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Politik

Bürgerrechtler überlistet US-Neonazis

6. März 2019

Seine Geschichte ist filmreif: Der schwarze Bürgerrechtler James Hart Stern wurde zum Präsidenten einer der größten Neonazi-Gruppen der USA. Nun will er sie zerstören.

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USA National Socialist Movement
Der National Socialist Movement (NSM) gehört zur Bewegung der White Nationalists, zu denen sich auch Gruppen wie der Ku-Klux-Klan zählen (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/B. Honarvar

Solche Worte hört man selten aus dem Mund eines Menschen dunkler Hautfarbe: Wie sehr er diese "schwarzen Ratten" hasse, sagt er - und jeden, durch dessen Adern nicht arisches Blut fließe.

Anfang der 70er Jahre gelingt dem afroamerikanischen Kriminalbeamten Ron Stallworth ein Geniestreich, als er es schafft, den gefürchteten Ku-Klux-Klan zu unterlaufen. Eine wahre Geschichte, die dem Film "Blackkklansman" gerade einen Oscar einbrachte.

Ob sich der schwarze Aktivist James Hart Stern vom Film inspirieren ließ, ist nicht überliefert. Seine jüngste Aktion ist allerdings nicht weniger filmreif.

USA James Stern
Bürgerrechts-Aktivist und Autor James Hart Stern übernimmt Neonazi-OrganisationBild: picture-alliance/AP Photo/Rogelio V. Solis

Ende Februar veröffentlichte die Nachrichtenagentur "Associated Press", dass Stern Präsident einer der größten Neonazi-Vereinigungen der USA geworden sei, dem National Socialist Movement (NSM).

Mit Naziuniform und Hakenkreuzbinde zum Jahrestreffen

Bekannt ist die Gruppe vor allem für ihren offen zur Schau gestellten Antisemitismus und ihre Bewunderung für Adolf Hitler. Auf Jahrestreffen zeigten sich die NSM-Mitglieder gerne mit deutschen Naziuniformen und Hakenkreuzbinden. Eine Kundgebung in Toledo, im US-Bundesstaat Ohio, endete 2005 in einer Straßenschlacht mit der Polizei. 2011 wurde ein führendes Mitglied des NSM von seinem Sohn mit einem Kopfschuss getötet.

Zuletzt versuchte Jeffrey Schoep, zu der Zeit NSM-Chef, der Gruppe ein neues Image zu verleihen und sich vor allem der Nazisymbolik zu entledigen, mit dem Ziel, eine neue, junge Generation von Neonazis anzusprechen. Doch dafür könnte es jetzt zu spät sein, denn der NSM steht seit den Protestmärschen von Charlottesville im August 2017 unter Druck.

Bei den gewalttätigen Demonstrationen kam eine junge Frau ums Leben, als einer der Neonazis mit seinem Auto in eine Menschenmenge von Gegendemonstranten raste. Was folgte, waren Gerichtsprozesse gegen die Vorsitzenden verschiedener teilnehmender Alt-Right-Gruppen - darunter auch NSM-Chef Jeffrey Schoep.

Guter Draht zum Ku-Klux-Klan

Die nun erfolgte NSM-Übernahme war nicht James Hart Sterns erster Streich: Zuvor löste der Aktivist bereits ein Kapitel des Ku-Klux-Klans im US-Bundesstaat Michigan auf, nachdem er den ehemaligen KKK-Anführer Edgar Ray Killen beim Absitzen einer Gefängnisstrafe kennenlernte.

Es war Sterns besonderer Draht zu Killen, der auch NSM-Chef Jeffrey Schoep neugierig machte und ihn 2014 dazu bewegte, Kontakt aufzunehmen. Ein Neonazi-Anführer und ein schwarzer Aktivist und Bürgerrechtler - trotz großer Meinungsverschiedenheiten blieben die beiden miteinander in Kontakt. Dabei soll Stern vor allem ein Ziel vor Augen gehabt haben: "Ich hatte gehofft, ihn zu ändern", sagte er der Washington Post und konfrontierte den Neonazi immer wieder mit seiner Einstellung zum Holocaust, Hitler und seiner vermeintlichen "weißen Überlegenheit".

USA Charlottesville Virginia Verkehrsunfall bei "Unite The Right" Marsch mit Verletzten
Bei den Protesten von Rechtsradikalen in Charlottesville kommt 2017 eine Gegendemonstrantin ums LebenBild: Getty Images/AFP/P.J. Richards

Erfolgreich war er damit zunächst nicht, doch dann kamen die Protestmärsche von Charlottesville. Die Zeiten sollten sich für den NSM endgültig ändern. Jeffrey Schoep, der zusehends verzweifelt und einsam an der Spitze des NSM agierte, fürchtete vor allem, dass ihm Mitverantwortung am Tod der jungen Demonstrantin angehängt werden könnte. Mit der Bitte um rechtlichen Rat wendet er sich schließlich an James Hart Stern. Der wiederum sah seine Chance gekommen und überzeugte Schoep, ihm die Führung der Neonazi-Organisation zu übertragen.

"Mein Ziel ist es, den NSM auszulöschen"

In einem Video auf seiner Webseite lässt Stern keinen Zweifel an seinen Absichten: "Mein persönliches Ziel ist es, den Ku-Klux-Klan und das National Socialist Movement (NSM) auszulöschen, zwei Organisationen, die in diesem Land schon viel zu lange zu viele Privilegien genießen, die sie nicht verdienen."

Seine neue Position als Vorsitzender der Neonazigruppe NSM will Stern nun nutzen, um die Verteidigung des NSM vor Gericht zu unterlaufen. In einem Schreiben an das Gericht teilt er mit: "Es ist die Absicht des National Socialist Movements, sich in allen Anklagepunkten schuldig zu bekennen."

"Ich habe sie überlistet", sagte Stern vor kurzem über NSM. Und Matthew Heimbach, ein ehemaliges Führungsmitglied der Gruppe, sieht schon das Ende des National Socialist Movements kommen.

Ein Stoff, fast zu gut, um wahr zu sein.