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Forscher Auftritt

Christoph Hasselbach4. Februar 2009

Mahmud Abbas ist offenbar der Traumpartner der Europäer. Er ist der Vorzeigepalästinenser. Bei seinem Auftritt in Straßburg enttäuschte er jedoch durch Einseitigkeit, meint Christoph Hasselbach.

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Wenn jemandem zugetraut wird, einen künftigen palästinensischen Staat zu führen und Frieden mit Israel zu schließen, dann ihm. So hat Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering Abbas geradezu mit Vertrauensbekundungen und Glückwünschen überschüttet.

Gemessen an diesem Wohlwollen ist Abbas forsch aufgetreten. Die israelischen Angriffe hat er als Kriegsverbrechen bezeichnet. Die Raketen aus dem Gaza-Streifen auf Israel ließ er in seiner Rede vor den Abgeordneten dagegen unerwähnt. Erst als er in der nachfolgenden Pressekonferenz darauf angesprochen wurde, verurteilte er sie, aber nicht ohne zu betonen, die Raketen seien nicht mit der israelischen Offensive vergleichbar. Militärisch trifft das sicher zu, doch ist diese Relativierung auch moralisch vertretbar? Überhaupt war Abbas' Rede vor allem eine einzige rhetorische Abrechnung mit Israel. Das ist sein gutes Recht und wohl auch verständlich nach dem Gaza-Krieg und allen Schikanen, die Palästinenser tagtäglich auch im Westjordanland durch Israelis erleiden müssen.

Und doch. Die Rede klang allzu sehr nach dem Versuch, politisches Kapital aus dem Leid des eigenen Volkes zu schlagen. Wer dieses Mittel überreizt, riskiert, das Wohlwollen derer zu verlieren, die sich als ehrliche Makler verstehen, wie Pöttering es ausdrückte.

Erstaunlich auch, wie zuversichtlich Abbas über eine palästinensische Regierung der nationalen Einheit redete - als wäre ihre Bildung ein Kinderspiel! In Wahrheit dürfte es kaum etwas schwierigeres geben, als die Spaltung der Palästinenser zu überwinden. Abbas weiß, wie andere auch, dass ein palästinensischer Staat so lange Illusion bleibt, wie die Palästinenser sich untereinander bekriegen, ganz abgesehen von allen Problemen mit Israel. Vielleicht deshalb stellte er die Spaltung seines Volkes als eine Falle Israels dar, um die Palästinenser zu schwächen. Selbst daran sollen also die Israelis schuld sein? Woran denn noch?

Es gibt in Europa zurecht viel Kritik am israelischen Vorgehen in Gaza, am Siedlungsbau im Westjordanland, an der Behandlung der Palästinenser allgemein. Und es gibt vielfach eine Grundsympathie für die Sache der Palästinenser, einen eigenen Staat zu gründen. Aber vom wichtigsten palästinensischen Ansprechpartner Mahmud Abbas hätte man einen souveräneren Auftritt erwartet.

Eigentlich war zusammen mit Abbas auch der israelische Präsident Schimon Peres im Europaparlament eingeladen. Der hatte aus Termingründen abgesagt, wie Pöttering bedauernd bekanntgab. Es wäre spannend gewesen zu hören, ob Abbas in Peres' Anwesenheit den Mut gehabt hätte, dieselbe Rede zu halten.