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Folter und kein Ende

Daniel Scheschkewitz29. September 2005

Lynndie England, das "Gesicht" des Abu Ghoreib-Folterskandals ist mit drei Jahren Gefängnis glimpflich davon gekommen. Im Irak jedoch wird weiter von US-Soldaten gefoltert.

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Daniel Scheschkewitz

Kaum dass Lynndie England, die Frau mit dem nackten irakischen Gefangenen am Hundehalsband, in Handschellen abgeführt ist, muss sich die Bush-Regierung mit neuen Foltervorwürfen auseinander setzen. Human Rights Watch (HRW), eine der angesehensten Menschenrechtsorganisationen in Nordamerika, veröffentlichte in dieser Woche neue schockierende Berichte von US-Soldaten, die im Irak Zeuge von Folterungen an irakischen Kriegsgefangenen wurden.

Demnach haben Mitglieder der "82 Airborne Divsion“, einer Eliteeinheit, die in der Aufständischen-Hochburg Falludschah stationiert ist, über anderthalb Jahre systematisch Gefangene misshandelt. Einige der Iraker mussten 15 Liter-Wasser-Kanistern mit ausgestreckten Armen solange stemmen, bis sie in Ohnmacht fielen. Anderen wurde der Schlaf geraubt oder sie wurden tagelang ohne Essen eingesperrt.

Bewusst tolerierte Grauzone

Die drei US-Soldaten, zwei Feldwebel und ein Hauptmann, wurden im Anschluss an ihren Irakeinsatz von HRW persönlich befragt. Sie berichteten, dass die Misshandlungen als eine Art Sport betrieben worden seien und dass viele Soldaten auf diese Weise mit ihren Frustrationen umgingen. In einem Fall sollen einem Gefangenen mit einem Baseballschläger die Knie gebrochen worden sein. Ein extremer Fall zwar, aber insgesamt habe unter den Soldaten eine große Verunsicherung dahingehend bestanden, ob die Genfer Konvention auf die Gefangenen anzuwenden sei oder nicht.

Kritiker beanstanden seit langem, dass weder Präsident Bush noch Verteidigungsminister Rumsfeld bisher klare Anweisungen zur Anwendung des in der Konvention enthaltenen Folterverbots von Kriegsgefangenen erteilt haben. Nicht vor und nicht nach dem Abu Ghoreib Skandal. Die Bushregierung verschanzt sich hinter dem Argument, dass der Krieg im Irak und in Afghanistan sich den gewöhnlichen militärischen Konventionen entziehe, da man gegen Terroristen und nicht gegen reguläre Soldaten kämpfe. Nichtsdestotrotz dürften amerikanische Soldaten nicht foltern, heißt es immer wieder von Seiten der US-Regierung. Doch auch der jüngste Bericht zeigt, dass Ausnahmen eher die Regel sind und dass eine offenbar bewusst tolerierte Grauzone zwischen Misshandlung und Folter existiert, in denen sich manche Soldaten nach Lust und Laune austoben können.

Einsatz für das Recht auf Autofahren

Erst in dieser Woche erinnerte der republikanische Senator John McCain, der selbst jahrelang Kriegsgefangener in Vietnam war, daran, wie schädlich diese Foltervorwürfe für das Ansehen der USA im Ausland seien. Da nützt es dann auch nichts, dass Präsident Bush nun eine seiner Ex-Beraterinnen, Karen Huhges, mit der Imagepflege der USA im Ausland betraut hat. Hughes erste Reise in ihrer neuen Funktion ging übrigens nach Saudi-Arabien. Dort machte sie sich vor Frauen für ein amerikanisches Freiheitsprivileg stark. Das Recht auch der Frau, am Steuer eines Autos sitzen zu dürfen. Das Zielpublikum hätte besser nicht gewählt sein können. Zwar wird auch in saudischen Gefängnissen gefoltert, anders als in den Teilen der USA, wo Benzin nach den Hurrikans Katrina und Rita zurzeit Mangelware ist, dürfte die Befreiung der Frauen in Saudi-Arabien am Benzin wohl kaum scheitern.