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Eurogruppe gibt Griechenland-Hilfen frei

16. Juni 2016

Weißer Rauch nach langer Hängepartie: Athen bekommt nächste Woche wieder frisches Geld. Auch die Signale vom Weltwährungsfonds sind positiv. Sorge macht der Eurogruppe ein möglicher Brexit.

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Luxemburg Treffen Eurogruppe Schäuble und Moscovici
Bild: Getty Images/AFP/J. Thys

Das hochverschuldete Griechenland bekommt Anfang nächster Woche 7,5 Milliarden Euro frische Hilfsgelder und ist damit über den Sommer hinweg finanziert. Das Aufsichtsgremium des Euro-Rettungsschirms ESM habe den Weg für die Auszahlung freigemacht, sagte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici (Im Artikelbild rechts) am Donnerstag in Luxemburg. "Das wird Sauerstoff in die griechische Wirtschaft bringen."

Das baldige britische EU-Referendum dämpfte die Freude unter den Euro-Finanzministern merklich. "Wir sind natürlich beunruhigt", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Es würden "mögliche Szenarien" überlegt. Einen Plan B für einen Politikwechsel gebe es aber nicht.

Drastisch drückte sich der scheidende finnische Ressortchef Alexander Stubb aus. "Ich denke, das wäre der Lehman-Brothers-Augenblick Europas", sagte er mit Blick auf einen Brexit. Der Kollaps der Lehman-Bank in den USA hatte 2008 die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöst.

Grünes Licht am Freitag

Über die nächste Griechenland-Auszahlung will der ESM am Freitag förmlich entscheiden. Die Eurogruppe hatte sich Ende Mai grundsätzlich darauf verständigt, Hilfsgelder von 10,3 Milliarden Euro freizugeben, weil Athen die nötigen Reformen lieferte. In den zurückliegenden Wochen erfüllte Athen noch ausstehende Bedingungen.

Die 7,5 Milliarden Euro sind der erste Teil dieser Zahlung; der Rest des Geldes soll im Herbst ausgezahlt werden. Der griechische Ressortchef Euklid Tsakalotos bilanzierte, es sei ein schwieriges Jahr gewesen, insbesondere für seine Landsleute. "Es ist noch ein langer Weg zurückzulegen", warnte er. Das Land hängt seit 2010 am Tropf internationaler Geldgeber und war 2015 akut vom Ausschluss aus der Eurozone bedroht. Über einen Grexit wird aber nicht mehr gesprochen.

Auch IWF mit im Boot

Positive Signale kamen vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der beim Hilfsprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro mitziehen soll. Der IWF sei noch nicht so weit, dass er sich an der Finanzierung beteiligen könne, sagte ein Sprecher in Washington: "Aber ich hoffe, dass wir am Ende des Jahres soweit sind." Er fügte hinzu: "Schuldenerleichterungen sind jetzt formell auf der Agenda." Die Eurogruppe und der IWF hatten sich im Mai auf einen konkreten Zeitplan dafür geeinigt.

Deutschland, Frankreich und acht europäische Partner setzen ihre Anstrengungen fort, eine gemeinsame Finanzsteuer einzuführen. Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling präsentierte am Rande der Sitzung ein Kompromisspapier, das von allen beteiligten Staaten akzeptiert wurde, berichteten Diplomaten. Das Vorhaben, offene Fragen bis Ende Juni zu klären, ist nicht mehr einzuhalten. Die Verhandlungen sind äußerst mühselig und ziehen sich schon seit Jahren hin.

Mehr Investitionsförderung

Details der künftigen Abgabe sollen über den Sommer hinweg in zwei Arbeitsgruppen besprochen werden. Im September werden dann Ergebnisse vorgelegt. Schelling will in dieser Zeit die Gruppe weiter führen. Die geplante Abgabe funktioniert wie eine Mehrwertsteuer auf den Handel mit Bank- und Börsenprodukten. Dazu zählen etwa Aktien oder spekulative Papiere. Nach bisherigen Plänen der Gruppe soll der Handel mit Aktien und Derivaten besteuert werden. Derivate sind Finanzinstrumente, deren Kurs sich aus anderen Werten wie Aktien oder Währungen ableitet.

In der Minister-Sitzung gab es eine Schweigeminute für die britische Labour-Politikerin Jo Cox, die im Brexit-Wahlkampf angegriffen wurde und danach starb. IWF-Chefin Christine Lagarde, die an dem Treffen teilnahm, sagte, sie sei traurig und schockiert. Lagarde regte die verstärkte Förderung von Investitionen und Projekten in der Eurozone an. Dazu könnte es nach dem Vorbild des Juncker-Plans für mehr Investitionen zusätzliche gemeinsame Mittel geben.

Der Juncker-Plan wurde im vergangenen Jahr aufgelegt und soll Investitionen von zusammen 315 Milliarden Euro auslösen. Der ganz überwiegende Teil der Investitionen muss dafür aber aus der Privatwirtschaft kommen.

wen/wl (dpa/rtrd)