1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU beschließt Sanktionen

Bernd Riegert17. März 2014

Mit gezielten Sanktionen gegen wenige Personen will die EU Russland beeindrucken. Russland soll verhandeln statt annektieren. Ob das gelingt, bezweifeln auch einige EU-Außenminister.

https://p.dw.com/p/1BR8p
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski (links) und Pierre Vimont, der Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes (Foto: Getty)
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mit dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski (links) und Pierre Vimont, dem Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen DienstesBild: John Thys/AFP/Getty Images

Die Liste fiel kürzer aus als erwartet. Nur 21 Personen aus Russland und der Ukraine stehen auf der Liste derjenigen, die künftig nicht mehr in die EU einreisen dürfen und deren Vermögen in Europa eingefroren werden sollen. Die Außenminister der EU gaben in Brüssel bekannt, dass drei Militärs, 10 Russen und acht Ukrainer mit Sanktionen belegt werden, die nach Auffassung der EU Mitverantwortung für die Spannungen auf der Krim-Halbinsel haben.

Das Referendum, mit dem sich die Bevölkerung der Krim am Sonntag praktisch Russland angeschlossen hat, wird von der Europäischen Union als illegal und nicht bindend zurückgewiesen. Ursprünglich hatte die Sanktionsliste rund 100 Namen umfasst. Sie wurde nach intensiven Diskussionen der 28 EU-Mitgliedsstaaten bis zum Montagmorgen immer kürzer. Am Ende stimmten alle zu. Diese Einigkeit sei auch ein Erfolg, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

Chef der Schwarzmeer-Flotte wird sanktioniert

Auf der Liste steht auch der Kommandeur der russischen Schwarzmeer-Flotte. Ansonsten sei nicht die erste Reihe der russischen Führung betroffen, räumte Steinmeier ein. Die erste Runde von Sanktionen sei aber angemessen, weil man Russland ja ein zweigeteiltes Signal senden wolle: Einerseits sollen die Russen wissen, dass man nicht einfach zur Tagesordnung übergehe. Andererseits soll die Möglichkeit zur einer Rückkehr an den Verhandlungstisch, zu einer diplomatischen Lösung der Krise mit Russland offen gehalten werden. "Es ist nach wie vor eine bedrohliche Situation. Wir sind leider nicht so weit, dass wir das, was in den letzten Wochen immer wieder beschrieben wurde, nämlich die Spaltung Europas, schon überwunden haben", sagte der Bundesaußenminister.

Schwarzmeerflotte Armee Soldaten Ukraine Konflikt Krim
Schwarzmeerflotte: Kommandeur darf nicht nach Europa reisenBild: picture-alliance/dpa

Sein britischer Amtskollege William Hague ergänzte, es sei allen Ministern klar, dass diese Sanktionen die Kalkulation des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht völlig verändern würden. Die Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, forderte Russland noch einmal auf, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen und zu verhandeln. "Die Spirale von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen kann noch aufgehalten werden", sagte Ashton.

Der Außenminister von Luxemburg, Jean Asselborn, war der einzige Minister, der aussprach, was viele wohl denken. Die de-facto- Besetzung der Krim durch Russland werde zunächst einmal bestehen bleiben. "Heute segnen wir nicht etwas ab, was illegal zustande kam. Aber realpolitisch müssen wir der Wahrheit schon ins Auge sehen. Von Anfang an gibt es niemand auf der Welt, der militärisch eingreifen will, also muss man realpolitisch anerkennen, was geschehen ist, und auch sagen: Stopp!"

Steinmeier: Die Gefahr ist nicht vorbei

Bundesaußenminister Steinmeier und seine Kollegen in der EU wollen jetzt vor allem verhindern, dass Russland seinen Arm auch nach der östlichen oder südlichen Ukraine ausstreckt, in der ebenfalls mehrheitlich russisch-stämmige Menschen leben. "Mir ist klar und uns ist klar: Die Gefahr ist nicht weg. Ich habe aber mit vielen anderen gesagt, es kommt jetzt darauf an, dass wir wenigstens da sind, wo wir auch hinkönnen, um dort Schlimmeres zu verhindern."

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (Foto: EPA)
Bundesaußenminister Frank-Walter SteinmeierBild: picture-alliance/dpa

Die EU hat deshalb beschlossen, eine Beobachter-Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für die Ukraine anzustreben. Sie soll 700 bis 1000 Mann umfassen und schon in den nächsten Tagen entsandt werden, um die Lage in der Ost-Ukraine zu überwachen. Nach Gesprächen mit der russischen Seite war Steinmeier zuversichtlich, dass Russland die unbewaffneten OSZE-Beobachter nicht an ihrer Arbeit in der Ukraine hindern würde. "Ich will nicht zu optimistisch sein. Aber es könnte sein, dass die Hindernisse, die auf der russischen Seite formuliert worden sind bei der Entsendung einer OSZE-Beobachter-Mission, beseitigt werden können."

Sollte Russland die Ost-Ukraine destabilisieren, will die Europäische Union die dritte Phase ihrer Sanktionen einleiten. Das wären dann echte Wirtschaftssanktionen und Handelsbeschränkungen.

Ukraine soll sich weiter zurückhalten

Neben dem Tadel für Russland gab es Lob für die Zurückhaltung der ukrainischen Regierung von den EU-Außenministern. "Es grenzt ja fast schon an ein Wunder, dass es noch keine Auseinandersetzungen zwischen ukrainischen Truppen und russischen Kräften gegeben hat", sagte Bundesaußenminister Steinmeier.

Die Außenminister sagten der Ukraine weitere finanzielle Hilfen zu. Außerdem soll am Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel (21.03.2014) der politische Teil des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine unterzeichnet werden. Russland hatte im November den damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch dazu gebracht, das Abkommen zurückzuweisen. Das hatte schließlich Massenproteste und den Sturz Janukowitschs verursacht.

Die Europäische Union will die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen langfristig reduzieren. Außerdem beschlossen die Außenminister nach einer Diskussion mit EU-Energiekommissar Günther Oettinger zu prüfen, wie die Ukraine in einen europäischen Energieverbund einbezogen werden könnte.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an die russische Führung, eine diplomatische Lösung der Krise zu ermöglichen. Das Referendum in der Krim sei ein Einschnitt gewesen. Man könne nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Steinmeier will jetzt die Rede abwarten, die der russische Präsident für Dienstag vor dem Parlament in Moskau angekündigt hat. "Es kann nicht sein, dass wir fast sieben Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und 25 Jahre nach dem Ende der Block-Konfrontation im Kalten Krieg jetzt beginnen, Grenzen zu korrigieren", sagte Steinmeier. Die Berufung auf Minderheitenrechte oder ethnische Gesichtspunkte könne nicht gelten, so der Minister weiter. "Wenn das begonnen würde und legitimiert wäre, dann wäre das eine Geschichte, bei der wir nicht zum Ende kommen und die neuen Unfrieden in Europa säen würde."

Referendum auf der Krim Jubel
Jubel auf der Krim: Victory-Zeichen nach dem ReferendumBild: picture-alliance/dpa

Die Sanktionen der Europäischen Union gegen die 21 benannten Personen aus Russland und der Ukraine treten in Kraft, sobald sie im Amtsblatt der EU in den nächsten Tagen veröffentlich werden. Die Betroffenen können gegen die Sanktionen vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Klage erheben. Der EUGH hatte erst im Dezember Sanktionen gegen einen Iraner aufgehoben.