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Festnahmen nach Überfällen in Nigeria

9. Juli 2012

Nigeria kommt nicht zur Ruhe. Bei Überfällen islamischer Nomadengruppen auf christliche Siedlungen im Nordosten Nigerias gab es etwa 100 Todesopfer. Diesmal meldete die Polizei einen raschen Fahndungserfolg.

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Ein Blick über die Dächer von Jos im nigerianischen Bundesstaat Plateau
Nigeria Jos Bundesstaat PlateauBild: DW

Behörden und Polizei im nigerianischen Bundesstaat Plateau berichteten, die Sicherheitskräfte hätten nach den Überfällen 25 mutmaßliche Angreifer festgenommen. Mehrere hundert, großteils als Soldaten und Polizisten verkleidete Fulani-Nomaden hatten nach Erkenntnissen der Polizei am Samstagmorgen mehrere von Christen bewohnte Dörfer im Bezirk Barkin Ladi nahe der Stadt Jos überfallen. Dabei wurden mindestens 63 Menschen getötet, darunter viele Frauen und Kinder. Als einige der Opfer am Sonntag beerdigt wurden, überfielen Fulani-Nomaden die Trauergemeinde und töteten 37 Menschen. Zu den Todesopfern gehören der Senator Gyang Dantong und der Mehrheitsführer des Parlaments des Bundesstaates Plateau, Gyang Fulani.

Staatspräsident Goodluck Jonathan kündigte angesichts der blutigen Stammesfehden umgehend an, den Kampf gegen den Terror zu verschärfen. Er rief die Sicherheitskräfte auf, die Verantwortlichen für den Tod der beiden Politiker aufzuspüren, die der christlichen Volksgruppe der Birom angehören.

Der Präsident Nigerias, Goodluck Jonathan
Der Präsident Nigerias, Goodluck JonathanBild: picture alliance / dpa

Nächtliche Ausgangssperre verhängt

Der Gouverneur des Bundesstaates Plateau, Jonah Jang, verfügte aus Sorge vor Racheakten der christlichen Bevölkerung in vier Bezirken eine nächtliche Ausgangssperre. Nach Berichten von Augenzeugen haben christliche Jugendliche Straßensperren errichtet. Der Bundesstaat Plateau liegt an der Grenze zwischen dem muslimisch geprägten Norden Nigerias und dem christlichen Süden.

Die Fulani sind eine muslimische Bevölkerungsgruppe, die als Nomaden und von der Viehzucht lebt. Bei den Opfern handelt es sich laut Behörden um Angehörige der vom Ackerbau lebenden christlichen Bevölkerungsgruppe der Birom. Zwischen beiden Gruppen kommt es immer wieder zu blutiger Gewalt, die auch durch Landstreitigkeiten angestachelt wird. Die Fulani fühlen sich von der christlich dominierten politischen Klasse des Bundesstaates benachteiligt. Im März 2010 attackierten Angehörige der Fulani mehrere Birom-Dörfer und töteten laut offiziellen Angaben mehr als 500 Menschen.

Ein komplexes Geflecht von Konfliktfeldern

Die Zentral-Regierung hatte erst kürzlich eine Sondereinheit aus Soldaten und Polizisten gebildet, die die angespannte Lage in Jos und Umgebung beruhigen sollte. Präsident Jonathan hatte zudem kürzlich führende Sicherheitsbeamte ersetzt und eine Neustrukturierung der Behörden und Einrichtungen für die innere Sicherheit Nigerias veranlasst.

Die anhaltenden Konflikte und Gewaltausbrüche in Nigeria haben ethnische, religiöse und soziale Hintergründe. Die meist islamischen Ureinwohner im Norden Nigerias betrachten christliche Bauern und Kaufleute, die zum Teil schon seit Jahrzehnten in der Region leben, noch immer als Fremde und Eindringlinge. Radikale Islamisten nutzen die sozialen Spannungen aus.

Vor allem die islamistische Sekte Boko Haram terrorisiert seit langem die Bevölkerung und insbesondere die Christen. Etliche tausend Christen sind seit 2011 aus dem überwiegend islamischen Norden geflohen. Die Zahl der Opfer von Terroranschlägen wird auf weit über 1000 in den vergangenen zwölf Monaten geschätzt. In Nigeria sind jeweils etwa 40 Prozent der Einwohner Moslems oder Christen.

kle/kis (dpa, afp, rtre)