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Bahn mit Klima-Rückenwind

27. November 2009

Europäische Hochgeschwindigkeitsbahnen erobern sich Marktanteile vom Flugzeug. Doch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hat ihre Tücken.

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Französischer TGV in Stuttgart: Konkurrent zu Auto und Flugzeug
Französischer TGV in Stuttgart: Konkurrent zu Auto und FlugzeugBild: AP

Bahnhof Brüssel-Süd. Hier ist einer der wichtigsten Knotenpunkte des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Von Brüssel aus fährt zum Beispiel der TGV nach Paris, der Thalys und der ICE nach Köln, der Eurostar nach London. Die Verbindung Brüssel-Paris besteht seit vielen Jahren. Sie dauert nur eine Stunde und 20 Minuten und ist so erfolgreich, dass der Linienflugverkehr zwischen den beiden Hauptstädten längst eingestellt wurde.

Erst jetzt, Mitte Dezember, wird dagegen die Schnellstrecke Brüssel-Köln eingeweiht. Andreas Hamprecht von der Deutschen Bahn sieht noch viel Potential beim Ausbau des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Nur gut zwei Jahre nach der Eröffnung der Linie Stuttgart-Paris beispielsweise "haben wir mittlerweile die 50-Prozent-Marke gegenüber der Luft überschritten."

Positive Klimabilanz

Die Zusammenarbeit europäischer Hochgeschwindigkeitsbahnen heißt Railteam. Die beteiligten Bahngesellschaften versuchen, den grenzüberschreitenden Verkehr zu erweitern und mehr aufeinander abzustimmen. Und sie leisten Lobbyarbeit, gerade jetzt, kurz vor der Kopenhagener Klimakonferenz. Railteam-Präsident Richard Brown schwärmt von der Klimabilanz der Schiene. "Der CO2-Ausstoß pro Passagierkilometer ist bei der Bahn auf jeden Fall deutlich niedriger als beim Flugzeug oder beim Auto."

Mehrsprachige Durchsagen sind "Kulturrevolution"

Schaffner der Deutschen Bahn und der französischen SNCF
Nationale Barrieren blockieren bessere ZusammenarbeitBild: picture-alliance/ dpa

Aber die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Bahnen könnte besser sein. Zwar sind die technischen Probleme der unterschiedlichen Strom- und Signalsysteme grundsätzlich gelöst. Aber der Kunde, vor allem der sprachlich weniger versierte, steht immer noch vor Hürden.

Zum Beispiel gibt es nach wie vor kein einheitliches Internetportal und in den meisten Fällen keine gegenseitigen Online-Buchungen. Hier spielen nationale Traditionen und Empfindlichkeiten eine Rolle. Manche Schwierigkeiten scheinen so grundsätzlich und banal, dass man fast verzweifeln könnte. Andreas Hamprecht klagt, "es ist eine Kulturrevolution in Frankreich, auf einem TGV eine mehrsprachige Ansage zu erreichen". Wenigstens diese Revolution hat mittlerweile stattgefunden.

Systematische Benachteiligung der Bahn?

Überhaupt hat sich vieles bei der Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren verbessert, und das Hochgeschwindigkeitsnetz vergrößert sich ständig. Die Bahnen freuen sich auch über die offizielle Rückendeckung der EU. Doch Michael Cramer, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, hält vieles davon für reine Lippenbekenntnisse. Er sieht eine systematische Benachteiligung des Schienenverkehrs gegenüber der Straße. "Wir haben in Europa eine zwingend vorgeschriebene Schienenmaut in Form der Trassenpreise. Und sie ist in der Höhe nahezu unbegrenzt. Auf der Straße ist es den Mitgliedstaaten freigestellt, ob sie überhaupt eine Maut erheben. Sie gilt meist nur auf Autobahnen, für LKW ab 12 Tonnen, und sie ist in der Höhe limitiert. Das ist doch klar, das ist ein unfairer Wettbewerb zulasten der Schiene."

Doch die Bahnlobbyisten glauben, die Zeit arbeite für sie: In einer immer schärferen Klima- und Energiediskussion seien die natürlichen Vorteile der Bahn nicht zu ignorieren.


Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Mareike Röwekamp