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EU erhöht den Druck auf Burundi

Katrin Matthaei23. Oktober 2015

Fast jeden Tag tauchen in Burundi Leichen auf. Präsident Nkurunziza geht mit Härte gegen alle vor, die seine dritte Amtszeit ablehnen. Jetzt schreitet die EU ein: Burundis Regierung soll sich in Brüssel erklären.

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Burundi Vereidigung Präsident Nkurunziza (Foto: REUTERS/Evrard Ngendakumana)
Bild: Reuters/E. Ngendakumana

Die Botschaft der Europäischen Union ist so diplomatisch wie deutlich: Burundis Regierung wird nach Brüssel eingeladen, um ihr "Regierungsprogramm vorzustellen, vor allem was die Grundsätze der Demokratie und Menschenrechte anbelangt". So steht es in einem Brief, den die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini im Auftrag der 28 Mitgliedstaaten voraussichtlich kommende Woche an die Regierung des ostafrikanischen Staates schickt.

Der Druck aus Brüssel kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Lage in Burundi weiter zuspitzt: Am Samstag läuft ein Regierungsultimatum aus, das alle Zivilisten zur freiwilligen Abgabe ihrer Waffen aufruft. Unklar ist, was mit den anderen passiert.

Die Lage in Burundi ist angespannt: Bei den Wahlen im Juli hatte sich Nkurunziza ein drittes Mal zum Präsidenten wählen lassen, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten vorsieht. Nkurunziza beruft sich auf eine höchst umstrittene Interpretation des Verfassungstextes, die er sich vom Verfassungsgericht hatte absegnen lassen. Mindestens ein Richter berichtete anschließend von Morddrohungen und ist inzwischen außer Landes geflohen.

Gefahr eines Flächenbrands

Im August hatten Unbekannte ein tödliches Attentat auf Nkurunzizas engen Vertrauten, General Adolphe Nshimirimana, verübt. Seitdem geht das Regime mit aller Härte gegen die Gegner des dritten Mandats vor. Nahezu täglich tauchen in den Straßen der Hauptstadt Bujumbura und andernorts Leichen auf, manche an Händen gefesselt oder mit Spuren von Folter. Immer wieder sperren Sicherheitskräfte nachts Viertel ab, in denen sie Regierungsgegner vermuten. Die Regierung dagegen macht die Opposition für die Toten und die Instabilität im Land verantwortlich.

Burundi Polizei Sicherheitskräfte Militär Symbolbild (Foto: Ndabashinze Renovat / Anadolu Agency)
Sicherheitskräfte gehen gegen Regimekritiker vorBild: picture-alliance/AA/N. Renovat

Die EU weiß, dass von Burundi ein Flächenbrand für die Region ausgehen kann. Die Krise in Burundi hat bereits zu Spannungen mit dem Nachbarland Ruanda geführt. Dorthin haben sind viele Verfolgte geflohen, weshalb Burundi seinem Nachbarn Destabilisierung vorwirft. Ruandas Außenministerin Louise Mushikiwabo äußerte sich am Donnerstag vor Journalisten erstmals deutlich zu den Vorwürfen. Ruanda wolle, dass die Krise im Nachbarland friedlich gelöst werde. Dann fügte sie deutlich hinzu: "Burundis Problem ist nicht Ruanda - Burundis Problem ist Burundi."

Ihre Regierung wiederum unterstellt Nkurunzizas Regierung, sie unterstütze Hutu-Rebellen der FDLR-Milizen. In deren Reihen befinden sich mutmaßliche Verantwortliche für den Genozid 1994. Der Konflikt zwischen den beiden Ländern könnte zum Bruch innerhalb der Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) führen: Tansania und Kenia auf Seiten Nkurunzizas - Uganda auf der Seite Ruandas.

Haftbefehl gegen die "Mutter der Nation"

Bislang sind alle Versuche gescheitert, die Krise friedlich zu lösen. Noch Ende September hatte die Koalition der Gegner von Nkurunzizas drittem Mandat (Cnared) der Regierung ein Gesprächsangebot gemacht, vermittelt von den burundischen Bischofskonferenz. Die meisten Mitglieder des Cnared sind im Exil. Ohne Erfolg. Man sei zwar bereit, mit der Kirche zu sprechen, aber niemals mit Leuten, die "dem Land Zerstörung und Blutvergießen bringen", zitiert die Zeitschrift Jeune Afrique Burundis Regierungssprecher Willy Nyamitwe.

Burundi Adolphe Nshimirimana Sarg Beisetzung Trauerfeier (Foto: (AP Photo/Berthier Mugiraneza)
Beisetzung des ermordeten Generals Adolphe Nshimirimana am 22. AugustBild: picture-alliance/AP Photo/Berthier Mugiraneza

Zu diesen Umstürzlern zählt sie offensichtlich auch zwölf prominente Burundier, die im Frühjahr nach Belgien geflohen waren. Burundis Regierung hat nun einen internationalen Haftbefehl gegen sie erlassen und fordert Belgien auf, sie auszuliefern. Unter den Betroffenen befinden sich Politiker wie der ehemalige Vize-Präsident Gervais Rufyikiri. "Angst habe ich nicht", sagt Rufyikiri. Belgien habe immer wieder Druck auf Burundis "unrechtmäßige" Regierung ausgeübt. "Es wäre doch eine große Überraschung, wenn Belgien das Gesuch einer Regierung befolgen würde, die es nicht anerkennt", so Rufyikiri.

Auch Maggy Barankitse will Burundi ausliefern lassen: Sie hat mit ihrer Organisation Haus Shalom unzählige Menschenleben gerettet, vor allem im Krieg zwischen 1993 und 2000. Viele Burundier nennen sie liebevoll "Mutter der Nation" - auch Pierre Nkurunziza, als er noch Rebellenführer im Krieg war. Im Juni erfuhr sie, dass sie auf einer schwarzen Liste des Regimes stand und floh nach Brüssel. Sie hatte sich immer gegen das dritte Mandat von Nkurunziza ausgesprochen. "Nkurunziza hat sich zu einem Besessenen entwicklet" sagte die tief religiöse Barankitse Ende Juni im Gespräch mit der DW. "Er hört auf niemanden. Er hat getötet, und er tötet weiter. Er ist korrupt und habgierig."

Belgien Marguerite Barankitse in Brüssel (DW/Katrin Matthaei)
"Mutter der Nation": Maggy BarankitseBild: DW/K. Matthaei

EU droht, Hilfsgelder einzufrieren

Der Sicherheitsrat der Afrikanischen Union hat nun alle Beteiligten aufgefordert, so bald wie möglich im Ausland Verhandlungen aufzunehmen. Die Regierung gibt sich erstaunt. "Es wundert uns, dass wir etwas machen sollen, was wir längst in Gang gesetzt haben", sagt Burundis Außenminister Alain Nyamitwe im Gespräch mit der DW. Man habe eine Kommission gebildet, die einen Dialog in Gang setzen solle. "Da darf sich jeder Burundier - im In- oder Ausland - zu allen Themen äußern."

Burundi hat nun 30 Tage Zeit, um den Brief aus Brüssel zu beantworten. Die EU hat zudem 120 Gesprächstage mit dem ostafrikanischen Land eingeplant. "Wenn es nicht gut läuft, werden die Hilfen eingestellt", zitiert die Nachrichtenagentur AFP einen Diplomaten. Eine deutliche Warnung - die EU ist der wichtigste Geldgeber Burundis.