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Frankreich legt Familiengesetz auf Eis

3. Februar 2014

Die französischen Sozialisten regieren ohne Fortüne. Da sind nicht nur die schlechten Wirtschaftsdaten. Auch die gut organisierten Konservativen sorgen für erhöhten Druck - und feiern einen Achtungserfolg.

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Frankreich Premierminister Jean-Marc Ayrault (Foto: AFP / Getty Images)
Bild: Patrick Kovarik/AFP/Getty Images

"Die Regierung wird dieses Jahr keinen Entwurf für ein Familiengesetz vorlegen", ließ Regierungschef Jean-Marc Ayrault in Paris verlauten. Es seien noch "Vorbereitungsarbeiten" für den Gesetzestext notwendig und außerdem sei der parlamentarische Kalender "dicht". Ursprünglich hätte das neue Familiengesetz im April vom Kabinett verabschiedet und im zweiten Halbjahr der Nationalversammlung vorgelegt werden sollen.

Was klingen soll wie eine Verwaltungsentscheidung, hat eine pikante politische Note. Denn diese Ankündigung erfolgte am Tag nach einer Großdemonstration konservativer Organisationen, die am Sonntag in Paris gegen eine in ihren Augen "familienfeindliche" Politik der regierenden Sozialisten protestiert hatten. Dabei waren nach Polizeiangaben 80.000, nach Veranstalterangaben sogar eine halbe Million Menschen auf die Straße gegangen. Prompt sprachen die Organisatoren der Demonstration von einem "Sieg" ihres Bündnisses.

Proteste in Paris gegen die sozialistische Familienpolitik (Foto: AFP / Getty Images)
Bild: Getty Images

"Dem höheren Interesse nicht förderlich"

Zu den Protesten aufgerufen hatte das konservative Bündnis "Demo für alle", das bereits die treibende Kraft hinter den Massenprotesten gegen die Einführung der Homo-Ehe in Frankreich war. Unter den Teilnehmern waren aber auch die Abgeordnete der rechtsextremen Front National, Marion Maréchal-Le Pen, sowie Henri Guaino, ehemaliger Berater des früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy. Die Präsidentin von "Demo für alle", Ludovine de la Rochère, sagte, "was sich im Gesetzesvorhaben abzeichnete, war dem höheren Interesse des Kindes und der Familie nicht förderlich."

So hatten die Demonstranten am Sonntag unter anderem dagegen protestiert, lesbischen Frauen ein Recht auf künstliche Befruchtung einzuräumen oder die Leihmutterschaft zu legalisieren. Diese Punkte werden zwar in der Sozialistischen Partei diskutiert, waren im bisherigen Entwurf für das neue Familiengesetz allerdings gar nicht vorgesehen.

Vor allem sollte mit dem Gesetz die rechtliche Stellung von Stiefeltern gestärkt werden. Familienministerin Dominique Bertinotti hatte kürzlich der Nachrichtenagentur AFP gesagt, angesichts der "Vielzahl von Familienmodellen" gelte es, das französische Recht zu modernisieren. Es müsse Rechtssicherheit für Familien geschaffen werden. Der nun verkündete Rückzug von dem Gesetzesvorhaben sorgt beim grünen Koalitionspartner für Entsetzen: Von einem "erschreckenden Verzicht" ist in den ersten Reaktionen die Rede.

Oppositionschef Jean-François Copé kündigte im Sender Europe 1 an, vor den Kommunalwahlen im März verstärkt auf das Thema Familie setzen zu wollen. Die Gemeindewahlen würden "die nächste große Demonstration, die Gelegenheit für die Franzosen, (Staatschef) François Hollande Stopp zu sagen."

rb/gmf (afp, dpa)