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EU braucht Kohleausstieg bis 2031 für Klimaziele

15. Februar 2017

Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssten laut einer Studie bis 2031 alle Kohlekraftwerke in der EU stillgelegt werden. Erstmalig entwickelten Forscher für alle Kraftwerke in der EU einen Ausstiegsplan.

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RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaußem
Bild: picture-alliance/dpa

Vereinbart wurde im Pariser Klimaabkommen die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei, möglichst auf 1,5 Grad. Mit diesem Ziel soll die Anzahl von Klimakatastrophen gemindert und das Leben vieler Menschen, vor allem auch von nachfolgenden Generationen, geschützt werden. Mit dem Abkommen verbunden ist die schnelle Minderung des CO2-Ausstoßes und der schnelle Ausstieg aus fossilen Energien.

Das Klimaforschungsinstitut Climate Analytics rechnete in einer Studie nun erstmalig durch, wie ein möglichster kostengünstiger Pfad in Europa aussehen kann, damit die Erderwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf 1,5 Grad Celsius gehalten werden kann und so Europa seine Klimaverpflichtungen erfüllt.

Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Forscher jedoch den nachfolgenden Generationen schon eine Bürde auferlegt und in die Szenarien eingerechnet: Ab etwa 2050 müssten nicht nur die globalen CO2-Emissionen bei Null liegen, sondern es müsste auch noch zusätzlich CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden, zum Beispiel durch massive Aufforstungen. Auch viele andere Studien rechnen mit sogenannten Negativemissionen ab 2050, um die gesetzten Klimaziele noch zu erreichen. Dies unterstreicht wie kritisch die Situation ist und der Handlungsdruck steigt.

Schneller Kohleausstieg wird empfohlen 

CO2 wird vor allem bei der Verbrennung von Gas, Öl und Kohle freigesetzt. Nach Ansicht von Energieexperten lässt sich vor allem die besonders klimaschädliche Kohlekraft zur Stromerzeugung relativ leicht und gut ersetzen. "Der kostengünstigste Weg für die EU zur notwendigen Emissionsreduktion ist der rasche Verzicht auf Kohle im Stromsektor und ihr Ersatz durch erneuerbare Energien und Energieeffizienzmaßnahmen", sagt Paola Yanguas Parra, eine der Hauptautorinnen der Studie.

Laut Berechnungen von Climate Analytics liegt das Budget für die Kohleverstromung in der EU noch bei insgesamt 6,5 Milliarden Tonnen CO2. Mehr dürfte nicht mehr in die Atmosphäre gelangen, um die gesetzten Klimaziele noch zu erreichen. Derzeit liegt der jährliche CO2-Ausstoß aus diesen Kraftwerken bei fast 0,8 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr und wäre bei gleichbleibenden Emissionen somit innerhalb von acht Jahren komplett verbraucht. 

Infografik Kohlekraft in der EU

Wie gelingt ein optimaler Ausstieg?

Wann, wo und wie schnell sollten in der EU die Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, um die Klimaziele zu erreichen? Die Studie "A Stress test for coal Europe under the Paris Agreement" rechnet dies für alle 315 Kraftwerke in der EU durch, entwickelt möglichst optimale Szenarien und empfiehlt konkrete Abschaltdaten: Bis 2020 sollten demnach im Vergleich zu heute schon 25 Prozent aller Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, bis 2025 47 Prozent und die letzten drei gingen dann im Jahr 2031 vom Netz.

Um diesen ambitionierten Kohleausstieg zu erreichen, empfehlen die Autoren ein verbessertes Emissionshandelssystem, höhere Anteile von erneuerbaren Energien und einen stabile Rahmen für die neuen Investitionen.

Zwar seien für den Energieumbau bedeutende finanzielle Mittel nötig, dafür gebe es aber auch ökonomische, sozialen und ökologischen Vorteile: "Die Herausforderung besteht nun darin, Nutzen aus den massiven Investitionen in die Klimapolitik zu ziehen, die Chance des Kohleausstiegs zu ergreifen, damit alle europäischen Regionen davon profitieren", sagt Bill Hare von Climate Analytics.

Demonstration Kohlestrom Braunkohle
Kohle belastet das Klima aber durch Feinstaub auch die Gesundheit der Bürger. Ein Ausstieg mit positivem Nebeneffekt. Bild: picture alliance/zb

Deutschland und Polen wichtig für Erfolg

Besonders bedeutend für den Kohleausstieg sind in der EU Deutschland und Polen. Die Hälfte aller europäischen Kohlekraftwerke stehen in den beiden Länder und zusammen sind sie für mehr als die Hälfte aller diesbezüglichen Emissionen in Europa verantwortlich.

In Deutschland müssten laut Studie die Stromkonzerne ihre Kohlekraftwerke viel früher als geplant abstellen: "Unsere Analyse legt dar, dass diese Kraftwerke lange vor dem Ende ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer geschlossen werden müssen, um das Temperaturziel des Pariser Abkommens einzuhalten", sagt Niklas Roming, einer der Autoren des Berichts.

Die Bundesregierung ist sich der Herausforderungen bewusst. Beschlossen wurde bereits die weitgehende Stilllegung von fünf älteren Kraftwerken mit staatlichen Zuschüssen bis 2019, und der Klimaschutzplan 2050 deutet bereits die kommenden Schritte an. Die Pläne für den kompletten Kohleausstieg sind jedoch heftig umstritten und so werden die Entscheidungen aufgeschoben, auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagt.

Polens Regierung setzt dagegen auch in Zukunft auf Kohle als Hauptpfeiler der Stromversorgung. "Die Umsetzung des Pariser Abkommens bedeutet jedoch, dass Polen die Pläne für neue Kohlekraftwerke nicht umsetzen kann und stattdessen den Kohleausstieg planen muss", sagt der polnische Mitautor Andrzej Ancygier.

Nach seiner Einschätzung ist der Energieumbau für Polen zwar eine große Herausforderung, doch durch stark gefallene Kosten für Wind- und Solarstrom und dem "großen polnischen Potenzial für Biomasse" auch gut möglich. "Die Alternativen durch Erneuerbare Energien und Energieeffizienz werden bedeutende soziale und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen", zeigt sich Ancygier überzeugt. Die EU sollte Polen helfen diese zu entwickeln. 

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion