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Politik

Frankreich: Rentenreform per Dekret

1. März 2020

Zwei Wochen lang hat Frankreichs Nationalversammlung debattiert, ohne sich einer Entscheidung zu nähern. Nun soll die umstrittene Reform ohne Parlamentsabstimmung kommen. Eine Verfassungsklausel macht das möglich.

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Frankreich | Premierminister Edouard Philippe
Bild: picture-alliance/AP Photo/T. Camus

Frankreich will die umstrittene Rentenreform am Parlament vorbei per Dekret durchsetzen. Premierminister Edouard Philippe (Artikelbild) sagte vor der Nationalversammlung, die Regierung wolle dieser "Episode des Nicht-Diskutierens" ein Ende setzen. Seit dem 17. Februar hatten die Abgeordneten über die Pläne von Präsident Emmanuel Macron debattiert, das Rentensystem zu vereinheitlichen. Mit insgesamt 41.000 Änderungsanträgen versuchte die Opposition, die entscheidende Abstimmung zu verzögern.

Abgeordnete aus dem Regierungslager hatten dem linken Lager in einer kontroversen Debatte vorgeworfen, die Nationalversammlung "lahm legen" zu wollen. Linke Parlamentarier warnten, die Regierung wolle die Rentenreform an der Volksvertretung vorbei per Verordnung durchsetzen. Genau so wird es nun kommen. Die nur selten genutzte Verfassungsklausel 49-3 erlaubt der Regierung, das Parlament zu umgehen. 

Frankreichs längste Streiks

Die Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Reform. Ein Vierteljahr lang organisierten sie landesweite Streiks und Demonstrationen, bei denen es teilweise zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei kam. Aus Protest wurde knapp sieben Wochen lang der Nah- und Fernverkehr lahmgelegt. Die französische Bahn SNCF ist wegen der Streiks vor dem Jahreswechsel tief in die roten Zahlen gefahren.

Frankreich Proteste gegen Rentenreform
Bild: AFP/T. Samson

In Frankreichs veraltetem Rentensystem gibt es mehr als 40 verschiedene Pensionskassen. Dabei variieren Renteneintrittsalter und Pensionsleistungen. So können beispielsweise Bahnangestellte wesentlich früher in Rente gehen als andere Beschäftigte. Präsident Macron hält das System für unfair und zu teuer. Er will auf Rentenpunkte umstellen, die für alle Franzosen gleichermaßen gelten sollen.

Sollte die Opposition gegen das Dekret kein Misstrauensvotum einlegen, gilt die Reform automatisch als angenommen. Im Mai 2006 hatte der damalige sozialistische Präsident François Hollande zuletzt die Verfassungsklausel genutzt, um die umstrittene Arbeitsmarktreform durchzudrücken.

rb/ack (afp, dpa)