beispielsweise Natascha Wegelin mit ihrer Internetseite Madame Moneypenny. "Ganz ehrlich, ich weiß ganz genau, wie du dich fühlst", verkündet Wegelin in einer Videobotschaft. "Vor ein paar Jahren hatte ich auch keine Ahnung - wusste nicht wo ich anfangen sollte und habe 18.000 Euro aufgrund einer sehr schlechten Finanzberatung verloren", erzählt sie. Nun bietet sie unter anderem ein Mentoring an, das einen mittleren vierstelligen Betrag kostet - Angaben über den genauen Betrag werden nicht gemacht. Zudem müssen Frauen sich "bewerben". "Nicht jede eignet sich", heißt es auf der Seite im Internet.

Porträt Natascha Wegelin
"Manche [Anm.d.Red.: Frauen] schauen nicht einmal hin und wieder auf die Kontoauszüge", heißt es auf der Seite von Natasche Wegelin.Bild: Mike Wolff/picture-alliance

Auf der Seite Finmarie werden kostenpflichtige und kostenlose Informationen für Frauen in Bezug auf Finanzen geboten. Wenig Eigenengagement ist bei dem Start-up Financery gefordert. Hier müssen die Kundinnen nur eine App runterladen und einige Fragen beantworten. "Wir richten Dir Dein ETF-Portfolio ein, überwachen es und passen es - wenn erforderlich - für Dich an. Du brauchst nichts weiter tun", so das Versprechen von Financery. Und das für eine Service-Gebühr von einem Prozent auf das jährlich angelegte Vermögen.

Es geht auch ohne Finanzberaterinnen

Bei all den angenehmen Selbstbewusstseins-Massagen der Online-Beratungen warnen Verbraucherschützer. "Die Coachings sind oft teuer, Preise und Leistungen nicht transparent. Frauen geben in den Kursen meist mehr Geld aus als bei einer Honorarberatung, ohne jedoch individuell beraten worden zu sein", kritisiert die Hamburger Verbraucherzentrale. Sie rät, Frauen sollten sich die Grundlagen selbst aneignen. Dafür biete die Verbraucherzentrale ausreichend Informationen.

Hände von Anzugträgern und Anzugträgerinnen über einem Blatt Papier
Männer und Frauen bei der Anlageberatung? Leider immer noch die AusnahmeBild: Fotolia/Kzenon

"Ich rate zu Vorsicht, wenn es um konkrete Kaufempfehlung geht", sagt auch Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen. "Auch wenn jemand das schnelle und unkomplizierte Geld verspricht, würde ich immer Abstand nehmen." Wer doch eine Beratung möchte, sollte die Qualifikation der Beraterin überprüfen, so Oelmann. "Wer ist die Person, wie viel hatte sie bisher mit Finanzen zu tun und womit verdient sie ihr Geld?" Immerhin könne jeder mit einem Social-Media-Profil diese Art von Ratschlägen oft ungefiltert in die Öffentlichkeit tragen - unabhängig davon, wie viel er oder sie eigentlich weiß oder wie seriös die Tipps sind.

Inzwischen springen auch Banken auf den Zug auf und umwerben Frauen mit speziell auf weibliche Lebenssituationen zugeschnittener Beratung. So bietet die Comdirect Bank unter dem Slogan Finanz-Heldinnen Informationen und Services für Frauen rund ums Geld an. Die BW Bank hat für ihre Kundinnen ein Frauen-Netzwerk gegründet mit Seminaren und Veranstaltungen. Die Hypovereinsbank organisiert ebenfalls Online-Events für Frauen an. Dabei müssten Frauen sich allerdings klar sein, dass auch Banken natürlich Geld verdienen wollen und eher bankeigene Produkte empfehlen, sagt Niessen-Ruenzi von der Universität Mannheim.

Straßenschild Wall Street
Erfolgreich an der Wall Street? Finanztipps aus dem Internet sind ein lukratives GeschäftBild: Fotolia/Stuart Monk

Die Frage ist vor allem: Brauchen Frauen wirklich eine Extra-Beratung? Denn, was auch zum Thema Frauen und Finanzen gehört: Viele Studien zeigen, dass Frauen die etwas besseren Anlegerinnen sind. Sie erzielten 2019 eine durchschnittliche Rendite von gut 24 Prozent. Männer nur von 23 Prozent, so die ING Bank.

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion